Ganz neue Höllenpein
Archivbild: Verena Mörzl
Jeder zweite Mitmensch leidet unter beruflichem Stress. Stress schadet der Gesundheit, das ist bekannt. Weitgehend unbekannt ist aber eine zusätzliche Gefahr: Neue Studien beweisen, dass die andere Hälfte unseres Volkes zumindest zeitweise unter Langeweile leidet. Und Langeweile am Arbeitsplatz macht krank wie zu viel Stress.
Das waren noch einfache Zeiten, als der Arzt bei Patienten mit Tinnitus, Muskelzucken, Kopf- und Magenschmerzen die berufliche Überlastung als Ursache diagnostizieren konnte. Auf die Frage „Haben Sie Stress im Beruf?“antwortete der Patient mit einem kräftig zustimmenden „Ja!“. Die neue Erkundigung „Langweilen Sie sich vielleicht am Arbeitsplatz?“führt meist zur empörten Auskunft „Aber nein!“. Niemand will zugeben, dass er im Büro vor lauter Langeweile nur noch Nägel kaut.
Eine ganz neue Zeit ist angebrochen. Bisher war unser Volk in Ossis und Wessis, Linke und Rechte, in Kaffee- und Biertrinker, in Fitnessfreunde und Sportmuffel aufgeteilt. Jetzt stehen sich überall Gestresste und Gelangweilte gegenüber. Und dabei hat die Statistik noch nicht einmal jene Langeweile erfasst, die Eurydike meint, wenn sie in Jacques Offenbachs Oper „Orpheus in der Unterwelt“bekennt: „Himmel, welche Höllenpein! – Ich habe mich oft genug gelangweilt, besonders wenn Orpheus, mein Mann, mir Gesellschaft leistete.“