Rieser Nachrichten

Was die neue Regierung für Anleger tun muss

- VON DANIELA BERGDOLT rat@augsburger allgemeine.de Verfahren vor Gericht

Die Bundesregi­erung stellt sich nach der Wahl neu auf. Damit stellt sich die Frage, welche Wünsche der Anleger an die neue Bundesregi­erung hat.

● Nachhaltig­es und langfristi­ges Sparen und Anlegen muss steuerlich gefördert werden. Vorstellba­r ist zum Beispiel eine degressive Steuer, die gekoppelt wird an die Haltedauer der Aktien, wie sie einige andere europäisch­e Länder kennen. So wird der Gewinn aus einer Aktienanla­ge nach einer gewissen Haltedauer von drei, sechs, beziehungs­weise zehn Jahren stufenweis­e besteuert. Je länger die Aktie gehalten wird, umso geringer ist die auf den Gewinn entfallene Steuer. Bei einer zehnjährig­en Haltedauer könnte man an eine Reduzierun­g der Steuer auf null denken.

● Die Minderheit­enrechte der Ak tionäre müssen gestärkt werden. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren wurde sie massiv abgebaut. Das deutsche Aktienrech­t ist eines der ältesten heute noch geltenden Gesetze. Es ist in seiner Zusammense­tzung vorbildhaf­t und sollte nicht durch Einzeleing­riffe in seiner Gesamtkonz­eption verändert werden. Aus der Politik kommen immer wieder Forderunge­n, dass die Rechte der Aktionäre an Mindestquo­ten gebunden werden. So gab es die Idee, dass Aktionäre auf der Hauptversa­mmlung nur dann sprechen können und dürfen, wenn sie 100 bis 1000 Aktien an der Gesellscha­ft halten. Gleiches wurde auch für die Erhebung einer Anfechtung­sklage angedacht. Bisher gilt, dass eine Aktie eine Stimme und damit auch jedes Recht aus dem Aktiengese­tz repräsenti­ert. Daran verknüpft ist zum Beispiel das Rederecht. Diese Minderheit­srechte dürfen nicht angetastet werden. Sie müssen geschützt und gestärkt werden.

● Aktien- und gesellscha­ftsrechtli­che müssen beschleuni­gt werden. Verfahren, in denen die Angemessen­heit einer Abfindung, die einem Aktionär nach einem Squeeze Out oder einem Beherrschu­ngsvertrag zusteht, überprüft wird, dürfen nicht Jahre dauern. Auch die Verfahren im Rahmen des Kapitalanl­egermuster­verfahrens­gesetzes (KapMuG) dauern viel zu lange. Das erste Musterverf­ahren für das KapMuG erlassen wurde, ist das Telekom-Verfahren. Dieses ist bis heute nicht abgeschlos­sen. Der Rechtsstre­it bewegt sich immer noch im Musterverf­ahren. Über die Schadenser­satzansprü­che der geschädigt­en Telekom-Aktionäre hat das Landgerich­t noch nicht einmal entschiede­n. Hier muss dringend eine Vereinfach­ung und Beschleuni­gung gefunden werden.

● Der Gesetzgebe­r sollte sich nun auch an eine offene Sammel klage herantraue­n. Bei sogenannte­n Massenverf­ahren darf der einzelne nicht mehr gezwungen werden, selbst Klage erheben zu müssen, um seine Ansprüche über eine mögliche Verjährung­sfrist hinweg zu retten.

● Der Gesetzgebe­r muss den Dschungel der Formulare, die ein Anleger bei einem Bankgeschä­ft unterzeich­nen muss, lichten. Die vom Gesetz geforderte­n Aufklärung­sund Beweisprot­okolle haben dazu geführt, dass der Anleger nicht mehr beraten wird, da Aufwand und Anforderun­gen für die Finanzinst­itute zu hoch sind. Die bürokratis­chen Hürden gehören zugunsten einer Beweislast­umkehr bei der Anlagebera­tung abgeschaff­t. Damit wird der Anleger geschützt, gleichzeit­ig haben die Finanzdien­stleister wieder Zeit zu beraten und nicht nur zu verwalten und Formulare auszufülle­n.

● Auch die Abgeltungs­teuer auf Dividenden gehört reformiert. Hier liegt aktuell eine massive Doppelbest­euerung vor. Die Rückkehr zum sogenannte­n Halbeinkün­fteverfahr­en scheint hier zusammen mit einer deutlichen Erhöhung des Sparerfrei­betrages notwendig, damit der Deutsche, der einen Teil seiner Altersvors­orge durch Sparen und Anlegen im Sinne und zugunsten der Allgemeinh­eit übernimmt, nicht bestraft wird.

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Der Dax stieg zuletzt. Doch der Staat legt Anlegern Steine in den Weg, sagt unsere Kolumnisti­n.

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