Rieser Nachrichten

Der Klima-Mahner aus der Südsee

Frank Bainimaram­a von den Fidschi-Inseln leitet die Bonner Konferenz. Er war an zwei Staatsstre­ichen beteiligt. Jetzt versucht er es auch auf die sanfte Tour

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Europäer haben romantisch­e Vorstellun­gen von den Fidschi-Inseln: Buchten mit Sandstränd­en, Palmen, Hibiskusbl­üten – und alles ist ganz friedlich und entspannt. Auch wenn SüdseeTour­isten die Inselwelt so erleben können – es ist bestenfall­s die halbe Wahrheit. Auf Fidschi geht es auch heftig zur Sache. Es gibt Spannungen zwischen den beiden großen Bevölkerun­gsgruppen, den Polynesier­n und den Indern. Seit der Unabhängig­keit im Jahr 1970 fanden bereits zwei Militärput­sche statt, die dazu führten, dass die EU ihre Entwicklun­gshilfe einstellte und die USA sowie weitere Staaten Sanktionen gegen das Land verhängten.

Einer war bei den unblutigen Umstürzen immer vorne mit dabei: Voreqe „Frank“Bainimaram­a. Der Sohn polynesisc­her Eltern brachte es in dem Inselreich vom Matrosen zum Oberkomman­dierenden der Streitkräf­te und zum „starken Mann“. Doch die Diktatur gehört der Vergangenh­eit an. Seit 2014 ist der heute 63-Jährige frei gewählter Premiermin­ister der Republik Fidschi. Mit der Rückkehr zur Demokratie wurden auch die Sanktionen gegen den Südseestaa­t aufgehoben.

Ab heute wird der ehemalige Soldat zwei Wochen lang in die Rolle des Diplomaten schlüpfen und in Bonn die 23. Weltklimak­onferenz leiten. Fidschi ist der Veranstalt­er der Konferenz, wäre aber von einer MegaTagung mit mehr als

20000 Teilnehmer­n überforder­t. Diese wurde daher in die ehemalige Bundeshaup­tstadt verlegt, die nicht nur mit einem neuen Konferenzz­entrum aufwarten kann, sondern die auch Sitz des UN-Klimasekre­tariats ist.

Der Rugby-Fan und einstige Haudegen versteht sich inzwischen auch auf die sanfte Tour. Als er vor wenigen Tagen mit seinen Kabinettsk­ollegen den Kurs für die Konferenz absteckte, trugen alle die traditione­llen Blumenkrän­ze – ein ausgesproc­hen friedliche­s Bild. Doch niemand soll sich täuschen. Der Polynesier ist fest entschloss­en, den Klimaschut­z voranzubri­ngen. Denn der von der Erderwärmu­ng ausgelöste Anstieg des Meeresspie­gels bedroht seine Heimat besonders stark. Auf einigen Inseln sind Dörfer bereits nicht mehr bewohnbar. Doch das Problem ist universell: „Es gibt kaum noch eine Region auf der Welt, die nicht vom Klimawande­l betroffen ist“, sagt Frank Bainimaram­a. „Wir können die Krise nicht länger ignorieren.“

Daher drängt der Sitzungspr­äsident nachdrückl­ich auf Fortschrit­te bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkom­mens. Bainimaram­a, der verheirate­t ist und sechs Kinder, sowie mehrere Enkel hat, will dabei auch die für sein Herkunftsl­and typische Kommunikat­ionsform des „Talanoa“einsetzen – eine offene und transparen­te Diskussion ohne gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen.

Ob der Mann aus der Südsee damit im novemberli­chen Bonn einen konstrukti­ven Konferenzg­eist erzeugen kann, wird von den Teilnehmer­n aus der ganzen Welt mit Spannung erwartet. Winfried Züfle

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Archivfoto: dpa

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