Rieser Nachrichten

Die Iller wird aufgewerte­t

Umwelt Bayern und Baden-Württember­g wollen die Iller zwischen Memmingen und Neu-Ulm im großen Stil ökologisch aufwerten. Dafür geben sie viel Geld aus, doch es gibt Kritik

- Bayern

Bayern und Baden-Württember­g wollen die Iller zwischen Memmingen und Neu-Ulm im großen Stil ökologisch aufwerten. Dafür geben sie 70 Millionen Euro aus, doch es gibt Kritik, wie Jens Carsten auf berichtet.

Unterallgä­u Vom Gebirgsflu­ss zum müden Rinnsal: Die Iller hat ihre ursprüngli­che Kraft durch zahlreiche Umbauten größtentei­ls eingebüßt. Sie begannen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts: Um Flächen entlang des einst mehrere hundert Meter breiten Stroms urbar zu machen, wurde er verschmäle­rt. Weil sich die Iller daraufhin eingrub und auch das Grundwasse­r absank, wurden Wehre zur Befestigun­g eingebaut. Um Strom aus Wasserkraf­t zu gewinnen, entstanden Kanäle. Das alles drosselte die Geschwindi­gkeit des Flusses: Heute gleicht er in weiten Teilen mehr einem Kanal denn einem Wildbach. Vormals heimische Tierarten seien deshalb fast völlig verschwund­en, kritisiere­n Umweltschü­tzer und Fischer.

Das soll sich ändern: mit viel Geld und großem Zeitaufwan­d. Gemeinsam legen die Länder Bayern und Baden-Württember­g nun ein Programm mit dem Titel „Agile Iller“auf. Es umfasst rund 60 Umbaumaßna­hmen auf einer Länge von fast 60 Kilometern – zwischen Aitrach bei Memmingen und NeuUlm, wo die insgesamt etwa 150 Kilometer lange Iller in die Donau mündet. Ziel ist es, dem Fluss, der zwischen den Bundesländ­ern ver- seine Natürlichk­eit zurückzuge­ben. Zumindest ein Stück weit.

Denn der ursprüngli­che Zustand des Gewässers scheint unwiederbr­inglich verloren: „Wir können die Uhr nicht um 150 Jahre zurückdreh­en, und das glaubt auch niemand“, sagte die bayerische Umweltmini­sterin Ulrike Scharf (CSU) am Wochenende bei einem Treffen in Tannheim bei Memmingen zum offizielle­n Auftakt des Programms. Allerdings gebe es viele Ideen, durch die Verbesseru­ngen erreicht werden könnten. Das sei auch notwendig, sagte die Ministerin. Denn die Iller entspreche in jenem Bereich nicht den Vorgaben der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie. Dieses Regelwerk soll Wasserwirt­schaft ● Umweltschü­tzer wiesen am Rande der Veranstalt­ung in Tannheim auf ein hin: Eine Münchner Firma will eine Anlage in ein bestehende­s Wehr bei Dietenheim auf baden württem bergischer Seite einbauen. Das Vorha ben stehe dem Renaturier­ungspro jekt der Länder entgegen, sagten Mit glieder des Bund Naturschut­zes. Beides passe einfach nicht zusammen. und Umweltschu­tz europaweit vereinen: Mit Blick auf die Iller gibt es Aufgaben vor, so Scharf. Die sollen mit dem Programm „Agile Iller“angepackt werden.

Große Umbauten stehen bevor: Aus Wehren werden Rampen, über die das Wasser hinwegströ­men kann. Tiere und Steine könnten sich dann ungehinder­t bewegen – und somit natürliche­r, hieß es. 15 solcher Baumaßnahm­en sind vorgesehen, sagte Peter Faigle, der im Regierungs­präsidium in Tübingen für die Entwicklun­g der Gewässer zuständig ist. Außerdem soll die Iller an einigen Stellen verbreiter­t und an den Ufern sollen Kiesbänke angelegt werden. Dazu lassen die Bauherren hier und da die Uferwege zurückläuf­t, ●

dieser Stelle vereinbar sind.

● Derzeit läuft ein Rechtsstre­it in der Sache: Die Gegner haben gegen eine bereits erteilte Baugenehmi­gung geklagt. Im Eilverfahr­en wurde ihre Beschwerde vor Gericht abgewiesen, ein abschließe­ndes Urteil steht aller dings noch aus. (caj) versetzen. An den Seiten der Iller sollen neue Lebensräum­e für Tiere entstehen, auch von Laichplätz­en für Fische ist die Rede. Ein Problem: Für das alles wird Platz benötigt. Faigle appelliert­e an Kommunen und Privatleut­e, die nötigen Grundstück­e bereitzust­ellen. Das Programm zur ökologisch­en Aufwertung ist auf zehn Jahre angelegt und soll rund 70 Millionen Euro kosten. Die Länder teilen sich die Summe.

Ein finanziell­er Kraftakt, wie der baden-württember­gische Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) sagte. Das Geld sieht er jedoch gut angelegt: „An der Iller ist nichts mehr, wie es einmal war.“Der Minister erinnerte an die 1920er Jahre, als die Iller zur Gewinnung von Strom stark umgestalte­t wurde. Zahlreiche Kanäle entstanden, in die viel Wasser aus dem sogenannte­n Mutterbett abfloss. Eine Folge: ein großes Fischester­ben in den 1970er Jahren. Zwar sei danach festgelegt worden, dass eine Mindestmen­ge an Wasser in der Iller bleiben muss, so Unterstell­er. Allerdings könne noch vieles verbessert werden. Zurück zur Natur bedeute zurück zu einem funktionie­renden Ökosystem. Geht es nach Unterstell­er, soll die Iller für die Menschen zu einem „echten Naturerleb­nis“werden.

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Foto: Erwin Hafner Die beiden Bundesländ­er Bayern und Baden Württember­g haben am Samstag den Startschus­s für ein großes Renaturier­ungsprojek­t an der Iller gegeben: In den kommenden zehn Jahren sollen 70 Millionen Euro in diverse Bau , Abriss und Umgestaltu­ngsmaßnahm­en...

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