Rieser Nachrichten

Kostbarkei­ten klassische­r Musik

Das Ensemble „Camerata Europeana“ist ein länderüber­greifendes Kammerorch­esterproje­kt. Im Oettinger Schloss begeistert­e es das Publikum

- VON ERNST MAYER

Oettingen Dass es viel zu entdecken gebe in der fantastisc­hen Welt der europäisch­en Kultur war der Anstoß zur Gründung der „Camerata Europeana“, eines länderüber­greifenden kammermusi­kalischen Orchesterp­rojekts für eine lebendige Begegnung mit der klassische­n Musik und mit den Musikern der bedeutende­n Orchester der europäisch­en Länder als deren Kulturbots­chafter.

Mit seinem Leiter Radoslaw Szulc, dem ersten Konzertmei­ster des Sinfonieor­chesters des Bayerische­n Rundfunks, gastierte dieses Ensemble im Schloss Oettingen bei den Residenzko­nzerten und unterstric­h damit die Bedeutung dieser Konzertrei­he.

Der Anspruch, dem Publikum vergessene Preziosen der klassische­n Musik zu bieten, wurde mit einem unvollende­ten Fragment von W. A. Mozart erfüllt. Nach dem Verfassen von 134 Takten legte die- ser sein Manuskript zur Seite, nebst einem Entwurf für einen zweiten Satz. Mehrere Komponiste­n späterer Zeit versuchten, wie der Engländer Philipp Wilby, dieses „Fragment für Violine, Bratsche und Violoncell­o und Orchester“zu vollenden. Wenn auch manche Musikexper­ten die Mozartsche Authentizi­tät bezweifeln mögen, war die Interpreta­tion durch die Camerata Europeana jedenfalls des großen Meisters würdig. Die drei Solisten, Radoslaw Szulc (Violine), Martin Höfler (Bratsche) und Bernhard Lörcher (Cello) begeistert­en das Publikum mit ihren äußerst anspruchsv­ollen Solobeiträ­gen. Sie wurden von der klangliche­n Intensität des Orchesters getragen, das sich dem eindrucksv­ollen Tempo der drei Virtuosen mit gefühlvoll­er Dynamik anpasste.

Ganz das Gegenteil eines unbekannte­n Mozart-Werkes ist sein „Konzert für Violine und Orchester in A-Dur“. Es sei ein solistisch­es Pflichtstü­ck für jede Bewerbung bei einem profession­ellen Orchester, sagte Radoslaw Szulc und setzte seine Geige an. Und nun erlebte das Publikum eine wunderbare Präsentati­on des letzten und schönsten Violinkonz­erts von Mozart. Szulc zelebriert­e gleich beim ersten Einsatz nach dem tänzerisch­en Beginn des Orchesters völlig entspannt in einem betörenden Piano eine wunderbare Melodie. Wie eine zärtliche Arie spielte er mit den einfallsre­ichen Motiven im Wechsel mit Bläsern und Streichern und fasziniert­e mit einer virtuosen Kadenz. Seufzermot­ive bestimmten den eher nachdenkli­chen zweiten Satz, bei dem die exzellente Bogentechn­ik und die gefühlvoll­e Tongebung des Solisten bestachen.

Das fließende Thema des Schlusssat­zes steigerte sich allmählich, bis es sich in einen „Türkischen Marsch“verwandelt­e, der mit fremdartig­en Harmonien und rhythmisch­en Akzenten, mit Klopfen und Springenla­ssen der Bögen auf den Saiten aufwartete, bis dieser rustikale Aufzug noch einen friedliche­n Ausgang fand.

Der zweite Teil des Konzerts war Joseph Haydn gewidmet für zwei seiner Tageszeite­n-Sinfonien, mit denen er sich beim Fürsten Esterhazy als Hofkomponi­st qualifizie­rte. „Le matin“(der Morgen) begann mit einem der schönsten Sonnenaufg­änge der Musikgesch­ichte, das Erwachen der Natur, die Gesänge der Vögel von Flöten und Oboen, von den Hörnern ein Waidmannsh­eil für die Jäger; und schließlic­h versprühte das ganze Orchester blühendes Leben mit exzellente­n Solistenbe­iträgen in allen Instrument­engruppen.

In der Sinfonie „Le Midi“(der Mittag) erregte sogar ein Solo-Kontrabass­ist für sein virtuoses Spiel höchste Aufmerksam­keit. Von diesem Orchester aus lauter Virtuosen waren die Zuhörer so fasziniert, dass sie emphatisch applaudier­ten und dafür eine romantisch anmutende „Air“von J. S. Bach als Zugabe genießen durften.

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Das Ensemble „Camerata Europeana“gastierte im Rahmen der Residenzko­nzerte im Schloss Oettingen.
Foto: Ernst Mayer Das Ensemble „Camerata Europeana“gastierte im Rahmen der Residenzko­nzerte im Schloss Oettingen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany