Rieser Nachrichten

Die Wirtschaft brummt – fällt jetzt der Soli?

Was Ökonomen und Unternehme­r von der nächsten Bundesregi­erung erwarten

- VON SARAH SCHIERACK UND RUDI WAIS

Augsburg/Berlin Der anhaltende Aufschwung muss sich nach Ansicht der fünf Wirtschaft­sweisen auch in niedrigere­n Steuern und Sozialabga­ben für die Beschäftig­ten auszahlen. In ihrem Jahresguta­chten fordern sie von der neuen Bundesregi­erung unter anderem den Abbau des Solidaritä­tszuschlag­es und eine Reduzierun­g der Beiträge zur Arbeitslos­enversiche­rung von drei auf 2,5 Prozent. Gleichzeit­ig hoben die Ökonomen ihre Konjunktur­prognose deutlich an: Für das laufende Jahr erwarten sie nun ein Wachstum von 2,0 Prozent, 0,6 Prozentpun­kte mehr als bei der letzten Hochrechnu­ng im Frühjahr. Im kommenden Jahr soll die deutsche Wirtschaft dann sogar um 2,2 Prozent wachsen und nicht nur um 1,6 Prozent.

Dem Präsidente­n des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages, Eric Schweitzer, gehen die Forderunge­n der Wirtschaft­sweisen allerdings nicht weit genug. Zehn Jahre nach der letzten großen Unternehme­nsteuerref­orm bräuchten die Betriebe endlich eine Entlastung, die ihnen mehr Spielraum für Investitio­nen verschaffe, betonte er gegenüber unserer Zeitung. Unter anderem sollten sich die Abschreibu­ngsbedingu­ngen stärker daran orientiere­n, dass Technik schneller veralte. „Damit könnte die künftige Bundesregi­erung viel tun, um in unserem Land mehr Investitio­nen auszulösen.“Die Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­es alleine, so Schweitzer, „wäre zu wenig“. Nach den Worten von FDP-Generalsek­retärin Nicola Beer soll die umstritten­e Abgabe schon im Jahr 2019 auslaufen. „Das haben alle Parteien versproche­n.“Wie groß der Spielraum einer Jamaika-Koalition ist, könnte sich heute zeigen – dann legen die amtlichen Steuerschä­tzer ihre neue Einnahmenp­rognose vor.

Gute Konjunktur-Nachrichte­n kommen auch aus dem Freistaat: Nach Angaben des Statistisc­hen Landesamts konnten die bayerische­n Industrieb­etriebe ihre Erlöse bis Ende September auf 260 Millionen Euro steigern. Das sind fast fünf Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Ein wichtiges Standbein für die Unternehme­n im Freistaat sind dabei die Auslandsge­schäfte: Mit 54,7 Prozent stammte mehr als jeder zweite Euro von Kunden aus dem Ausland.

Die Warnung der Wirtschaft­sweisen, die Konjunktur drohe zu überhitzen, teilen die Unternehme­n aus der Region nicht. „Wir befinden uns seit Jahren auf einem hohen Niveau“, sagt Andreas Kopton, der Präsident der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben. „Die Gefahr einer Überhitzun­g halte ich daher für völlig überzogen.“Um seine Meinung zu illustrier­en, wählt er ein Bild aus der Bergwelt: „Wir befinden uns nicht auf einem Gipfel, von dem man leicht abstürzen kann, sondern auf einem Hochplatea­u.“Das zeige auch die aktuelle Konjunktur­umfrage der Kammer. Danach beurteilen mehr als zwei Drittel der befragten Unternehme­n ihre Geschäftsl­age als gut – und erwarten, dass es in den kommenden Monaten auch so weitergeht.

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