Gericht: Ein Wirt, ein Koch und ein Stundenzettel
In Nördlingen wird einem Mann vorgeworfen, Sozialbeiträge unterschlagen zu haben. Er weist das zurück
Nördlingen Nicht selten erklären Angeklagte vor Gericht, sie seien unschuldig und jemand wolle sie aus Rache hinhängen. Das klingt meist wenig glaubwürdig, aber gelegentlich stimmt es eben doch. So wurde der Gastwirt eines Rieser Lokals von einem ehemaligen Mitarbeiter angezeigt, Arbeitsstunden nicht bei den Behörden angegeben und damit Sozialbeiträge unterschlagen zu haben.
„Ich habe jeden Cent angegeben“, beteuerte der angeklagte Wirt, „das ist nur eine Retourkutsche.“Sein früherer Koch und er seien im Unfrieden auseinandergegangen, weil der Koch im Verdacht gestanden habe, Geld und Schlüssel entwendet zu haben. Der Koch erstattete später Anzeige bei der Polizei und legte einen Stundenzettel über mehrere Tage vor, an denen er angeblich gearbeitet habe. Der Vorsitzenden Richterin Andrea Eisenbarth fiel auf, dass der Stundenzettel am Stück in einer Handschrift durchgeschrieben war, was absolut nicht wie eine Reihe von Eintragungen über mehrere Tage wirkte.
Das hätte der Ex-Koch vielleicht noch als Abschrift vom Original erklären können, wäre er denn als Zeuge aufgetreten. Er war aber für das Gericht nicht auffindbar gewesen. Strafverteidigerin Kerstin Küfner, die Anwältin des Angeklagten, erhärtete die Version der Fälschung, indem sie darauf hinwies, dass auf dem Stundenzettel einige komplette Arbeitstage vermerkt waren, an denen Ruhetag war – da arbeite definitiv niemand außer einer eigens beschäftigten Putzkraft.
Zeuge macht verwirrende Zeitangaben
Als weiterer Zeuge trat der Nachfolger des nicht erschienenen ExKochs auf. Er hatte zeitweise mit seiner Frau zusammen in dem Lokal gearbeitet, die wiederum nicht als Zeugin greifbar war, da sie sich schon seit Monaten in ihrer Heimat im Ausland aufhält. Die Richterin gab deren Aussage von einem ZollProtokoll wieder, wonach ihr Mann und sein Vorgänger eine Zeitlang zusammen gearbeitet hätten. Der Zeuge widersprach dem vehement und machte zum Teil verwirrende Zeitangaben.
Staatsanwalt Sebastian Konrad bat nun um ein Rechtsgespräch mit Richterin und Anwältin, womit er letztendlich die Mühlen der Justiz erheblich beschleunigte. Dem Gespräch schloss sich eine Beratung zwischen Anwältin und Angeklagtem an. Richterin Eisenbarth gab schließlich bekannt, dass die Aussagen des nicht erschienenen Zeugen vom Gericht als zweifelhaft angesehen werden und auch nach den widersprüchlichen Angaben des zweiten Zeugen im Vergleich mit den Aussagen seiner Frau „kein Tatnachweis möglich erscheint“. Sie stellte das Verfahren wegen Geringfügigkeit ein. Als Auflage muss der Angeklagte 500 Euro an die Deutsche Arthrosehilfe zahlen.