So gefährlich ist kiffen
Die Caritas in Donauwörth bietet ein Programm für junge Suchtgefährdete. Ein Suchttherapeut berichtet über seine Erfahrungen und erklärt, warum Drogen in Mode sind
Donauwörth Oft fängt es harmlos an: Jugendliche gehen auf eine Party, rauchen einen Joint. Doch dabei bleibt es meist nicht. Sie greifen auf härtere Drogen zurück oder geraten mit dem Gesetz in Konflikt. Um dies zu verhindern, gibt es die sogenannte Switch-Gruppe der Caritas im Café Connection am Zehenthof in Donauwörth. Sie richtet sich an Suchtgefährdete zwischen 14 und 21 Jahren, die vor allem Cannabis konsumieren. Suchttherapeut Niels Pruin betreut die Gruppen seit vielen Jahren. „Die Teilnehmer sollen lernen, ihre Einstellung zu Drogen zu reflektieren und nicht mehr juristisch auffällig zu werden“, erklärt er. Für Schwerstabhängige ist die Gruppe nicht geeignet.
Wie wichtig das Angebot ist, zeigen die Zahlen, die in den vergangenen Jahren massiv gestiegen sind: „2004 nahmen 14 Jugendliche an den Sitzungen teil, mittlerweile gibt es pro Jahr circa acht Gruppen mit je sieben Teilnehmern“, sagt Pruin. Grund hierfür sei der fehlende Respekt vor Drogen. „Seit Jahren denken Jugendliche, dass Cannabis legalisiert wird. Außerdem treten Konsequenzen wie Konzentrationsschwächen erst nach rund drei Jahren ein.“Auch die Jugendlichen selbst hätten sich verändert. Während früher fast ausschließlich junge Männer zum Diplom-Sozialpädagogen kamen, finden sich nun in den Gruppen immer mehr junge Frauen.
Bevor die Jugendlichen die fünf Gruppensitzungen wahrnehmen, findet ein Vorgespräch statt, „um ihnen die Angst zu nehmen, über die Schweigepflicht aufzuklären, aber auch um abzuschätzen, ob sie in die Gruppe passen“, betont Pruin. Die wöchentlichen Treffen haben jedes Mal einen anderen Schwerpunkt. Dabei geht es unter anderem um die Wirkung von Drogen und juristische Folgen. Auch die Fragen „Ab wann bin ich abhängig?“und „Wie entsteht ein Entzug?“werden behandelt.
Dem Suchttherapeuten ist es wichtig, beide Seiten eines Cannabis-Konsums anzusprechen: „Nennt man nur Nachteile, machen die Jugendlichen sofort zu. Natürlich gibt es kurzfristige Vorteile, aber an die langfristigen Folgen denken junge Menschen leider selten. Zudem sind sie sich sicher, den Konsum unter Kontrolle zu haben, das stimmt aber in den seltensten Fällen.“
Aufgrund seiner jahrelangen Erfahrung hat Pruin bereits einiges miterlebt – positiv wie negativ. „Die Erfolge bekommen wir normalerweise nicht mit. Hin und wieder meldet sich jemand, der seinen Führerschein wieder bekommen hat.“Manche Schicksale gehen dem 45-Jährigen bis heute nach: „Wenn man die Familie bereits vor der Sucht kennt, die Jugendlichen dann immer weiter abrutschen und am Ende an einer Überdosis sterben – das nimmt einen mit.“
Die Drogenszene in Donauwörth hält Pruin für eine Kleinstadt „normal“, wenngleich er das Gefühl habe, dass der Konsum von CannaEin bis und modernen Drogen wie Amphetaminen immer populärer wird. Damit die Gruppensitzungen möglichst erfolgreich werden, müssen die Teilnehmer einiges beachten, wie Pruin betont: „Sie dürfen nicht dicht hierher kommen, aber das machen sie auch nicht, weil sie wissen, dass der Laden dann geschlossen wird. Ansonsten hat für uns die Schweigepflicht höchste Priorität.“Heißt: Die Suchttherapeuten tragen keine Gespräche an die Familien, Polizei oder Staatsanwaltschaft weiter, dafür dürfen die Jugendlichen aber auch nicht übereinander im privaten Umfeld reden.
Einmal im Jahr findet ein Infoabend statt, bei dem Pruin und sein Team Eltern von suchtgefährdeten Jugendlichen einladen, um ihnen Tipps zu geben. Die nächste Switch-Gruppensitzung startet im Oktober. Auch dann wird Pruin wieder versuchen, ein Abrutschen zu verhindern: „So abgedroschen es auch klingt – nicht jeder Kiffer wird ein Junkie, aber jeder Junkie war mal ein Kiffer.“