Wie steht es um die deutsche Einheit?
Für Politiker aus dem Landkreis hat der Feiertag nach wie vor eine hohe Bedeutung
Nördlingen Wie steht es um die deutsche Einheit, wenn in den östlichen Bundesländern die rechtspopulistische AfD bei der Bundestagswahl teilweise die stärkste Partei wurde? Aktuelle Umfragen zeigen, dass es offensichtlich mit der Einheit in den Köpfen der Deutschen nicht weit her ist. Die Rieser Nachrichten fragten bei führenden Politikern aus dem Landkreis nach, was sie mit dem gestrigen Feiertag verbinden.
Für den CSU-Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange hat der Tag nach wie vor eine große Bedeutung. Nicht zuletzt deshalb, weil es in seiner Familie noch vor der Wende verwandtschaftliche Beziehungen nach Ost-Berlin gab. Trotz aller Probleme sei die deutsche Einheit eine großartige Sache und ein Symbol für Demokratie und Freiheit. Das aktuelle Wahlverhalten vieler Ostdeutscher müsse freilich Anlass zum Nachdenken sein. Den Hauptgrund hierfür sehe er in den Verlustängsten, die es in großen Teilen der ostdeutschen Bevölkerung gebe, so Lange. „Für uns als verantwortliche Politiker ist es eine wichtige Aufgabe, die Sorgen und Ängste unserer ostdeutschen Mitbürger ernst zu nehmen“. Auch vor diesem Hintergrund komme dem Tag der Deutschen Einheit eine wichtige Bedeutung zu.
Ähnlich sieht es der SPD-Unterbezirksvorsitzende im Landkreis Donau-Ries, Christoph Schmid. Die Belange der Ostdeutschen noch stärker in den Fokus zu rücken, darin sieht der Alerheimer Bürgermeister eine wesentliche Aufgabe der Politik. Allerdings stelle das Wahlverhalten in den östlichen Bundesländern die Einheit Deutschlands keinesfalls in Frage. Er selbst habe die Teilung beider deutscher Staaten als 14-Jähriger hautnah erlebt, als er mit seinem Vater 1988 in West-Berlin gewesen und mit der Mauer als Symbol der deutschen Spaltung konfrontiert worden sei. Von daher erfülle ihn der Tag der Deutschen Einheit mit Dankbarkeit. Gleichzeitig sei er eine Verpflichtung, seitens der Politik noch mehr für gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen den westlichen und östlichen Bundesländern zu tun.
Landrat Stefan Rößle denkt am Einheits-Feiertag immer wieder mal an seine Zeit als Student an der Beamtenfachhochschule
in den
80er Jahren, wo man über die damals noch bestehenden zwei deutschen Staaten geredet und diskutiert habe. Seitens der Professoren sei den Studenten jedoch gleichzeitig erklärt worden, eine Wiedervereinigung wäre unter den gegebenen Umständen völlig unrealistisch. „Dass es wenige Jahre später ganz anders gekommen ist, erfüllt mich heute noch mit Freude und Zufriedenheit“, so der Landrat, der freilich die aktuellen Probleme der Menschen im Osten nicht ausblenden will. Bezogen auf das aktuelle Bundestagswahlergebnis warnte Stefan Rößle davor, alle AfD-Wähler als Ideologen oder Rechtsextreme zu bezeichnen. Viele hätten ihr Kreuz bei dieser Partei gemacht, weil ihr Gerechtigkeitsgefühl gestört sei. Weniger Verdienst als im Westen, weniger Rente und nicht zuletzt die Angst vor Überfremdung durch die Flüchtlinge – all das habe seiner Ansicht nach zu dem Wahlverhalten beigetragen. Die künftige Bundesregierung müsse die Belange des „kleinen Mannes“viel ernster nehmen als bisher. Das gelte auch für die Kommunalpolitik vor Ort, sagte der Landkreischef.