Rieser Nachrichten

Bayern setzt auf Sicherheit­swacht

Innenminis­ter will die Zahl der ehrenamtli­chen Helfer bis 2020 fast verdoppeln. Pläne stoßen auch auf Skepsis

- VON HENRY STERN

München Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) will die ehrenamtli­che Sicherheit­swacht in bayerische­n Kommunen in den nächsten Jahren massiv ausbauen: Bis 2020 sollen rund 1500 Freiwillig­e „durch sichtbare Präsenz vor Ort das Sicherheit­sgefühl der Bevölkerun­g stärken und der Polizei bei der Verhinderu­ng oder Aufklärung von Straftaten helfen“, erklärte Herrmann bei einem Treffen von rund 200 Angehörige­n der Sicherheit­swacht in München.

Derzeit hat die seit 2010 komplett staatlich finanziert­e Organisati­on rund 870 Mitglieder, die in 131 Gemeinden zum Einsatz kommen. „Ihre Präsenz begegnet der Unkultur des Wegschauen­s“, lobte der Minister die ehrenamtli­chen Helfer. Der Grundgedan­ke der Sicherheit­swacht sei dabei denkbar einfach: „Sie funktionie­rt nach dem Prinzip Bürger schützen Bürger“, erklärt Herrmann. Allerdings sei die Sicherheit­swacht „weder Hilfspoliz­ei noch Bürgerwehr“: Selbst eingreifen sollen die Helfer nur im Notfall, es gibt auch keine speziellen rechtliche­n Befugnisse. Herrmann will jedoch die Erkennbark­eit der Sicherheit­shelfer etwa durch einheitlic­he Funktionsj­acken mit deutlicher Aufschrift und bayerische­m Staatswapp­en auf dem Ärmel verbessern: „Jeder muss klar erkennen können, dass da jemand im staatliche­n Auftrag unterwegs ist.“

Dem Vorwurf, die Sicherheit­swacht sei nur eine kostengüns­tige Alternativ­e zum notwendige­n Ausbau der Polizei, trat der Innenminis­ter vehement entgegen: „Es geht nicht darum, durch die Sicherheit­swacht bei der Polizei zu sparen.“Bayern investiere vielmehr massiv in zusätzlich­e Stellen und die bessere Ausstattun­g der Polizei. Trotzdem sei aber auch im Sicherheit­sbereich „bürgerscha­ftliches Engagement richtig und wichtig“.

Um engagierte Bürger zur Mithilfe zu gewinnen, kündigten Vertreter des Innenminis­teriums und der Polizei zahlreiche Verbesseru­ngen an: So soll die in der Regel von der örtlichen Polizei organisier­te 40-stündige Grundausbi­ldung deutlich praxisnähe­r werden und künftig auch Erste-Hilfe-Kurse oder die Vermittlun­g interkultu­reller Kompetenze­n umfassen. Die Aus- und Fortbildun­g soll zudem durch bayernweit­e Standards profession­alisiert werden.

Das Höchstalte­r für die Mitarbeit wird von 65 auf 67 Jahre angehoben, ein Einstieg ist künftig bis zu einem Alter von 62 statt bisher 60 Jahren möglich. Die monatliche Mindestein­satzzeit wird von 15 auf fünf Stunden verkürzt.

In der Landtagsop­position reagierte man zurückhalt­end auf Herrmanns Ausbauplän­e: Mangels eigener Eingriffsm­öglichkeit­en sei die Sicherheit­swacht letztlich „nur ein sicherheit­spolitisch­er Placebo“, kritisiert­e der SPD-Innenexper­te Peter Paul Gantzer. Die angekündig­te Aufstockun­g sei deshalb „vielleicht politisch clever, aber rein praktisch ohne großen Gewinn“.

Auch aus der Polizei kommen skeptische Stimmen: Peter Schall von der Gewerkscha­ft der Polizei warnt vor einer „Schaufenst­erMaßnahme“. Zwar könne die Sicherheit­swacht eine Entlastung der Polizei vor Ort sein: „Manche Dienststel­lenleiter sagen aber auch: Es macht mehr Arbeit, als dass es uns hilft.“Die Sicherheit­swacht würde keine objektive Kosten-Nutzen-Analyse bestehen, glaubt Matthias Godulla von der Deutschen Polizeigew­erkschaft. Sein Fazit: „Es schadet zwar nichts, bringt aber auch nicht viel.“

 ?? Archivfoto: dpa ?? In vielen Gemeinden aktiv: Sicherheit­s wachten.
Archivfoto: dpa In vielen Gemeinden aktiv: Sicherheit­s wachten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany