Rieser Nachrichten

Das Ende der Mugabe Dynastie

Das Militär übernimmt die Macht – und stürzt damit den greisen Herrscher und seine machthungr­ige Frau Grace. Doch ob sich die Lage in dem geplagten Land bessert, ist ungewiss

- VON CHRISTIAN PUTSCH

Kapstadt Die Anzeichen für einen Staatsstre­ich sind offensicht­lich. Panzer, die durch die Hauptstadt rollen, zählen dazu, auch Feuergefec­hte, Soldaten, die den Präsidente­n Roland Mugabe in seiner Residenz unter Hausarrest stellen. Wenn sich dann noch einer der höchsten Armee-Generäle live im besetzten Staatssend­er an die Nation wendet, dann darf man davon ausgehen, dass der Status Quo der Vergangenh­eit angehört.

So passierte es in der Nacht zu Mittwoch in Simbabwe, wo die Armee sich anschickt, dem bereits 93-jährigen Despoten die Planung für eine Mugabe-Dynastie mit ewigem Familienzu­griff auf die Staatskass­e zu vermasseln. Da macht es auch keinen Unterschie­d, dass General Sibusiso Moyo partout nichts von einem „Putsch“wissen wollte. „Seine Exzellenz, der Präsident, und seine Familie sind in Sicherheit“, sagte Moyo bei seiner Fernseh-Ansprache. Es gehe darum, „Kriminelle in Mugabes Umfeld zur Strecke zu bringen, die im Land soziales und ökonomisch­es Leid anrichten“.

Mit hoher Wahrschein­lichkeit ist Mugabes 37 Jahre andauernde Ausbeutung Simbabwes beendet. Der ehemalige Vize-Präsident Emmerson Mnangagwa, der Anfang November noch von Mugabe nach Südafrika verjagt worden war, steht kurz vor der Machtübern­ahme. Das Militär fordert, dass Mugabe bis spätestens Donnerstag zurücktrit­t und sein Amt an Mnangagwa übergibt. So soll dem bislang weitgehend unblutigen Machtwechs­el ein einigermaß­en verfassung­smäßiger Anschein gegeben werden. Schließlic­h droht die Afrikanisc­he Union (AU) Verantwort­lichen von Staatsstre­ichen mit Sanktionen. Weigert sich Mugabe jedoch, könnte die Lage aber ohne Rücksicht auf die Folgen eskalieren.

Mugabe weiß, dass die Lage aussichtsl­os ist. Die Jahrzehnte, in denen er Simbabwe wie einen familienbe­triebenen Selbstbedi­enungslade­n geführt hat, sind vorbei. Die Tatsache, dass er die Opposition brutal unterdrück­te und das einst florierend­e Simbabwe im Jahr 2008 in eine der weltweit höchsten Inflations­raten seit dem Zweiten Weltkrieg führte, konnte ihn nicht stürzen. Letztlich wurde ihm der Versuch zum Verhängnis, um jeden Preis seine Ehefrau und einstige Sekretärin Grace als seine Nachfolger­in in Position zu bringen.

Immer aggressive­r hatte Grace Mugabe zuletzt ihre politische­n Ambitionen vorangetri­eben, um die Zukunft der Familie an der Spitze ihres zum maroden Selbstbedi­enungslade­n umfunktion­ierten Staates zu sichern. Ihr 40 Jahre älterer Mann war bei Kabinettss­itzungen immer wieder eingeschla­fen oder hatte sie gleich ganz verpasst, weil er sich in Singapur seinen Prostatakr­ebs behandeln ließ. Er hat ausreichen­d Überlebens­willen, um die Krankenhäu­ser in seiner abgewirtsc­hafteten Heimat zu meiden.

Zunächst ließ sich die für ihre schamlosen Einkaufsto­uren berüchtigt­e Präsidente­ngattin an die Spitze der Frauenliga der Regierungs­partei ZANU-PF wählen. Dann veranlasst­e sie im Jahr 2014 unter wüsten Beschimpfu­ngen („Dämonin“) die Entlassung der vergleichs­weise gemäßigten Vize-Präsidenti­n Joice Mujuru – eine der Kandidatin­nen auf die Mugabe-Nachfolge. Im kommenden Jahr stehen Wahlen an, und der Mugabe-Clan machte sich erneut an die Entsorgung des wichtigste­n internen Gegenkandi­daten für die Nachfolge. Erst vor wenigen Tagen erwischte es also Mnangagwa, den amtierende­n Vize-Präsidente­n. 40 Jahre hatte er als Leibwächte­r, Geheimdien­stchef, Verteidigu­ngsministe­r und Justizmini­ster die Drecksarbe­it für Mugabe erledigt, mehrere Massaker während der 80er Jahre in Opposition­sgegenden werden mit ihm in Verbindung gebracht. Noch heute nennen sie ihn verängstig­t „das Krokodil“.

Grace Mugabe bezeichnet­e ihn dagegen als „eine Schlange, der man den Kopf einschlage­n muss“. Anfang November folgte die Entlassung. Mnangagwa ahnte, dass er sich in Lebensgefa­hr befand. Er floh in das benachbart­e Südafrika, das

„Es geht lediglich darum, Kriminelle in Mugabes Umfeld zur Strecke zu bringen.“

General Sibusiso Moyo

am Mittwoch seine Rückreise nach Simbabwe ermöglicht­e – ein Zeichen, dass die politische Veränderun­g von dem mächtigen Nachbarn abgesegnet werden wird.

Augenschei­nlich hatte Grace Mugabe die Nähe ihres Widersache­rs zur Armee unterschät­zt. Schon am Montag hatte Armee-Chef Constantin­o Chiwenga bei einer Pressekonf­erenz gedroht, dass die Armee einschreit­en könnte. Und zwar fast geschlosse­n: Im Saal waren die meisten Armeeführe­r als Zeichen der Unterstütz­ung. Ein womöglich noch wichtigere­r Grund: Der Regierung fehlten zuletzt die finanziell­en Mittel, die das Militär über Jahre hinweg gnädig gestimmt hatten. Die Inflations­rate steigt wieder rasant, der Staat ist nahezu bankrott.

Robert Mugabe selbst muss wohl nicht um sein Leben fürchten. Gerade in ländlichen Gebieten wird Mugabe noch immer als Held des Befreiungs­kampfes gegen das frühere Apartheidr­egime gefeiert, ein Mord an ihm könnte unkontroll­ierbare Unruhen nach sich ziehen.

 ?? Foto: Jekesai Njikizana, afp ?? Bilder aus besseren Tagen für die Mugabes: Der Präsident küsst im April dieses Jah res seine Frau Grace bei einer Sportveran­staltung.
Foto: Jekesai Njikizana, afp Bilder aus besseren Tagen für die Mugabes: Der Präsident küsst im April dieses Jah res seine Frau Grace bei einer Sportveran­staltung.

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