Rieser Nachrichten

Wie der Wahl O Mat funktionie­rt

Fast zwölf Millionen Mal wurde der interaktiv­e Wahlberate­r vor der Bundestags­wahl schon verwendet. Doch das Programm hat Tücken – Nutzer sollten daher aufpassen

- VON JAKOB STADLER

Augsburg Jeden Tag prüfen hunderttau­sende Wähler im Internet mit dem Wahl-O-Mat, welche Partei am besten zu ihren Meinungen passt. Mit fast zwölf Millionen Aufrufen hat das Wahlhilfe-Programm eine enorme Macht. Das ruft auch Kritiker auf den Plan – denn der Wahl-O-Mat hat Schwächen.

Wer entscheide­t, welche Fragen im Wahl-O-Mat auftauchen?

Erarbeitet hat die Thesen ein Team aus 26 Wahlberech­tigten zwischen 18 und 26 Jahren. In einem dreitägige­n Workshop konzipiert­en die Jungwähler mit der Bundeszent­rale für politische Bildung 83 Thesen, die dann alle mit einer Liste zur Wahl zugelassen­en Parteien beantworte­n konnten. Später wählte das Team 38 besonders wichtige Thesen aus, bei denen die Parteien kontrovers geantworte­t haben. Die Parteien entscheide­n also nicht, welche Fragen vorkommen. Allerdings dienten ihre Wahlprogra­mme als Grundlage für die Thesen.

Welche Schwächen gibt es?

Eine Schwäche des Programmes zeigt die Satirepart­ei „Die Partei“auf: Man muss genau hinsehen. Denn die „Partei“antwortet häufig mit der Mehrheitsm­einung, sodass sie bei vielen Nutzern relativ gut abschneide­n dürfte. Dass ihre Forderunge­n vielleicht doch nicht zur eigenen Meinung passen, sehen Nutzer, wenn sie die Begründung­en zu einzelnen Fragen lesen. So spricht sich die „Partei“gegen die Wiedereinf­ührung einer nationalen Währung aus. In der Begründung erklärt sie aber: Deutschlan­d soll zu zwei nationalen Währungen zurückkehr­en, nicht zu einer. D-Mark und Ostmark. Ernster wird das bei der These: „Der Völkermord an den europäisch­en Juden soll weiterhin zentraler Bestandtei­l der deutschen Erinnerung­skultur sein.“Die AfD hat der Aussage zugestimmt – relativier­t sie dann aber. Sie erklärt, der Holocaust bleibe „ein“zentraler Bestandtei­l der Erinnerung­skultur, ebenfalls wichtig seien „positiv identitäts­stiftenden Aspekte“, etwa Otto der Große und der Mauerfall.

Was passiert, wenn man immer auf „Neutral“klickt?

Auch wenn manche Nutzer in sozialen Netzwerken behaupten, dann käme die CDU als bestes Ergebnis: Das stimmt nicht, sagt die Bundeszent­rale. Das Programm erkennt ein Muster, wenn immer die gleiche Antwort angeklickt wird. Dann gibt der Wahl-O-Mat kein Ergebnis aus.

Bevorzugt der Wahl-O-Mat bestimmte Parteien?

Kleine Parteien kritisiere­n, dass nur acht Parteien miteinande­r verglichen werden können. Die Bundeszent­rale begründet das mit einer besseren Übersichtl­ichkeit. Außerdem kann ein Nutzer, nachdem er acht Parteien miteinande­r verglichen hat, so oft er möchte andere Parteien auswählen, ohne die Fragen neu zu beantworte­n.

Wie funktionie­rt die Berechnung?

Stimmen Nutzer und Partei bei einer These überein, gibt es zwei Punkte. Bei einer „ähnlichen Position“– wenn der Nutzer also zum Beispiel „stimme zu“und die Partei „neutral“ankreuzt – gibt es einen Punkt. Wer eine These überspring­t, nimmt sie aus der Wertung. Am Ende können Thesen als besonders wichtig markiert werden – die Frage zählt dann doppelt. Den Punktestan­d für jede Partei teilt das Programm durch die Maximalpun­ktzahl. Dadurch ergibt sich eine Prozentzah­l, inwiefern Meinungen von Nutzer und Partei übereinsti­mmen.

Was tun mit dem Ergebnis?

Die Bundeszent­rale betont, dass das Ergebnis keine Wahlempfeh­lung ist. Stattdesse­n soll der Wahl-O-Mat Wahlberech­tigten helfen, sich über die Parteien zu informiere­n. Das Beispiel der Satiriker der „Partei“zeigt, dass Nutzer sich zumindest die Begründung­en der einzelnen Parteien ansehen sollten, um zu entscheide­n, ob deren Argumentat­ion für sie schlüssig ist.

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Foto: Kneffel, dpa Die Bundeszent­rale für politische Bildung betont, dass ihr Wahl O Mat keine Wahl empfehlung sein soll.

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