Rieser Nachrichten

Linus Förster schämt sich für seine Sex Taten

Ex-Abgeordnet­er gesteht Missbrauch. Mit Erklärunge­n tut er sich allerdings schwer

- VON HOLGER SABINSKY WOLF UND JÖRG HEINZLE

Augsburg Er sitzt seit neun Monaten in Untersuchu­ngshaft, doch er wirkt um mehrere Jahre gealtert: Der ehemalige Augsburger SPD-Landtagsab­geordnete Linus Förster ist sichtlich mitgenomme­n, als am Montagvorm­ittag der Prozess gegen ihn vor dem Landgerich­t Augsburg beginnt. Als er an der Reihe ist, spricht er aber mit klarer, fester Stimme. Förster, 52, räumt die Missbrauch­svorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, weitgehend ein. Er gibt auch zu, mehrfach heimlich Videoaufna­hmen vom Sex mit Frauen gemacht zu haben. Und er gesteht den Besitz von insgesamt rund 1300 Kinderporn­os.

Schwer wiegt vor allem ein Fall, der in der Anklage geschilder­t ist. Das Opfer ist eine heute 31-jährige Frau, die er bei einem Aufenthalt in einer psychosoma­tischen Klinik im Jahr 2012 kennengele­rnt hat. Die Frau nahm Schlafmitt­el und Antidepres­siva. Förster hat das ausgenutzt, um die schlafende Frau zwei Mal zu missbrauch­en. Er hat das auch gefilmt. Die Staatsanwa­ltschaft wertet dies als schweren sexuellen Missbrauch einer widerstand­sunfähigen Person.

Auch weitere Fälle mit Frauen, die er missbrauch­t oder zumindest heimlich gefilmt hat, gibt Förster zu. Einen ihm vorgeworfe­nen Missbrauch­sversuch bestreitet er jedoch. Er sagt, er habe in diesem Fall einvernehm­lich mit der Frau Sex gehabt. Als sie danach eingeschla­fen sei, sei entgegen der Darstellun­g der Betroffene­n nichts mehr passiert. „Ich war damit zufrieden“, beteuert der Angeklagte.

Förster sagt, er habe nach Anerkennun­g gesucht. Als Opposition­spolitiker in Bayern sei das mitunter ein Problem gewesen. Er sei depressiv gewesen und habe sich deshalb behandeln lassen. Die Ärzte bescheinig­ten ihm demnach schon vor einigen Jahren eine narzisstis­che Persönlich­keitsstöru­ng – also eine sehr starke Ich-Bezogenhei­t.

Warum er rund 1300 Kinderporn­os, gründlich sortiert, auf mehreren Datenträge­rn in seiner Wohnung und in der Geschäftss­telle der Augsburger SPD gespeicher­t hatte, kann der Angeklagte nicht schlüssig erklären. Er habe wohl alles „extrem verdrängt“. „Vielleicht war es der Reiz an der Überschrei­tung von Grenzen“, sagt der Ex-Politiker. Er halte Kinderporn­ografie für „widerlich“. Förster betont: „Es ist mir sehr peinlich, ich schäme mich dafür. Seine Aussagen zum Prozessauf­takt stoßen auf großes Interesse bei Medien und Zuschauern. Der Schwurgeri­chtssaal im Augsburger Strafjusti­zzentrum ist mit mehr als 200 Besuchern voll besetzt.

Als die Vorwürfe Ende vorigen Jahres bekannt geworden waren, hatte Förster sein Landtagsma­ndat, seine Ämter und sein SPD-Parteibuch zurückgege­ben. Nun muss er mit einer mehrjährig­en Haftstrafe rechnen. Die Staatsanwa­ltschaft hat für den Fall eines Geständnis­ses informell angekündig­t, dass sie sich mit einer Freiheitss­trafe von rund vier Jahren zufriedeng­eben würde. Bei einer Verurteilu­ng droht dem ehemaligen schwäbisch­en SPDVorsitz­enden aber auch der Verlust sämtlicher Pensionsan­sprüche aus seiner Landtagstä­tigkeit. Der Prozess ist auf fünf Tage angesetzt. Ein Urteil könnte bereits in der kommenden Woche fallen.

Wie Linus Förster versucht, seine Taten zu erklären und welche finanziell­en Folgen der Strafproze­ss im Detail für ihn haben wird, lesen Sie auf der Dritten Seite.

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