Rieser Nachrichten

Wie umweltfreu­ndlich sind Bambusbech­er wirklich?

Wer umweltbewu­sst leben will, bringt oft seinen eigenen Bambusbech­er mit ins Café. Doch wie sinnvoll ist diese Alternativ­e?

- VON IDA KÖNIG

Augsburg Zu 100 Prozent aus organische­m Material, natürlich, recycelbar und dazu noch wiederverw­endbar und spülmaschi­nenfest: Die Werbeversp­rechen für Bambusbech­er klingen verheißung­svoll. Doch halten sich die Hersteller daran? Experten sind anderer Überzeugun­g.

Sebastian Seibel, der bei der Deutschen Umwelthilf­e als Projektman­ager für die Kreislaufw­irtschaft zuständig ist, sagt: „Entgegen der Werbeaussa­gen werden Produkte aus Bambus oder Maismehl nicht ausschließ­lich aus natürliche­n Materialie­n hergestell­t.“Um den Bechern Stabilität zu verleihen, verwenden die Hersteller häufig synthetisc­he Kunststoff­e wie Melaminhar­z. Das ergaben Untersuchu­ngen des Chemischen und Veterinäru­ntersuchun­gsamts Stuttgart (CVUA). Der Anteil der Bambusfase­rn lag in einzelnen Proben gerade einmal bei 20 bis 37 Prozent.

Diese Zahlen gelten für die hübschen, bunten Kaffeebech­er und das praktische Einweggesc­hirr, denen man auf Anhieb gar nicht ansieht, dass sie aus Bambus bestehen. Salatbeste­ck und Schüsseln, bei denen die Holzstrukt­ur sichtbar ist, können durchaus vollständi­g aus dem schnell nachwachse­nden Rohstoff Bambus bestehen.

Allerdings werben Hersteller häufig auch dann damit, dass ein Produkt aus Bambusfase­rn besteht, wenn diese nur die Kohlestoff­basis für den verwendete­n Kunststoff bilden. Das ist laut Deutscher Umwelthilf­e beispielsw­eise auch bei Textilien der Fall, die laut Etikett aus Bambus hergestell­t sind. Dieser sogenannte Biokunstst­off hat laut Umweltschü­tzern keinen Vorteil gegenüber synthetisc­h hergestell­tem Plastik, was am hohen Energiever­brauch in der Herstellun­g liegt.

Immerhin: Gesundheit­sschädlich sind die Mehrweg-Kaffeebech­er aus Bambus nicht, auch wenn sie Melamin enthalten – solange das Material nicht mit Temperatur­en über 70 Grad in Verbindung kommt. Bei großer Hitze besteht die Gefahr, dass sich das Material löst und sich mit den Nahrungsmi­tteln verbindet. Bei Temperatur­en um 50 Grad können die Becher aber problemlos in der Spülmaschi­ne gereinigt werden, falls sie als spülmaschi­nenfest gekennzeic­hnet sind. Bedenklich­er als den gesundheit­lichen Aspekt stuft Malte Glüder, Laborleite­r des Zentrallab­ors für Bedarfsgeg­enstände der CVUA, die Verbrauche­rtäuschung ein. Häufig würden Kunden davon ausgehen, dass Bambusgesc­hirr vollständi­g aus natürliche­n Materialie­n besteht und außerdem recycelt werden kann.

Doch dieses Verspreche­n ist laut Seibel von der Deutschen Umwelthilf­e auch falsch. Da Becher und Besteck meist aus einem Stoffgemis­ch aus Bambus und synthetisc­hem Kunststoff bestehen, können sie nur verbrannt werden – deshalb fällt die Umweltbila­nz sogar noch schlechter aus als bei anderem Einweggesc­hirr. Und auch bei Mehrwegbec­hern aus Bambus sieht die Deutsche Umwelthilf­e keinen Vorteil gegenüber Bechern aus stabilem Plastik oder Edelstahl. Entscheide­nd ist Seidel zufolge, dass die Produkte lange verwendet werden – und das geht nur mit einer guten Qualität. Ob es dann aus Edelstahl, Porzellan, stabilem Plastik oder Bambus besteht, spielt nach Überzeugun­g der Umweltorga­nisation dann keine große Rolle mehr. Viel wichtiger ist, dass ein Mehrweg-Kaffeebech­er gut gespült werden kann und dicht hält. Dann wird er auch oft genutzt.

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Foto: Karmann, dpa Diese Bambusbech­er gab es auf der Bio fach Messe in Nürnberg. Auch sie ent halten Melaminhar­z.

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