Ein Paar – zwei Wohnungen
Franziska Walser über ihre Ehe mit Edgar Selge
Frau Walser, wie ist es, wenn der eigene Mann auch im Film der Ehemann ist?
Walser: Das ist nicht anders als die Zusammenarbeit mit jedem anderen guten Schauspieler auch. Zunächst mal ist mein Kollege Edgar Selge derjenige, der mein Partner im Film ist – nicht mehr und nicht weniger.
Bringt man in so einem Fall nicht auch etwas von der eigenen Ehe in die Rolle mit ein?
Walser: Das muss nicht sein, wir geben uns schon große Mühe, das voneinander zu trennen. Wir leben auch nicht zusammen, wenn wir gemeinsam arbeiten. Bei den Dreharbeiten hat jeder seine eigene Wohnung und damit seinen eigenen Bereich. So kann sich jeder auf das konzentrieren, was ihn angeht. Natürlich freuen wir uns dann, wenn wir uns am nächsten Tag vor der Kamera oder auf der Bühne wiederbegegnen.
Sie halten sich also bewusst voneinander fern, wenn Sie drehen?
Walser: Na ja, wir gehen abends mal miteinander essen oder so. Aber es ist schon was anderes, ob Sie danach in eine gemeinsame Wohnung gehen, oder ob jeder seinen eigenen Bereich aufsucht. Das hat schon Vorteile.
Und die wären?
Walser: Der Alltag klebt nicht an einem. Jeder kann sich auf seine Figur konzentrieren und so seinen eigenen Freiraum entdecken. Außerdem ist es tatsächlich so, dass die Grundspannung bei uns beiden relativ hoch ist, wenn wir arbeiten. Ich habe nachts ein anderes Eigenleben als mein Mann, und darauf kann ich mich ganz anders einlassen, wenn ich in meinem eigenen Zimmer bin.
Das müssen Sie erklären.
Walser: Na ja, zum Beispiel könnte es sein, dass ihn meine Anspannung stören würde, wenn wir in einem Zimmer schliefen (lacht). Und es hat ja auch eine gewisse Frische, wenn man sich am nächsten Tag wieder begegnet. Wir trennen bewusst Berufliches und Privates und das führt zu einer schönen Achtsamkeit.
Das heißt, Sie sprechen auch nicht über Ihre Rollen, wenn Sie an verschiedenen Projekten arbeiten? Walser: Doch. Wenn es um getrennte Projekte geht, unterhalten wir uns über den Job. Aber das ist auch was anderes, finde ich. Wenn ich was anderes drehe oder auf der Bühne spiele, dann erzähle ich meinem Mann davon, und umgekehrt. Wir sprechen und diskutieren dann darüber, was eine Beziehung ja auch belebt.
Üben Sie auch Kritik, wenn Sie die Filme des jeweils anderen sehen? Walser: Nein, tun wir nicht, wir gehen respektvoll miteinander um. Mit Kritik halten wir uns eher zurück.
Damit der Haussegen nicht schiefhängt?
Walser: Nein, nicht deshalb. Dass der Haussegen schiefhängt, bekommen wir auch anders hin (lacht). Wir unterhalten uns über Schwierigkeiten, die es vielleicht bei einer Arbeit gibt, aber da wir beide denselben Beruf haben, sind wir auch solidarisch und haben Verständnis für die Probleme des anderen.
Haben Ihr Mann und Sie Ihren beiden Kindern zugeraten, einen Bühnenweg einzuschlagen?
Walser: Ich würde sagen weder noch. Wir haben es nicht beschönigt, aber ich habe meinen Kindern immer gesagt: Ihr müsst etwas machen, womit ihr gerne euer Leben verbringt. Ihr müsst etwas machen, das euch Freude macht und auch lebendig hält, wenn Täler kommen. Unser Sohn ist Schauspieler und unsere Tochter Tänzerin. In Ihrem neuen Film spielt der Begriff der Sünde eine zentrale Rolle. Glauben Sie daran, dass es so etwas wie Sünde gibt?
Walser: Im Urchristentum bedeutete Sünde, den eigenen Weg zu verlassen, und damit kann ich mich schon identifizieren.
Aber Sünde bedeutet doch auch, sich an anderen zu versündigen, oder? Walser: Das stimmt, aber auch in diesem Fall versündigt man sich zunächst mal an sich selber. Was man anderen an Bösem antut, tut man letztendlich auch sich selber an.
Interview: Martin Weber