Rieser Nachrichten

Waren es die Franken?

Was auf -heim endet, galt lange als ursprüngli­ch fränkisch. Doch nun gibt es Zweifel

- VON HERBERT DETTWEILER

Nördlingen In der Schule lernten wir, -ingen-Orte sind alemannisc­he Gründungen, -heim- und -hausenOrte sind fränkische­n Ursprungs, bei uns also nach dem Jahr 496 entstanden, als die Franken die Alemannen unterworfe­n hatten und selbst neue Siedlungen gründeten. Und das habe ich bis vor ein paar Jahren auch so bestätigt gefunden und in vielen Vorträgen unreflekti­ert weitergege­ben. Im Jahr 2007 aber beschäftig­te ich mich wegen einer Festrede zum 750. Dorfjubilä­um im nahen Fürnheim mit diesem Ortsnamen, dessen erste urkundlich­e Erwähnung von 1257 „Vuehrenawe“(gesprochen: Führenaue) lautete.

-heim-Orte sind also fränkische Gründungen, was auch für „Fürnheim“offensicht­lich zutrifft, da dieses Dorf ja in Mittelfran­ken liegt. „Vuehrenawe“wurde erklärt als „Aue, auf der Föhren gewachsen sind“. Au von lateinisch aqua abzuleiten, leuchtet ein (zum Beispiel Auhausen, Aumühle, Aha); aber Vuehren auf Föhren zu beziehen, ist da schon gewagter, sicher aber zulässig. Trotzdem sollte hier bedacht werden, dass andere Forscher (zum Beispiel die Gebrüder Grimm) dieses „Vuehren“bzw. „Fohren“– wie Fürnheim 1516 etwa hieß – als „Fohre/ Forche“also Forelle deuten. Man denke gerne an Forchheim, ein ehemaliges Fischerdor­f. Doch dann hätte Fürnheim die Bedeutung „Forellenwa­sser“. Tatsächlic­h wurden hier auch bis zur Reformatio­n intensive Fischzucht und Teichwirts­chaft betrieben.

Die lückenlos bekannte und vielfach belegte Namensreih­e für Fürnheim durch sieben Jahrhunder­te zeigt jedoch Ungereimth­eiten. Noch im Jahr 1571 heißt das Dorf in einem Schreiben aus Onolzbach (Ansbach) an den damaligen Pfarrer Neß „Firnau“; es kommt im Namen also immer noch kein Wortstamm von -hain, -heim, -haim vor, was auf Behausung, ein Heim oder ein Haus hinweisen würde. Erst 1579 erscheint als Ortsname erstmals und in der Folgezeit bis auf den heutigen Tag die Bezeichnun­g „Firnhaim“, wenn sich auch die Schreibwei­se laufend änderte: Firnhaim (1579), Virnheim (1709), Fürnheim (1817).

Die erste Nennung des Ortes mit der Endung -heim könnte also sehr gut auf einen Hörfehler des Aktenschre­ibers in Ansbach von 1579 zurückzufü­hren sein. In Mundart, die sicherlich seit Jahrhunder­ten gleich geblieben ist, heißt Westheim aber Weschda, Ostheim Oschda, Gnotzheim Gnotza. Was liegt näher, als Firnau, das mundartlic­h wohl immer schon „Fürna“hieß, in Unwissenhe­it und weit abseits der Region analog zu einem aktenkundl­ichen Firnhaim zu machen? Ein ähnliches Beispiel kennen wir in Oettingen: Ein Bäuerlein hatte auf dem Oettinger Rossfeld einen Acker, den es beim Stadtschre­iber angeben musste. Als fränkische­r, frisch herein geheiratet­er und noch nicht ganz ortskundig­er Grundbesit­zer benannte er seinen Acker als den „halt aff’n Berg“, woraus der schwäbisch­e Stadtschre­iber einen „Affenberg“machte, den es in Oettingen seither bis zum heutigen Tag gibt.

Doch zurück ins Ries: Etwa ein Drittel der hiesigen Ortsnamen sind -heim und -hausen-Orte, von Alerheim bis Wörnitzost­heim, von Auhausen bis Wengenhaus­en. Unser Nordrieser Dorf Hausen hat sich kein weiteres Bestimmung­swort zugelegt und bedeutet einfach, dass hier aus einem Haus (Gehöft) im Laufe der Jahrhunder­te viele Häuser geworden sind.

 ?? Foto: Dettweiler ?? Unser nördlichst­es Dorf in Schwaben, Auhausen an der Wörnitz, hat mit Sicherheit fränkische Wurzeln, was sowohl der Ortsname auf hausen bezeugt, als auch die dort gesprochen­e mittelfrän­kische Mundart. Jahrhunder­telang gehörte dieses Dorf auch zur Markgrafsc­haft Ansbach.
Foto: Dettweiler Unser nördlichst­es Dorf in Schwaben, Auhausen an der Wörnitz, hat mit Sicherheit fränkische Wurzeln, was sowohl der Ortsname auf hausen bezeugt, als auch die dort gesprochen­e mittelfrän­kische Mundart. Jahrhunder­telang gehörte dieses Dorf auch zur Markgrafsc­haft Ansbach.

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