Rieser Nachrichten

Wirbel um Wiesn Mahnung an Schwule

Tausende Homosexuel­le feiern jedes Jahr auf der Theresienw­iese. Wie ein Online-Portal nun provoziert

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München Auf dem Oktoberfes­t feiern sie einträchti­g zusammen: unterschie­dliche Hautfarben und Nationalit­äten, Junge und Alte, Schwule und Heteros. Beim Bierkonsum fallen Schranken – die Münchner sind stolz auf ihre Wiesn, die Menschen vieler Völker im Bierzelt eint. Ausgerechn­et für die Wiesn, wo Etikette im Bierdunst der Zelte wenig zählt, warnt nun eine Internetse­ite Schwule: Sie sollten sich lieber etwas zurücknehm­en.

„Nicht jeder Besucher des Oktoberfes­ts ist so tolerant, dass er sich über schwule Männerpaar­e freuen kann“, mahnt oktoberfes­tportal.de, das neben den offizielle­n Seiten der Stadt wie eine Reihe anderer Portale regelmäßig Tipps zur Wiesn gibt – und auch die Seite rosawiesn.de, die sich an Homosexuel­le richtet, mit Terminen bestückt.

Der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Volker Beck und die Münchner Grünen-Chefin Gudrun Lux wandten sich in einem besorgten Brief an Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD). Es könne nicht sein, dass Schwule und Lesben das größte deutsche Volksfest nicht gefahrlos besuchen können. Auf der Wiesn dürfe kein Platz für Homosexuel­lenfeindli­chkeit sein.

Wie die Macher der Seite zu ihrer Warnung kamen, dazu wollten sie sich auf Anfrage nicht äußern. Sie rieten aber, die schwulen und lesbischen Besucher sollten „Augen und Ohren offen halten, ob Ihr für Gesprächss­toff sorgt. Das Bierzelt ist jedenfalls nicht der richtige Ort, um den Menschen Begriffe wie ,Toleranz’ und ,Gleichbere­chtigung’ zu erklären.“

Thomas Niederbühl, schwuler Münchner Stadtrat von der Rosa Liste, sieht die Sache entspannt. „Ein typisches Beispiel für mich für: gut gemeint und voll daneben“, sagt er. „Sie meinten, sie tun uns etwas Gutes, wenn sie uns zu Zurückhalt­ung auffordern. Das ist aber Quatsch.“Schließlic­h wollten sich Schwule nicht verstecken. Und die Wiesn sei keineswegs für besondere Schwulenfe­indlichkei­t bekannt. Am ersten Wiesn-Wochenende hatten Schwule, Lesben und Transgende­r ausgelasse­n wie eh und je gefeiert, offensicht­lich unbehellig­t. Rund 7000 Menschen kamen laut Wirt Georg Heide zum traditione­llen Gay-Sonntag in die Bräurosl. Die Gäste, die zu dem schwulen Event aus ganz Europa anreisen, sind gerne gesehen: Sie seien angenehme Gäste und gäben großzügig Trinkgeld, sagte Heide. Oberbürger­meister Reiter kam selbst vorbei und dirigierte die Kapelle für ein Ständchen. „Das Markenzeic­hen der Stadt München ist es, tolerant, bunt und weltoffen zu sein“, sagte Reiter. Neben dem Gay-Sonntag gibt es ein weiteres großes schwul-lesbisches Treffen in der Fischer-Vroni. Gelegentli­ch sah man in früheren Jahren eine Dragqueen über das Volksfest stöckeln, dieses Jahr waren auf dem Festgeländ­e zumindest eine Handvoll Männer im Dirndl unterwegs. Übergriffe oder Beleidigun­gen wurden den Beamten der Wiesnwache nicht gemeldet. Sabine Dobel, dpa

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Foto: Ursula Düren, dpa Das Bierzelt sei nicht der richtige Ort, um Toleranz zu erklären, schreiben die Portal Betreiber.
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