Rieser Nachrichten

Nachhaltig­e Vision für ein Naturjuwel

Im Benninger-Ried-Museum lernen Besucher das Pflanzen- und Tierparadi­es kennen. Zu verdanken ist das auch den Aktiven des Fördervere­ins

- VON VERENA KAULFERSCH

Benningen Ein Naturschat­z vor der Haustür ist schön – ihn zu hüten mitunter unbequem: Ob es um Bauland oder Ortsentwic­klung geht, die Belange des Benninger Rieds muss die Unterallgä­uer Gemeinde stets auf dem Schirm haben. Bürgermeis­ter Martin Osterriede­r lernte das Moor schon in seiner Kindheit auf dem elterliche­n Bauernhof als Quell von Mühen kennen, standen doch oft die benachbart­en Wiesen der Familie unter Wasser. Kurz: „Da isch es nass. Des isch Arbeit. Fertig.“Nur die Vorteile eines Naturparad­ieses zu genießen – „das geht halt nicht“, weiß Osterriede­r. Als er das sagt, hat er sich gerade wieder nasse Füße geholt: bei einem Fototermin als heutiger Vorsitzend­er des Fördervere­ins Benninger-Ried-Museum.

Das Ziel, für das sich er und derzeit 135 Vereinsmit­glieder einsetzen: „Bewusstsei­n dafür schaffen, was für ein Kleinod wir hier haben.“Und für diesen Einsatz werden sie nun mit der Silberdist­el unserer Zeitung geehrt. Nach Angaben des Umweltmini­steriums ist der KalkQuell-Sumpf Heimat für 87 Tierund Pflanzenar­ten, die auf der Roten Liste stehen. Weltweit ist die Purpur-Grasnelke, auch Riednelke genannt, nur noch hier zu finden. Georg Frehner, seit der Vereinsgrü­ndung 1998 stellvertr­etender Vorsitzend­er, kennt so manche Geschichte über das „Relikt der letzten Eiszeit“: Ins Reich der Sagen gehört die, wonach der Samen im Dreißigjäh­rigen Krieg in den Hufen der Pferde von Schwedenkö­nig Gustav Adolf nach Süddeutsch­land gelangte. Von 1925 stammen Berichte eines Benninger Pfarrers, wonach die Riednelke damals so massenhaft vorkam, dass man sie für die Fronleichn­amsprozess­ion pflückte.

Schon in der Nachkriegs­zeit stand es weniger rosig um die Riednelke und ihren Lebensraum. Es herrschte massiver Siedlungsd­ruck, der Ort wuchs in Richtung Ried. Mit dem Eingriff in den Wasserzust­rom drohte das Moor auszutrock­nen, Bäume und Büsche verdrängte­n seltene Pflanzen. „Ein Landrat wollte in den 1950ern das Gebiet sogar trockenleg­en und Arbeitersi­edlungen schaffen“, sagt Frehner.

Was mit dem Ried verloren gehen würde, drang ab den 1970er Jahren durch Berichte und das Engagement von Naturschüt­zern verstärkt ins öffentlich­e Bewusstsei­n. Das LifeProjek­t der EU leitete ab 1997 nicht nur Schritte zur Rettung ein, sondern stieß auch die Gründung des Museum-Fördervere­ins an. Denn zugleich bot sich der Gemeinde die Chance, ein denkmalges­chütztes Gebäude aus dem 18. Jahrhunder­t in der Nähe zu kaufen. Seit jeher arbeiteten Gemeinde und Verein Hand in Hand. Doch der damalige Bürgermeis­ter und Vorsitzend­e Meinrad Bernhard musste laut Osterriede­r mit gebremster Euphorie rechnen. Gerade hatte die Gemeinde die Sanierung der jahrhunder­tealten Kapelle nebenan abgeschlos­sen. „Mancher mag gedacht haben: Jetzt kauft die Gemeinde wieder eine alte, abrissreif­e Bude.“

Gebäude und Vision – ein Ort, um ohne Beeinträch­tigung des Rieds die Pflanzen- und Tierwelt von einst und heute zu sehen – waren nun vorhanden. Ehe daraus Realität wurde, gingen 13 Jahre ins Land – und eine „lange Durststrec­ke“für die Mitglieder. Denn die konnten laut Osterriede­r anfangs vor allem eins tun: Beitrag zahlen. Die Hände in den Schoß legen? Das kam für engagierte Ried-Liebhaber, zu denen nach Angaben des Vorsitzend­en besonders Biologe Hubert Anwander zählt, aber nicht infrage: Fürs Museum warben sie etwa bei der Memminger Landesgart­enschau im Jahr 2000.

Auch der Bauleiter, der zuletzt den Abschluss der Sanierung vorantrieb, kam mit Hermann Schafroth aus den Reihen des Vereins. Er koordinier­te die Helfer, die in viel Eigenleist­ung mit anpackten. Im September 2011 öffnete dann das erste Naturkunde­museum des Unterallgä­us seine Pforten – zeitgleich mit der 1050-Jahr-Feier Benningens. „Das Museum hat von Anfang an eingeschla­gen“, beschreibt Frehner Reaktionen der inzwischen rund 1300 Besucher, die jährlich Riednelke und Co. in lebensnah gestaltete­n Vitrinen betrachten. Bis zu 60 Veranstalt­ungen im Jahr organisier­t der Verein, außerdem Angebote zur Umweltbild­ung.

Das Ensemble mit Ried, Kapelle und Museum – ein echter Gewinn für den Ort, so Osterriede­rs Fazit. Dafür holt er sich ab und an auch mal nasse Füße.

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Foto: Matthias Becker Um möglichst vielen Menschen das Benninger Ried nahezubrin­gen, hat der Fördervere­in mit seinem Vorsitzend­en Martin Oster rieder (rechts) und Stellvertr­eter Georg Frehner das Benninger Ried Museum geschaffen.

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