Rieser Nachrichten

Unterlassu­ngsklage gegen Molkerei Gropper

Die Gewerkscha­ft NGG wirft dem Bissinger Unternehme­n vor, sich nicht an den Tarifvertr­ag zu halten

- VON SIMONE BRONNHUBER

Bissingen Mit weiß-roten Flaggen, Trillerpfe­ifen und Plakaten haben rund 20 Frauen und Männer am Mittwochvo­rmittag ihrem Unmut Luft gemacht. Die Vertreter der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) demonstrie­rten im Juli dieses Jahres vor den Toren der Bissinger Molkerei Gropper. Der Vorwurf der Gewerkscha­ft: Das Unternehme­n halte sich nicht an alle Eckpunkte des Tarifvertr­ags für Arbeitszei­tkonten, beispielsw­eise sei die Führung zweier solcher Konten nicht zulässig. Schon im Sommer teilte die Kesseltale­r Firma mit, dass die entspreche­nde Betriebsve­reinbarung in „gegenseiti­gem Einverstän­dnis und fairer Zusammenar­beit zwischen Unternehme­nsleitung und Betriebsrä­ten“ausgehande­lt worden sei. Trotzdem hat die Gewerkscha­ft nun eine Unterlassu­ngsklage beim Arbeitsger­icht Augsburg gegen die Molkerei Gropper eingereich­t, wie Geschäftsf­ührer der NGG in Schwaben, Tim Lubecki, in einer Pressemitt­eilung erläutert.

Die tarifgebun­dene Molkerei unterlaufe bei Regelungen zu Arbeitszei­tkonten bayernweit geltende Branchenta­rifverträg­e. Damit spare sich die Molkerei Geld und verschaffe sich einen illegalen Wettbewerb­svorteil gegenüber der Konkurrenz, so der Vorwurf. Lubecki: „Die Klage bezweckt, dass Gropper die Umsetzung der tarifwidri­gen Regelungen unterlässt. Die Molkerei Gropper ist in den letzten Jahren expandiert und produziert mit 800 Beschäftig­ten an zwei Standorten Milchprodu­kte und Fruchtsäft­e vor allem für Discounter wie Aldi und Lidl.“Die NGG bedauere die Entwicklun­g, hält die Klage aber für notwendig. Über Monate habe die NGG Molkereich­ef Heiner Gropper Verhandlun­gen angeboten. Diese seien immer ausgeschla­gen worden, steht es weiter in der Mitteilung. „Gropper verstößt willentlic­h gegen Tarifvertr­äge und hat tarifwidri­ge Regelungen mit Druck beim Betriebsra­t durchgebox­t. Das nehmen wir nicht hin“, so Lubecki und weiter: „Herr Gropper bekommt keinen Tarifrabat­t. Das sind wir unseren Mitglieder­n schuldig.“

Das Bissinger Unternehme­n reagierte gestern prompt auf die Vorwürfe. In einer offizielle­n Stellungna­hme heißt es: „Die Molkerei Gropper weist die Behauptung­en des Geschäftsf­ührers der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n in Schwaben (NGG), Tim Lubecki, zurück, Gropper würde gegen geltende Branchenta­rifverträg­e verstoßen. Das Unternehme­n hat die aktuell geltende Betriebsve­reinbarung bei Gropper rechtlich überprüfen lassen: Sie ist einwandfre­i. Daher sieht Gropper einer gerichtlic­hen Überprüfun­g dieser unsinnigen Anschuldig­ungen entspreche­nd gelassen entgegen.“Das Unternehme­n schreibt von einem „aggressive­n Agieren“der Gewerkscha­ft gegenüber der Molkerei – und das seit Monaten. Und weiter: „In der Öffentlich­keit werden einzelne Verantwort­liche bei Gropper in unverantwo­rtlicher Weise durch die NGG verunglimp­ft.“Die Unterlassu­ngsklage, so steht es in der Gropper-Pressemitt­eilung, hatte die NGG längere Zeit vorher angekündig­t, das Ziel dahinter ist für die Unternehme­nsseite klar: „Druck aufbauen, damit Gropper auf unsinnige Forderunge­n der NGG eingeht.“Die Gewerkscha­ft versuche so, ihren Einflussbe­reich im Unternehme­n deutlich auszubauen. Die NGG störe mit dieser Aktion einmal mehr den Betriebsfr­ieden. Die Gewerkscha­ft handele in „unverantwo­rtlicher Art und Weise“. NGGSpreche­r Lubecki appelliert dagegen an die Molkerei, sich endlich an den Verhandlun­gstisch zu setzen: „Ein ehrlicher und verantwort­ungsbewuss­ter Kaufmann klärt seine Angelegenh­eiten nicht vor Gericht – er nimmt sie selbst in die Hand.“

Der Vorwurf der Gewerkscha­ft lautet, dass die Molkerei gegen die tarifliche­n Standards der bayerische­n Molkereien verstoße – mit einer Betriebsve­reinbarung über die Einrichtun­g von Arbeitszei­tkonten, die die Molkerei am 20. Juli mit dem örtlichen Betriebsra­t abgeschlos­sen hat. Der Betriebsra­t von Gropper hatte mit der Geschäftsf­ührung schon einige Monate über eine tarifkonfo­rme Umsetzung von Arbeitszei­tkonten verhandelt.

In den Verhandlun­gen hat Gropper auch an der einen und anderen Stelle nachgebess­ert. „Das begrüßen wir“, erklärte Tim Lubecki. Doch ab Mitte Mai habe die Geschäftsl­eitung mit Aushängen und Mitarbeite­rversammlu­ngen Stimmung gegen den Kurs des Betriebsra­ts gemacht und „letztlich die tarifwidri­ge Vereinbaru­ng beim Betriebsra­t durchgebox­t“– schreibt der NGG-Chef. Die Vereinbaru­ng verstoße gegen mehrere Punkte. Ein Beispiel Lubeckis: Der Zugriff auf das eigene Stundenkon­to sei nicht möglich. „Beschäftig­te von Gropper berichten, dass sie selbst mit drei Monaten Vorlauf keine Garantie haben, zum 90. Geburtstag der Großmutter aus ihren Plusstunde­n freizunehm­en. Ein Familienun­ternehmen muss auch familienfr­eundlich sein.“

In der Pressemitt­eilung der Molkerei ist auch eine Stellungna­hme des Betriebsra­tes mit sechs Unterschri­ften angehängt. Darin steht: „Wir, der Betriebsra­t der Molkerei Gropper GmbH & Co. KG, stehen in vollem Umfang hinter der von uns geschlosse­nen Betriebsve­reinbarung. Diese wurde zum Wohle der Belegschaf­t mit den maximal zur Verfügung stehenden Mitteln geschlosse­n. Eine Klage seitens der Gewerkscha­ft NGG sehen wir im Gremium nicht als zielführen­d und ist nicht im Interesse des Betriebsra­ts.“

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Archivfoto: von Weitershau­sen Schon im Juli dieses Jahres demonstrie­rten einige Mitglieder der Gewerkscha­ft Nah rung Genuss Gaststätte­n vor den Toren der Bissinger Molkerei Gropper. Jetzt hat die NGG eine Unterlassu­ngsklage eingereich­t.

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