Alles ist möglich. Aucdas Gegenteil
Hintergrund Horst Seehofer steckt in der Klemme. Und mit ihm Partei. Denn die muss sich neu erfinden wenn sie zur alten Stärke zurückkehren will. Szenarien, wie das a en könnte, gibt es viele / Von Uli Bachmeier
Die Partei, die unter Horst Seehofer eine „neue CSU“werden sollte, sieht im Moment ziemlich alt aus: aufreibende Sondierungsgespräche in Berlin, zermürbende Ungewissheit in München. Im Landtag fiebern die CSU-Abgeordneten dem kommenden Samstag entgegen. Da will Seehofer sich der Diskussion stellen – über „Jamaika“, über den Absturz bei der Bundestagswahl und wohl auch über seine Person. Bleibt er? Tritt er ab? Bietet er eine Teilung der Macht an? Oder kommt es zu einem offenen Machtkampf mit seinem ehrgeizigen Widersacher Markus Söder? Alles scheint möglich, auch das Gegenteil.
Die Vorgeschichte
Ihre letzte große Führungskrise erlebte die CSU in den Jahren 2007/2008. Damals war die Partei in Umfragen zur Landtagswahl unter 50 Prozent gefallen und die Landtagsfraktion lastete dies dem Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber an. Er klammerte sich an seine Ämter, bis seine langjährigen Mitstreiter Günther Beckstein und Erwin Huber sich in einer „Nacht der langen Messer“in Wildbad Kreuth gegen ihn stellten. Stoiber kündigte seinen Rücktritt an, trat neun Monate später dann auch zurück und das Duo Beckstein/ Huber kassierte im Herbst 2008 eine deftige Wahlschlappe. Die CSU verlor erstmals nach 42 Jahren wieder ihre absolute Mehrheit im Landtag.
Als „weißer Ritter“kam Seehofer. Er wurde Parteichef und Ministerpräsident, bildete eine Koalitionsregierung mit der FDP und eroberte 2013 die absolute Mehrheit im Landtag zurück. Die Welt schien für die CSU wieder im Lot. Seehofer propagierte die „neue CSU“, die jünger, weiblicher und moderner werden sollte. Er glaubte sogar, es sich leisten zu können, für 2018 die „geordnete Übergabe“seiner Ämter ankündigen zu können. (Mittlerweile gibt er zu, dass das „ein Fehler“gewesen sei.)
Dann kam der Ärger: Verluste bei der Europawahl 2014, Flüchtlingskrise, Streit mit Merkel, Aufstieg der AfD. Zuletzt der Tiefpunkt: In Bayern stürzte die CSU bei der Bundestagswahl auf nurmehr 38,8 Prozent.
Das Problem
Jetzt steckt Seehofer in der Klemme – so wie Stoiber vor zehn Jahren. Doch gefühlt ist es für die CSU offenbar noch schlimmer als damals: In weiten Teilen der Partei gibt es die Befürchtung, dass die absolute Mehrheit im Landtag nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer verloren gehen könnte. Quer durch Europa wird der Abgesang auf die Volksparteien gesungen. Die CSU ist als die wohl erfolgreichste Regionalpartei der westlichen Welt so etwas wie der letzte Mohikaner. Ihr Anspruch, im Bund und in Europa als eigenständige Partei mitzureden, stützt sich auf ihre Alleinherrschaft in Bayern.
Die Erwartungen
Zusätzlich angeheizt wird die Aufgeregtheit in der Landtagsfraktion durch zwei Faktoren. Zum einen gibt es erhebliche Vorbehalte gegen eine Koalition mit den Grünen in Berlin. Zum anderen wächst der Unmut über Seehofers beharrliches Schweigen in der Personalfrage. Dass er während der Sondierungsgespräche den Rücken freihaben will, wird längst nicht mehr respektiert, bestenfalls zähneknirschend hingenommen.
Die vielen Söder-Anhänger in der Fraktion hoffen, dass Seehofer den Weg freimacht – zumindest für einen neuen Ministerpräsidenten, der die CSU als Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf 2018 führt. Die wenigen Söder-Gegner hoffen, dass es irgendeine andere Lösung gibt. Und dann gibt es da noch eine neutrale Gruppe der Mahner, die vor einer „offenen Feldschlacht“in der Partei warnen. Was also könnte geschehen? Was wird Seehofer vorschlagen?
Hier – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit – die wichtigsten Spekulationen und Szenarien zur nahen Zukunft Seehofers und der CSU:
Szenario I: Schneller Rücktritt
Nur einzelne Leute in der Fü rungsriege der CSU halten es möglich, dass Seehofer bereits Wochenende ankündigt, seine Ä ter als Parteichef und Ministerprä dent zur Verfügung zu stellen. oft und zu deutlich habe er im kl nen Kreis gesagt, dass er Söder Nachfolger unbedingt verhind wolle. Unvergessen ist in der Par auch ein Weihnachtsabend Journalisten im Jahr 2012, bei d er Söder, den er erst ein Jahr zu zum Finanzminister in Bayern fördert hatte, in offener Run „charakterliche Schwächen“u „Schmutzeleien“vorwarf. Ein ko pletter Rückzug Seehofers von s nen Ämtern würde Söder alle M lichkeiten eröffnen, Ministerprä dent und vielleicht sogar Parteic zu werden. Das will Seehofer nic Das wollen auch Teile der Par nicht.
