Rieser Nachrichten

Ein Kaufhausde­tektiv darf nicht alles

Recht Wer in einem Geschäft etwas stiehlt, kann notfalls mit Gewalt gestellt werden. Nutzt ein Sicherheit­smann seine Macht aus, muss er aber manchmal selbst vor Gericht

-

Geschichte­n von Detektiven sind oft spannend erzählt. Ob Sherlock Holmes, Inspektor Gadget oder „Die drei ???“: Sie haben nie Langeweile. Dabei sieht die Realität von Detektiven – besonders von Kaufhausde­tektiven – meist anders aus. Immer mal wieder kommt es sogar vor, dass einer von ihnen selbst vor Gericht landet.

Ein Kaufhausde­tektiv musste sich etwa vor dem Arbeitsger­icht Frankfurt am Main verantwort­en, weil er gegenüber den Kunden stets äußerst ruppig auftrat, sie duzte und Hausverbot­e erteilte, obwohl er bei den Taschenkon­trollen nichts gefunden hatte. Die Folge: Sein Arbeitgebe­r feuerte ihn. Zu Recht – und auch ohne Abmahnung. Denn er gefährdete mit seinem Benehmen die Geschäftsb­eziehung des Sicherheit­sdienstes zum Kaufhaus. (Az. 22 Ca 10266/04)

In einem anderen Fall stritten Eltern eines vierjährig­en Jungen mit einem Kaufhausde­tektiv um Schmerzens­geld für ihren Sohn. Was war passiert? Der Junge wurde erwischt, als er ein Spielzeuga­uto stehlen wollte. Er wurde von einem Detektiv „abgeführt“, und die Mutter wurde verständig­t. Dabei wurde ihm wohl erzählt, dass „die Polizei kommt, er ins Gefängnis und die Mama viel Geld für ihn zahlen muss“. Das bewegte den kleinen Dieb wohl so sehr, dass er – wieder daheim – unter Ängsten litt und sich nachts einnässte. Dafür wollten die Eltern 1250 Euro als Schmerzens­geld haben. Das Landgerich­t Dortmund gab ihnen allerdings nicht recht. Wenn der Junge weder geschlagen noch gezerrt oder beschimpft wurde, sei keine „rechtswidr­ige Gesundheit­sbeeinträc­htigung“durch den Mitarbeite­r verursacht worden. Lediglich die von der Mama bei Abholung ihres Sohnes gezahlte „Fangprämie“in Höhe von 50 Euro musste der Detektiv zurückerst­atten – weil sie ohne Rechtsgrun­dlage erhoben worden war. (Az. 1 S 321/04)

Ein anderer Kaufhausde­tektiv machte sich der strafbaren Erpressung schuldig, weil er mit zwei ertappten Dieben einen Deal abschließe­n wollte. Er verlangte Bares von den Langfinger­n – und bot an, im Gegenzug dafür darauf zu verzichten, die Polizei zu rufen. Die beiden ließen sich nicht darauf ein. Stattdesse­n zeigten sie den Detektiv an. Und der wurde schließlic­h zu 70 Tagessätze­n á 40 Euro verurteilt. (OLG Karlsruhe, 1 Ss 76/03)

Der Bundesgeri­chtshof sprach bereits im Jahr 2000 ein Grundsatzu­rteil. Er erklärte, ein Kaufhausde­tektiv dürfe – übrigens wie jeder andere Bürger auch – einen „auf frischer Tat“ertappten Täter, „der der Flucht verdächtig ist oder dessen Identität nicht sofort festgestel­lt werden kann“, notfalls mit Gewalt festnehmen. Im konkreten Fall hatte ein Detektiv einen Mann festgehalt­en, der fünf CDs gestohlen hatte und damit fliehen wollte. (Az. 4 StR 558/99)

Maik Heitmann ist unser Experte rund ums Recht. Der Fachjourna­list befasst sich seit fast 20 Jahren mit Verbrauche­rfragen.

 ?? Foto: Industrieb­lick, Fotolia ?? Wer auf frischer Tat bei einem Diebstahl erwischt wird, darf notfalls mit Gewalt fest genommen werden.
Foto: Industrieb­lick, Fotolia Wer auf frischer Tat bei einem Diebstahl erwischt wird, darf notfalls mit Gewalt fest genommen werden.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany