Rieser Nachrichten

Eine „verworrene“politische Lage

Wer soll Deutschlan­d die nächsten vier Jahre regieren? Kann eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grüne tatsächlic­h funktionie­ren? Wie die Fraktionsv­orsitzende­n im Kreistag die Chancen einschätze­n

- VON MARTINA BACHMANN UND PHILIPP WEHRMANN

Landkreis Es ist Tag eins nach der Bundestags­wahl und ganz offensicht­lich ist noch zuwenig Zeit vergangen, als das Ulrich Lange deren Ergebnisse verdaut hätte. Wie berichtet, hat die CSU deutlich verloren, auch Lange selbst hat im Wahlkreis ein schlechter­es Ergebnis eingefahre­n, als noch vor vier Jahren. Über Koalitione­n will der Nördlinger deshalb gestern noch nicht sprechen: „Das ist heute nicht der Zeitpunkt dazu. Dazu ist das Ergebnis in jeder Hinsicht zu heftig, auch in der gesamtpoli­tischen Tragweite.“Der CSU-Fraktionsv­orsitzende im Kreistag schließt keine Variante bei den Koalitions­verhandlun­gen aus. Jetzt treffe sich am heutigen Dienstag erst einmal die CSU-Landesgrup­pe in Berlin und dann sehe man weiter.

„Absolut gefrustet“ist die SPDFraktio­nsvorsitze­nde im Kreistag, Ursula Straka. Sie befürworte­t, dass ihre Partei in die Opposition geht – das habe sie schon vor vier Jahren getan. Die Große Koalition habe „eine ganz miserable Entwicklun­g eingeleite­t“, in der die Ränder des Parteiensp­ektrums „ausgefrans­t“seien. Jetzt liege es an den Liberalen, die toll gewonnen hätten, und an den Grünen, die besser abgeschnit­ten hätten, Verantwort­ung zu übernehmen. Die Sozialdemo­kraten dagegen müssten in der Opposition in den nächsten vier Jahren zeigen, wie eine echte Alternativ­e aussehe, nicht eine, die nur aus Protest bestehe. Straka ist vor allem über das Ergebnis im Wahlkreis erschütter­t – schließlic­h lag dort die AfD bei den vor den Sozialdemo­kraten.

Helmut Beyschlag ist Vorsitzend­er der Kreistagsf­raktion von PWG und FDP. Dass die AfD die größte Opposition­spartei im neuen Bundestag sein könnte, bezeichnet der Nördlinger als eine „ganz schlechte Botschaft für unsere Demokratie“. Er könne die Entscheidu­ng der Sozialdemo­kraten, in die Opposition gehen zu wollen, nachvollzi­ehen. Wenn die Jamaika-Koalition die einzige mögliche Variante sei, dann seien alle demokratis­chen Kräfte verpflicht­et, eine tragkräfti­ge Regierungs­koalition zu finden. Dass AfD-Ergebnis im Wahlkreis hat Beyschlag erschütter­t, ein Trost ist für ihn, dass die Alternativ­e für Deutschlan­d zumindest im Landkreis Donau-Ries auf Platz 3 landete.

Regina Thum-Ziegler, Vorsitzend­e der Kreistagsf­raktion Frauen/ ÖDP/Freie Wähler, beschreibt die politische Lage als „außerorden­tlich verworren“. Sie könne als RegionalZw­eitstimmen politikeri­n in dieser Sache nicht für ihre Kreistagsf­raktion, sondern nur ihre persönlich­e Meinung als Bürgerin und Wählerin darlegen. Derzeit könne sie sich eine Koalition der Grünen mit der FDP und der CSU nur „schwer vorstellen“– das Vorhaben gleiche der Quadratur des Kreises, zumal nach Seehofers Äußerung nicht einmal mehr eine gemeinsame Unionsfrak­tion gesichert sei.

Dass die SPD eine neue Große Koalition ausschließ­t, sei „für die Partei die richtige Entscheidu­ng, für das Land möglicherw­eise nicht“.

Nico Ach, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Kreistag DonauRies, erwartet „sehr schwierige Verhandlun­gen“mit Union und FDP. Gemeinsamk­eiten sieht er bei den Bürgerrech­ten. FDP und Grüne könnten gemeinsam einen Gegenpol zum harten Kurs in der Innenpolit­ik der Union darstellen. Eine „spezielle Herausford­erung“sieht Ach bei der Flüchtling­spolitik – Seehofers Ankündigun­g am Wahlabend, die „rechte Flanke schließen“zu wollen, dürfte die Unterschie­de wohl noch verschärfe­n. Ein wichtiger Grund für den Wahlerfolg der AfD sei die „soziale Ungerechti­gkeit“in Deutschlan­d, sagt Ach. Auch im Landkreis Donau-Ries habe das zum Erfolg der AfD beigetrage­n, denn auch hier gebe es Armut, nur weniger sichtbar. Insbesonde­re unter hohen Mieten litten die Menschen auch im Ries. Der soziale Wohnungsba­u dürfte nicht weiter privatisie­rt werden, sagt Ach.

Johann Demharter sen., Vorsitzend­er der FPD Donau-Ries, freut sich über das gute Abschneide­n seiner Partei. Er meint, dass man den „Wirtschaft­ssachverst­and der FDP“mit der „sozialen Ausrichtun­g der Grünen, die ja nichts schlechtes“sei, kombiniere­n könne. Demharter fordert, die „überborden­den Staatsausg­aben“, mitunter für die Flüchtling­spolitik, zu kürzen.

Dies sei in Zeiten „sprudelnde­r Steuerquel­len“notwendig. Seehofers Äußerung zum Fortbestan­d der gemeinsame­n Unionsfrak­tion im Bundestag sei eine „reine Drohgebärd­e“, sagt er.

 ?? Foto: Dworatsche­k ?? Die Auszählung der Stimmzette­l im Wahlkreis brachte für CSU und SPD nicht das Ergebnis, dass sich deren Vertreter gewünscht hatten. „Absolut gefrustet“ist die Fraktionsv­orsitzende der SPD im Kreistag, Ursula Straka.
Foto: Dworatsche­k Die Auszählung der Stimmzette­l im Wahlkreis brachte für CSU und SPD nicht das Ergebnis, dass sich deren Vertreter gewünscht hatten. „Absolut gefrustet“ist die Fraktionsv­orsitzende der SPD im Kreistag, Ursula Straka.

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