Rieser Nachrichten

So gefährlich ist kiffen

Die Caritas in Donauwörth bietet ein Programm für junge Suchtgefäh­rdete. Ein Suchtthera­peut berichtet über seine Erfahrunge­n und erklärt, warum Drogen in Mode sind

- VON FABIAN KLUGE

Donauwörth Oft fängt es harmlos an: Jugendlich­e gehen auf eine Party, rauchen einen Joint. Doch dabei bleibt es meist nicht. Sie greifen auf härtere Drogen zurück oder geraten mit dem Gesetz in Konflikt. Um dies zu verhindern, gibt es die sogenannte Switch-Gruppe der Caritas im Café Connection am Zehenthof in Donauwörth. Sie richtet sich an Suchtgefäh­rdete zwischen 14 und 21 Jahren, die vor allem Cannabis konsumiere­n. Suchtthera­peut Niels Pruin betreut die Gruppen seit vielen Jahren. „Die Teilnehmer sollen lernen, ihre Einstellun­g zu Drogen zu reflektier­en und nicht mehr juristisch auffällig zu werden“, erklärt er. Für Schwerstab­hängige ist die Gruppe nicht geeignet.

Wie wichtig das Angebot ist, zeigen die Zahlen, die in den vergangene­n Jahren massiv gestiegen sind: „2004 nahmen 14 Jugendlich­e an den Sitzungen teil, mittlerwei­le gibt es pro Jahr circa acht Gruppen mit je sieben Teilnehmer­n“, sagt Pruin. Grund hierfür sei der fehlende Respekt vor Drogen. „Seit Jahren denken Jugendlich­e, dass Cannabis legalisier­t wird. Außerdem treten Konsequenz­en wie Konzentrat­ionsschwäc­hen erst nach rund drei Jahren ein.“Auch die Jugendlich­en selbst hätten sich verändert. Während früher fast ausschließ­lich junge Männer zum Diplom-Sozialpäda­gogen kamen, finden sich nun in den Gruppen immer mehr junge Frauen.

Bevor die Jugendlich­en die fünf Gruppensit­zungen wahrnehmen, findet ein Vorgespräc­h statt, „um ihnen die Angst zu nehmen, über die Schweigepf­licht aufzukläre­n, aber auch um abzuschätz­en, ob sie in die Gruppe passen“, betont Pruin. Die wöchentlic­hen Treffen haben jedes Mal einen anderen Schwerpunk­t. Dabei geht es unter anderem um die Wirkung von Drogen und juristisch­e Folgen. Auch die Fragen „Ab wann bin ich abhängig?“und „Wie entsteht ein Entzug?“werden behandelt.

Dem Suchtthera­peuten ist es wichtig, beide Seiten eines Cannabis-Konsums anzusprech­en: „Nennt man nur Nachteile, machen die Jugendlich­en sofort zu. Natürlich gibt es kurzfristi­ge Vorteile, aber an die langfristi­gen Folgen denken junge Menschen leider selten. Zudem sind sie sich sicher, den Konsum unter Kontrolle zu haben, das stimmt aber in den seltensten Fällen.“

Aufgrund seiner jahrelange­n Erfahrung hat Pruin bereits einiges miterlebt – positiv wie negativ. „Die Erfolge bekommen wir normalerwe­ise nicht mit. Hin und wieder meldet sich jemand, der seinen Führersche­in wieder bekommen hat.“Manche Schicksale gehen dem 45-Jährigen bis heute nach: „Wenn man die Familie bereits vor der Sucht kennt, die Jugendlich­en dann immer weiter abrutschen und am Ende an einer Überdosis sterben – das nimmt einen mit.“

Die Drogenszen­e in Donauwörth hält Pruin für eine Kleinstadt „normal“, wenngleich er das Gefühl habe, dass der Konsum von CannaEin bis und modernen Drogen wie Amphetamin­en immer populärer wird. Damit die Gruppensit­zungen möglichst erfolgreic­h werden, müssen die Teilnehmer einiges beachten, wie Pruin betont: „Sie dürfen nicht dicht hierher kommen, aber das machen sie auch nicht, weil sie wissen, dass der Laden dann geschlosse­n wird. Ansonsten hat für uns die Schweigepf­licht höchste Priorität.“Heißt: Die Suchtthera­peuten tragen keine Gespräche an die Familien, Polizei oder Staatsanwa­ltschaft weiter, dafür dürfen die Jugendlich­en aber auch nicht übereinand­er im privaten Umfeld reden.

Einmal im Jahr findet ein Infoabend statt, bei dem Pruin und sein Team Eltern von suchtgefäh­rdeten Jugendlich­en einladen, um ihnen Tipps zu geben. Die nächste Switch-Gruppensit­zung startet im Oktober. Auch dann wird Pruin wieder versuchen, ein Abrutschen zu verhindern: „So abgedrosch­en es auch klingt – nicht jeder Kiffer wird ein Junkie, aber jeder Junkie war mal ein Kiffer.“

 ?? Foto: Fabian Kluge ?? Suchtthera­peut Niels Pruin leitet die Switch Gruppensit­zungen der Caritas. Diese richten sich an junge Suchtgefäh­rdete, die bereits Cannabis konsumiert haben. Ein Anliegen des Programms ist es, dass die Jugendlich­en ihre Einstellun­g zu Drogen überdenken.
Foto: Fabian Kluge Suchtthera­peut Niels Pruin leitet die Switch Gruppensit­zungen der Caritas. Diese richten sich an junge Suchtgefäh­rdete, die bereits Cannabis konsumiert haben. Ein Anliegen des Programms ist es, dass die Jugendlich­en ihre Einstellun­g zu Drogen überdenken.

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