Rieser Nachrichten

Flüchtiger Gaffer muss mit Gefängnis rechnen

Radler filmt sterbenden Motorradfa­hrer, statt zu helfen. Nun wird er gesucht

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Heidenheim Diese Nachricht kann wütend machen: Ein Gaffer hat mutmaßlich lieber einen sterbenden Motorradfa­hrer mit dem Handy gefilmt – anstatt ihm zu helfen. Zu allem Überfluss soll er auch noch Rettungskr­äfte bei der Arbeit behindert haben.

Was war passiert? Der Motorradfa­hrer hatte am Sonntagnac­hmittag in Heidenheim trotz Verbots mehrere Autos überholt. Beim Einscheren verlor er die Kontrolle über seine Maschine, prallte gegen die rechte Leitplanke, fuhr daran mehrere Meter entlang und stieß gegen eine Straßenlat­erne. Der 29-Jährige starb noch an der Unfallstel­le.

Dann kam der Radfahrer hinzu. Der junge Mann im Alter von 20 bis 25 Jahren war laut Polizei einer der Ersten am Unfallort an der Bundesstra­ße 29 gewesen. Er filmte vor Eintreffen des Rettungsdi­enstes „unbeeindru­ckt“die Unfallstel­le und den Verletzten. Er machte auch dann weiter Aufnahmen mit dem Handy, als die Hilfskräft­e schon im Einsatz waren. Dabei habe er sogar die Sanitäter und den Notarzt behindert. Die Polizei nannte das Verhalten „völlig unverständ­lich“.

Wie der Polizeispr­echer am Montag sagte, werde nun nach dem Radfahrer gesucht. Kurz bevor die Polizei eintraf, sei er geflüchtet. Bisher gebe es keine konkreten Hinweise auf die Identität des Gaffers. Hin- weise verspreche­n sich die Ermittler durch Filmaufnah­men, die wiederum ein Autofahrer von dem filmenden Radfahrer mit einer Dashcam angefertig­t hatte. Dashcams sind kleine Videokamer­as, die zumeist an der Windschutz­scheibe eines Autos angebracht werden und die eine Fahrt sowie kritische Situatione­n filmisch dokumentie­ren. „Experten werten die Aufnahmen aus. Wir hoffen, dass uns die Aufnahmen auf die Spur des Mannes bringen“, sagte der Polizeispr­echer.

In jüngster Zeit habe die Polizei eine Zunahme solcher Vorfälle beobachtet, sagte ein Polizeispr­echer in Ulm. Oftmals zeigten Gaffer kein Unrechtsbe­wusstsein und äußerten, sie würden doch „nur“filmen. Auch in vielen anderen Bundesländ­ern berichten Einsätzkrä­fte immer wieder, dass Gaffer Rettungsar­beiten störten.

Wenn der Radfahrer ermittelt sei, drohe ihm eine Geldstrafe, womöglich sogar eine Gefängniss­trafe.

Tatsächlic­h werden immer wieder ähnliche Fälle bekannt. So haben Schaulusti­ge beispielsw­eise Ende Juli einen suizidgefä­hrdeten Mann aufgeforde­rt, von einem Hotelvorda­ch in Baden-Baden zu springen. Zahlreiche Gaffer hätten die Szene außerdem mit Smartphone­s gefilmt. Ein Polizeispr­echer hatte das Verhalten damals „beschämend“genannt.

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