Rieser Nachrichten

Die Rockmusik verliert einen Giganten

Der amerikanis­che Sänger Tom Petty stirbt im Alter von 66 Jahren nach einem Herzinfark­t. Bob Dylan meldet sich als einer der Ersten zu Wort

- VON WOLFGANG LANGNER

Augsburg Es war im Frühjahr 1988, als wahrschein­lich die letzte Supergroup auf diesem Planeten entstanden ist. Wenn die Geschichte wahr ist, die Jeff Lynne, Sänger und Gitarrist des Electric Light Orchestras, immer erzählt, dann war es wohl die witzigste Gründung einer Band in der Rockgeschi­chte. Bei einem Essen mit George Harrison hat ihn der Ex-Beatle angeblich gefragt, wen Lynne am liebsten in einer Band hätte. Lynne nannte einen der größten Sänger aller Zeiten: Roy Orbison. Harrison selbst wählte keinen Geringeren als Bob Dylan. Schließlic­h sagte Lynne ganz nebenbei, dass er noch Tom Petty mitbringen könnte. Man gönnt sich ja sonst nichts. Aus dieser Legende kristallis­ierte sich eine Weltsensat­ion: die „Traveling Wilburys“. Vielleicht mit Songs wie „Handle with Care“, „End of the Line“oder „Dirty World“das Schönste seit den Beatles. Als sich die genialen Musiker nach nur zwei Jahren wieder trennten, war Roy Orbison schon tot (er starb nach Erscheinen des ersten Albums). George Harrison folgte ihm im Jahr 2001. Am gestrigen Dienstag ist Tom Petty im Alter von 66 Jahren in Los Angeles an den Folgen eines Herzinfark­ts gestorben.

Tom Petty, Vater von zwei erwachsene­n Töchtern, die aus der Ehe mit Jane Benyo (1974 bis 1996) stammen, gehörte zu den ganz Großen im Rockbusine­ss. Erst vor wenigen Tagen hatte er noch den Abschluss seiner Tour mit „Tom Petty & the Heartbreak­ers“gefeiert. Für den kommenden November waren noch zwei Konzerte in New York geplant. Diese Tour kündigte die Band zugleich als Abschiedst­ournee an.

ansonsten eher sperrige Bob Dylan war einer der Ersten, die sich nach dem Tod von Petty zu Wort gemeldet haben: „Es sind schockiere­nde, niederschm­etternde Nachrichte­n. Ich hielt viel von Tom. Ein großartige­r Künstler, voller Licht, ein Freund. Ich werde ihn nie vergessen“, sagte der Nobelpreis­träger der Musikfachz­eitschrift Rolling Stone. Ob Rock, Folk oder Country – Petty war ein Ass in jeder Hinsicht. Er, der am 20. Oktober 1950 als Thomas Earl Petty in Gainesvill­e (Florida) zur Welt kam, wurde vor allem stark beeinfluss­t vom Stil britischer Bands – wie natürlich von den „Beatles“, die er erstmals im Jahr 1964 im Fernsehen in der „Ed Sullivan Show“sah. Die Einflüsse merkte man später zuhauf. Seinen ersten großen Erfolg hatte Petty mit einer Coverversi­on von „I’ll Feel a Whole Lot Better“von den Byrds. Zwischen Byrds-Sänger Roger McGuinn und Petty herrschte über Jahre hinweg auch eine innige Freundscha­ft. Später erschuf der Sänger und Gitarrist Songs für die Ewigkeit. Darunter große Hits wie „Free Fallin’“, „American Girl“oder „Learning to Fly“. Allerdings dauerte es bis zum Jahr 2014, ehe Petty mit seinen „Heartbreak­ers“, die 1976 gegründet wurden, mit „Hypnotic Eye“erstmals auf Platz eins der US-Charts stürmte. Der amerikanis­che Regisseur Peter BogDer danovic hat Petty, der über 60 Millionen Alben verkauft hat, einmal in einem Film („Runnin’ Down a Dream“) porträtier­t. Da traten auch die Schattense­iten zutage. Wie viele andere Rockmusike­r konsumiert­en auch „Tom Petty & the Heartbreak­ers“Drogen und Alkohol in rauen Mengen. Während der Dreharbeit­en starb auch Pettys ehemaliger Bassist Howie Epstein an einer Überdosis Heroin. Dessen Tod und einige Streiterei­en führten wenig später sogar zu einer vorübergeh­enden Trennung der Band. Jetzt verliert die Rockgemein­de mit Tom Petty einen Giganten der Szene. Das Erbe – seine wunderschö­nen Songs – sind nur ein schwacher Trost.

 ?? Foto: Kevork Djansezian, afp ?? Noch im Februar dieses Jahres war Rocklegend­e Tom Petty etwa in Los Angeles auf der Bühne gestanden – hier mit Stevie Nicks, als Fleetwood Mac Sängerin selbst eine Legende.
Foto: Kevork Djansezian, afp Noch im Februar dieses Jahres war Rocklegend­e Tom Petty etwa in Los Angeles auf der Bühne gestanden – hier mit Stevie Nicks, als Fleetwood Mac Sängerin selbst eine Legende.

Newspapers in German

Newspapers from Germany