Szenario II: Weiter wie bisher
Rein formal gesehen hat Seeho eine relativ starke Position. Als nisterpräsident kann er laut Verf sung jederzeit zurücktreten. muss aber nur dann zurücktret „wenn die politischen Verhältni ein vertrauensvolles Zusammen beiten zwischen ihm und dem Lan tag unmöglich machen“. Wenn sich also nicht überreden lä „freiwillig“zu gehen, müssten se Gegner in der CSU-Fraktion Landtag eine Mehrheit gegen organisieren. Das wäre offene R bellion mit unkalkulierbaren pol schen Folgen für die CSU.
Etwas anders liegt der Fall be Parteivorsitz. Beim Parteitag Nürnberg Mitte Dezember m der gesamte CSU-Vorstand neu wählt werden. Es könnte also z oder auch mehrere Kandidaten ben. Doch so einfach ist das in CSU auch wieder nicht. Seehofer seine Ankündigung, sich zur W derwahl zu stellen, bisher nicht re diert. Söder hat bisher stets gesa
ht gegen Seehofer antreten zu llen. Fordert er ihn dennoch hes, müsste der Machtkampf auf ener Bühne ausgetragen werden. nnoch glaubt kaum jemand in der tei, dass Seehofer beide Ämter rde verteidigen können. Warum? Lager Söders gibt es darauf eine ht eindeutige Antwort: „Weil alWasser zum Meer fließt.“
zenario III: oppelspitze
meisten spekuliert wird in der ktion über eine mögliche Teig der Macht. Die ArgumentatiWenn es in Berlin zu einer Jaika-Koalition kommt, dann muss en den Parteichefs von CDU, P und Grünen auch der CSUef am Kabinettstisch sitzen. Annfalls würde die CSU in der unohnten und völlig neuartigen gierungskoalition hoffnungslos Hintertreffen geraten. Seehofer nte zum Beispiel, so heißt es in nchen seit Tagen, das Amt des nisterpräsidenten in Bayern aufen und in Berlin für die CSU das beits- und Sozialministerium bepruchen. Das wäre auch das d, auf dem er den Populisten von AfD am effektivsten Paroli biekönnte.
mit Söder
lagartig Frieden gestiftet wäre in CSU, davon sind in der Landsfraktion fast alle überzeugt, nn Seehofer sich einen Ruck geund es der Fraktion überlassen rde, seinen Nachfolger im Amt Ministerpräsidenten zu bestimn. In diesem Fall sei es sehr hrscheinlich, so heißt es von ktisch allen Seiten, dass Söder ählt würde. Im Gegensatz zu anen möglichen Kandidaten wie rtschaftsministerin Ilse Aigner r Innenminister Joachim Herrnn bearbeite Söder schon seit lanZeit die Abgeordneten, ihn zu erstützen, sobald es so weit ist. altgedienter Abgeordneter chte es diese Woche auf die einhe Formel: „Es gibt ein Söder- Lager und es gibt ein Söder-GegnerLager. Das Söder-Gegner-Lager hat aber keinen Söder.“Die Lösung, die viele sich wünschen, dass Seehofer und Söder Seite an Seite den Karren ziehen, hat allerdings einen erheblichen Nachteil: Kaum einer glaubt, dass diese Doppelspitze funktionieren könnte.
… ohne Söder
Eine Doppelspitze ohne Söder gilt dagegen als kaum durchsetzbar. Selbst wenn Seehofer noch einmal alles, was er an Überzeugungskraft hat, in die Waagschale werfe und Aigner oder Herrmann für das Amt des Ministerpräsidenten vorschlage, werde er Söder nicht von der Macht fernhalten können. Da müsste er, so raunt ein Söder-Gegner, schon brutal auf Konfrontationskurs gehen und etwa sagen, was mit „charakterlichen Schwächen“und „Schmutzeleien“genau gemeint gewesen sei. Das aber sei schwer vorstellbar.
… ohne beide
Völlig abwegig aber, so meinen Gegner Söders, sei eine Doppelspitze ohne Söder auch wieder nicht. Der Parteichef, der in Berlin die Interessen der CSU vertritt, müsse nicht unbedingt Seehofer, er könnte auch Herrmann oder Dobrindt heißen. Oder es könnte eine Teamlösung geben mit einem Parteichef Manfred Weber in Brüssel, zwei Hochkarätern in Berlin (Dobrindt als Landesgruppenchef, Herrmann als Bundesinnenminister) und Ilse Aigner als Ministerpräsidentin in München. Wenn Seehofer seinen Rückzug von so einer Lösung abhängig macht, was dann?
Szenario IV: Machtkampf
Dann ist ein Machtkampf unausweichlich, weil – siehe oben – „alles Wasser zum Meer fließt“. Vielleicht müssen ja erst einmal die Fetzen fliegen, ehe sich ein Ausweg zeigt. So könnte es kommen oder anders.