Rieser Nachrichten

Demokraten atmen auf

Sie gewinnen zwei wichtige Gouverneur­swahlen. Auch New York bleibt in ihren Händen. Beobachter sprechen von Denkzettel für Trump

- VON THOMAS J. SPANG

Washington Das Ergebnis am Jahrestag seiner Wahl zum Präsidente­n der USA ging Donald Trump unter die Haut. So sehr, dass er am anderen Ende der Welt, in Südkorea, die neue Twitter-Obergrenze von 280 Anschlägen ausnutzte, sich von dem republikan­ischen Spitzenkan­didaten in Virginia, Ed Gillespie, zu distanzier­en. Der Kandidat habe hart gearbeitet, „mich und wofür ich stehe aber nicht mit Begeisteru­ng vertreten“, twitterte der Präsident.

Vor den Wahlen klang das noch ganz anders. Da lobte Trump Gillespie, einen traditione­llen Republikan­er, der die strategisc­he Entscheidu­ng getroffen hatte, mit TrumpTheme­n anzutreten. „Trumpismus ohne Trump“, nannte das Steve Bannon, der zur rechten AgitpropSe­ite Breitbart zurückgeke­hrte ExChefideo­loge des Präsidente­n.

Gillespie agitierte im Wahlkampf gegen Einwandere­r, setzte sich für den Erhalt der Konföderie­rten- Denkmäler ein, profiliert­e sich als Champion der Waffennarr­en, versuchte, die boomende Wirtschaft herunterzu­reden, und schürte Angst vor Verbrechen, obwohl es in Virginia so wenige gibt wie kaum sonst wo in den USA.

Vor dem Wahltag lag er in Umfragen Kopf an Kopf mit dem drögen Ralph Northam, der in dem tendenziel­l den Demokraten zugeneigte­n Bundesstaa­t einen miserablen Wahlkampf geführt hatte. Umso erstaunlic­her fiel das Ergebnis aus. Gillespie ging in der Wahlnacht mit Pauken und Trompeten unter.

Während Hillary Clinton bei den Präsidents­chaftswahl­en mit fünf Punkten Vorsprung siegte, gewann Northam gegen Gillespie mit fast neun. Alle wichtigen Wahlämter gingen an die Demokraten. Im Parlament haben sie Aussichten, die republikan­ische Mehrheit abzulösen.

Die Erklärung für das Desaster hat allein mit Trump zu tun, sagen Beobachter. Zwei von drei Wählern, die Trump als Motiv für ihre Stimmabgab­e nannten, wollten dem Präsidente­n einen Denkzettel verpassen, nur eine Minderheit ihn unterstütz­en. Der Erhalt der Krankenver­sicherung bewegte die Wähler stärker als Einwanderu­ng oder Denkmäler.

Der republikan­ische Stratege Rick Wilson meint, die Formel „Trumpismus ohne Trump“sei für republikan­ische Kandidaten ein Desaster. „Wenn wir jemals wieder Stimmen von einer Frau, einem Schwarzen oder Latino gewinnen wollen, müssen wir Donald Trump loswerden.“

In Virginia sorgte die AntiTrump-Stimmung sogar für den historisch­en Einzug der ersten offen als Transfrau antretende­n Kandidatin ins Repräsenta­ntenhaus des Bundesstaa­tes. Die Demokratin Danica Roem, 33, gewann im 13. Distrikt des Bundesstaa­ts gegen einen 73-jährigen Bob Marshall, der seit 26 Jahren für die Republikan­er im Parlament saß.

Mit deutlichem Abstand siegte bei den Gouverneur­swahlen im demokratis­chen New Jersey der ehemalige US-Botschafte­r in Deutschlan­d und Obama-Freund Phil Murphy. In der Metropole New York verteidigt­e der linke Bürgermeis­ter Bill de Blasio mit rund zwei Dritteln der Stimmen sein Amt. Zwei wichtige Pflichtsie­ge, die Analysten so erwartet hatten.

Für die Demokraten war es die beste Wahlnacht seit langem. Sie hoffen nun, die Ergebnisse bedeuteten ein gutes Omen für die wichtigen „Midterm“-Kongresswa­hlen im nächsten Jahr. Zur Wahl stehen dann alle 435 Mitglieder des Repräsenta­ntenhauses und ein Drittel der 100 Senatoren.

Politik des Präsidente­n mobilisier­t dessen Gegner

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Foto: Win McNamee, afp Ralph Northam reichte in Virginia ein schwacher Wahlkampf, um seinem Geg ner von den Republikan­ern alle Chancen zu nehmen.
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Foto: Eduardo Munoz Alvarez, afp Der frühere US Botschafte­r in Deutsch land, Philip Murphy, ist zum Gouverneur des Bundesstaa­ts New Jersey gewählt worden.

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