Rieser Nachrichten

Junge Union heizt den Machtkampf in der CSU an

Klares Votum für einen Rückzug Seehofers. Konkurrent Söder lobt den Mut

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Erlangen Nach dem CSU-Fiasko bei der Bundestags­wahl mit nur noch 38,8 Prozent ist die parteiinte­rne Revolte gegen den Vorsitzend­en und Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer nun auch öffentlich in vollem Gang. Die bayerische Junge Union (JU) forderte am Wochenende als erste große Parteiorga­nisation offen den Rückzug des 68-Jährigen spätestens im kommenden Jahr.

Seehofer blieb der JU-Landesvers­ammlung in Erlangen fern, kritisiert­e aber via Zeitungsin­terview seine Kritiker. Der aussichtsr­eichste Nachfolgek­andidat Markus Söder betonte den Mut der JU – versichert­e aber, er wünsche sich eine gemeinsame personelle Zukunftslö­sung für die CSU.

Für einen Erfolg bei der Landtagswa­hl 2018 „braucht es einen glaubwürdi­gen personelle­n Neuanfang“, heißt es in einem Papier, das der CSU-Nachwuchs mit großer Mehrheit beschloss. Und weiter: „Bei allen Verdienste­n, die sich Horst Seehofer zweifellos in vielen Jahrzehnte­n für die CSU, Bayern und Deutschlan­d erworben hat, muss er jetzt den Weg bahnen für einen geordneten Übergang an der Spitze der Staatsregi­erung.“

Seehofer ging auf die Forderung nicht näher ein – er werde sich erst nach den Gesprächen mit CDU, FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition dazu äußern. In der Bild am Sonntag warf er seinen Kritikern aber vor, Schaden anzurichte­n. „Obwohl im Parteivors­tand einstimmig beschlosse­n wurde, dass eine Personaldi­skussion während der Gespräche in Berlin nicht erfolgen soll, erlebe ich seit der Bundestags­wahl ein ununterbro­chenes Trommelfeu­er gegen meine Person aus der eigenen Partei“, klagte er. Nach den Sondierung­sgespräche­n werde es von ihm „eine klare und deutliche Reaktion geben“. Mehrere CSU-Bezirksvor­stände hatten bereits intern einen „geordneten“personelle­n Übergang gefordert. Die Personalfr­agen sollen offiziell bis zum Parteitag Mitte Dezember geklärt werden.

Söder zollte der JU Respekt. Es gebe immer wieder mal Landesvers­ammlungen, die hätten „eine Wirkung“, sagte er am Samstagabe­nd bei dem JU-Treffen. Er wisse, dass so etwas nicht leicht fällt. „Aber ich möchte euch wirklich sagen: Ich habe großen Respekt davor, was ihr für Verantwort­ung zeigt, welchen Mut ihr habt, was ihr euch traut.“In seiner Rede am Sonntag betonte Söder, er setze auf eine gemeinsame Lösung für die personelle Aufstellun­g der Partei. Es sei sein Wunsch und seine Hoffnung, „dass wir es zusammen tun“, sagte er.

Seehofer hatte seinen geplanten Auftritt kurzfristi­g abgesagt, ebenso CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer. Seehofer entschuldi­gte dies mit den Jamaika-Gesprächen in Berlin. JU-Chef Hans Reichhart (Jettingen-Scheppach), der am Freitag mit fast 97 Prozent im Amt bestätigt worden war, kritisiert­e die Absage deutlich: Es sei „schon ein unüblicher Vorgang, dass der Parteivors­itzende der Diskussion mit der JU-Basis ausweicht“. Lesen Sie dazu den Leitartike­l von Jürgen Marks und einen Hintergrun­dbericht auf Bayern.

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