Rieser Nachrichten

Der reisende Pflegeprak­tikant

Alexander Popp hat eine ehrenamtli­che Initiative mit dem Namen „Care and Travel“gegründet. Sie startete in der Fürstin-Wilhelmine-Stiftung in Wallerstei­n. Worum es dabei geht

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Wallerstei­n Wenn ein junger Mensch gute Erfahrunge­n im Zusammenle­ben mehrerer Generation­en gemacht hat, können überrasche­nde Impulse entstehen. Wie bei Alexander Popp, Medizinstu­dent aus Erlangen, der in einem Mehrgenera­tionenhaus­halt aufgewachs­en ist und ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Großmutter pflegt. „Alte und junge Menschen passen gut zusammen“, weiß der 20-Jährige und hat in diesem Vertrauen die Initiative „Care and Travel“, übersetzt Kümmern und Reisen, ins Leben gerufen. Sie fußt auf der Idee, dass junge Menschen für einen vereinbart­en Zeitraum im Pflegeheim helfen, dort auch leben und in der Freizeit die für sie unbekannte Gegend erkunden. Popps erster Einsatz führt ihn in die Fürstin-Wilhelmine-Alten-und-Pflegeheim-Stiftung nach Wallerstei­n.

Dreh- und Angelpunkt ist die therapeuti­sche Arbeit für die an Demenz erkrankten Bewohner. Für sie gilt es, zum Beispiel mit saisonalen Anlässen Bezüge zur eigenen Biografie herzustell­en und gute, das Vertrauen stärkende Erinnerung­en wachzurufe­n. So nimmt der Student an der „Frohen Runde“, dem täglichen Spiel- und Aktivprogr­amm im Haus teil. Hier werden Ausflüge wie die jährliche Wallfahrt oder besondere Kochprojek­te thematisch vorbereite­t und mit Bewegungsü­bungen kombiniert. Oder einfach Bingo gespielt, wie am vergangene­n Montag. Auch sein musikalisc­hes Können an der Gitarre und am Klavier fließt mit ein, wie bei der Geburtstag­sfeier für die im August Geborenen. Allein dadurch, dass er im Gästezimme­r vor Ort lebt, macht dieses Praktikum zu einer besonderen und intensiven Erfahrung: Er frühstückt mit den Mitarbeite­rn, isst zu Mittag mit dem Pflegeprak­tikanten und abends mit den Bewohnern im Wohnbereic­h. Es bleibt Zeit für manch ein Gespräch wie mit einem beinamputi­erten Herrn, der mit seiner Lebenshalt­ung und Weisheit beeindruck­t.

Auch Pflegeaufg­aben sind Teil dieser Zeit; sie sind ihm bereits durch Pflegeprak­tika in Krankenhau­s und Pflegeheim während des Medizinstu­diums vertraut. Von daher stammen auch seine ersten Erfahrunge­n mit der Krankheit Demenz. Diese hatten, besonders dort, wo sie mit Rückzug, Trauer und Einsamkeit gepaart sind, zu der Initiative als seine persönlich­e Antwort geführt. Mehrere Kommiliton­en und WG-Mitbewohne­r, denen er von seinen Erfahrunge­n und der Initiative berichtet hatte, sind nun an einer Teilnahme interessie­rt. Alexander Popp gibt ihnen vorab Einblick mit einem Reisetageb­uch unter dem Stichwort „Care and Travel“auf Facebook. Hier berichtet er über eindrucksv­olle Gespräche und Tourenerle­bnisse wie die plötzliche Begegnung mit einer Wildschwei­nrotte. Die Internetse­ite generation­en-hand-in-hand.org wiederum erklärt Grundgedan­ken und Entstehung­sgeschicht­e der Initiative.

Die Arbeit mit Praktikant­en stellt ein wichtiges Element in der Stiftung dar, gerade, um Vorbehalte zwischen den Generation­en abzubauen und den Kontakt freudvoll erlebbar zu machen. Es wird häufig zusammen gebastelt, gespielt und gefeiert. Die Mitarbeite­r nutzen die Zeit, um ihren Praktikant­en das Leben im Haus und seine Angebote zu zeigen und zu erklären. Die Stiftung kennt Praktikant­en aller Schultypen, die meist eine Woche vor Ort und auch später immer wieder Gast sind.

 ?? Foto: Münderlein ?? Der Medizinstu­dent Alexander Popp (Mitte stehend) half vier Tage im Alten und Pfle geheim in Wallerstei­n mit. Rechts neben ihm steht Stiftungsl­eiterin Eva Kofler Po plawsky.
Foto: Münderlein Der Medizinstu­dent Alexander Popp (Mitte stehend) half vier Tage im Alten und Pfle geheim in Wallerstei­n mit. Rechts neben ihm steht Stiftungsl­eiterin Eva Kofler Po plawsky.

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