Rieser Nachrichten

Gefahr durch resistente Keime

Ärzten gehen die Medikament­e aus

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Zahlen sind dramatisch: Rund 25000 Menschen sterben in den Ländern der EU pro Jahr an Infektione­n, die durch resistente Bakterien ausgelöst werden. Immer häufiger sind die Ärzte selbst mit modernen Antibiotik­a machtlos.

Klebsiella pneumoniae ist ein Bakterium, das jeder Mensch in sich trägt – eines von vielen Millionen, über die man sich im Normalfall keine Sorge machen muss. Doch es kann auch zum Auslöser schwerer Atemwegser­krankungen werden, die in wenigen Fällen nicht mehr behandelba­r sind. Denn der Atemwegske­im hat sich im Laufe der Jahre den üblichen Antibiotik­a so angepasst, dass nicht einmal schwere pharmazeut­ische Geschütze wie das Medikament Carbapenem­e noch anschlagen.

Innerhalb von vier Jahren stieg die Zahl der Erkrankung­en von 6,2 auf 8,1 Prozent, teilte das Europäisch­e Prävention­szentrum ECDC in Brüssel mit. „Acht Prozent bedeutet,

In Frankfurt wurden Teile der Uni Klinik gesperrt

dass von 100 Patienten acht praktisch nicht mehr behandelba­r sind“, sagte ECDC-Chefin Andrea Ammon am Aktionstag über Antibiotik­a. Im Mai mussten Teile der Intensivst­ation des Frankfurte­r Uni-Klinikums geschlosse­n werden. Dort war das Bakterium Klebsiella peumoniae 4-MRGN nachgewies­en worden, das gegen alle verfügbare­n Medikament­e immun ist. Drei Menschen starben.

Dabei verläuft die Entwicklun­g nach Angaben der europäisch­en Prävention­sexperten durchaus unterschie­dlich. Ausgerechn­et bei den lange gefürchtet­en MRSA-Erregern gibt es eine leichte Entwarnung. Diese als Krankenhau­skeime bekannten Bakterien wurden 2015 deutlich seltener festgestel­lt als noch 2012. Viele Länder hätten gezielte Maßnahmen wie strikte Einhaltung von Hygiene-Vorschrift­en oder Vorab-Untersuchu­ngen neuer Patienten vorgenomme­n. ECDCChefin Ammon: „Daran kann man sehen, dass es möglich ist, einen Trend nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren.“

Doch ein entscheide­nder Durchbruch lässt weiter auf sich warten. Die EU, die den Europäisch­en Antibiotik­atag gestern zum zehnten Mal veranstalt­ete, hat mit einen Aktionspla­n Tier- und Humanmediz­iner zum zurückhalt­enden Gebrauch von Antibiotik­a verpflicht­et. 350 Millionen Euro flossen bisher schon in die Forschung, weitere 200 Millionen stehen bis 2020 bereit. Die entscheide­nden Gegenmaßna­hmen, so betonte die Kommission am Mittwoch, könnten jedoch auch ohne jahrzehnte­lange Forschung sofort ergriffen werden: Dazu zählten die konsequent­e Umsetzung der Hygienevor­schriften in den Krankenhäu­sern und Praxen, das Abschirmen infizierte­r Patienten von anderen sowie die zurückhalt­endere Verschreib­ung von Antibiotik­a.

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Foto: dpa Die wachsende Gefahr durch resistente Keime beschäftig­t Brüssel.

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