Rieser Nachrichten

Waren psychische Probleme Grund für den Ausraster?

Die Polizei sucht weiter nach dem Motiv des bewaffnete­n Mannes, der mehrere Menschen in Nördlingen bedroht hat. Die Beamten wehren sich gegen die Kritik, dass sie den angeschoss­enen 59-Jährigen nicht stoppen konnten

- VON RENÉ LAUER

Nördlingen Erst als am Donnerstag die Sonne aufgegange­n war, wurde ersichtlic­h, welchen Weg der 59-Jährige auf seiner Flucht genommen hatte. Der stark angetrunke­ne Mann hatte zuvor zwei Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes mit einem Messer in der Nähe des Löpsinger Tors bedroht, anschließe­nd auch zwei Polizeibea­mte, die die Verfolgung aufgenomme­n hatten. Mit einem Schuss versuchte ein Polizist letztendli­ch, den Mann zu stoppen.

Die getrocknet­e Blutlache in der Oettinger Straße ist auch Stunden nach den Geschehnis­sen noch zu sehen. Tags darauf meldeten sich Leser der Rieser Nachrichte­n zu Wort, die in ihren Höfen und Gärten Blutspuren gefunden hatten. Diesen Weg durch ihr Eigentum muss der 59-Jährige auf seiner Flucht genommen haben, mutmaßen die Anwohner. Denn die beiden Polizisten hatten den aggressive­n Mann weder mit Pfefferspr­ay noch mit einem Schuss in den Oberschenk­el stoppen können. Sie riefen ein Spezialein­satzkomman­do (SEK) zur Hilfe, das den 59-Jährigen bei der B25 aufgriff.

In den sozialen Medien ernten die Polizisten für ihr Vorgehen teils Spott und Häme. Kritiker bezeichnen es als „lächerlich“oder „unfassbar“, dass ein angeschoss­ener, betrunkene­r 59-Jähriger den Beamten entwischen konnte. Der Einsatz eines SEKs sei maßlos übertriebe­n, schimpft ein weiterer Leser.

Michael Jakob, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord, verteidigt seine Nördlinger Kollegen: „Sie haben alles richtig gemacht.“Man wolle Täter generell so überwältig­en, dass weder sie noch Polizisten körperlich­en Schaden erleiden. Sei es wie in diesem Fall nötig, einen bewaffnete­n Täter fluchtunfä­hig zu machen, sei ein Schuss in den Oberschenk­el eine Alternativ­e. „Ein Schuss soll die gewünschte Wirkung erzielen, aber den Täter auf keinen Fall lebensgefä­hrlich verletzen“, sagt Jakob. Dass die Beamten den 59-Jährigen trotz Schussverl­etzung entwischen ließen, sei kein Problem. „Der Flüchtige stellte in der Situation keine Gefahr für Dritte dar, er lief ja in ein Gebiet, wo zu dem Zeitpunkt keine Menschen unterwegs waren“, meint Jakob. Durch das Hinzuziehe­n von Experten sei gewährleis­tet worden, dass man den Täter hat überwältig­en können, ohne ihn oder Polizisten dabei zu verletzen.

Die Gründe für den Ausraster des 59-Jährigen sind dabei weiter unklar. „Zu einem Motiv konnten wir noch nichts herausfind­en“, sagt Jakob. Es sei jedoch möglich, dass bei dem Täter eine psychische Erkrankung vorliege. „Doch es ist noch zu früh etwas zu sagen, er befindet sich momentan in ärztlicher Behandlung.“Dass der Mann weder auf die Schussverl­etzung noch auf das Pfefferspr­ay reagiert hätte, lege nahe, dass er es aufgrund seines körperlich­en Zustands schlicht nicht wahrgenomm­en hat.

Der 59-Jährige wurde vom Amtsgerich­t Nördlingen in die geschlosse­ne Abteilung eines Bezirkskra­nkenhauses eingewiese­n, teilt die Polizei mit.

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Foto: Dieter Mack In der Oettinger Straße stoppten die Polizisten den Mann zum ersten Mal, er konnte jedoch angeschoss­en fliehen.

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