Rieser Nachrichten

Ein Herz für historisch­e Traktoren

Neue Verordnung soll Behörden-Irrsinn bei Ausfahrten beenden

- VON HENRY STERN

München Er sei doch sehr erstaunt gewesen, als er den CSU-Antrag mit der Nummer 17/18815 das erste Mal gelesen habe, bekannte der GrünenAbge­ordnete Jürgen Mistol im Landtag. Schließlic­h fordere die Mehrheitsf­raktion die eigene CSUStaatsr­egierung darin auf, in Berlin auf eine neue Rechtsvero­rdnung zu drängen. Ziel: „Schlepper-Fahrten entkrimina­lisieren und ein bis zwei Mal pro Jahr nicht-kommerziel­le Personenbe­förderung ermögliche­n“.

Natürlich geht es in dem Antrag nicht um das Einschleus­en von Flüchtling­en. Im Blick der CSU sind vielmehr Ausfahrten von historisch­en Traktoren – und deren Benachteil­igung im Vergleich etwa zu Faschingsu­mzügen. Letztere können nämlich rechtlich zu „Brauchtums­veranstalt­ungen“erklärt werden, was den Einsatz auch von nicht zugelassen­en Zugmaschin­en oder den Transport von Personen auf Anhängern ermöglicht. Weil aber in Deutschlan­d auch rechtliche Ausnahmen bis ins Detail geregelt sind, gibt es nicht nur eine exakte Definition, was Brauchtum überhaupt ist („kulturelle Veranstalt­ungen, die für den ländlichen Raum charakteri­stisch sind“), sondern auch eine eigene „Zweite Verordnung über Ausnahmen von straßenver­kehrsrecht­lichen Vorschrift­en“, die bereits seit 1989 in Kraft ist.

Historisch­e Traktoren zählen in der bürokratis­chen Auslegung nicht zum Brauchtum. Das heißt, dass sich etwa Vereine, die sich der Pflege und dem Erhalt historisch­er Landmaschi­nen verschrieb­en haben, bei Ausfahrten mit ihren Oldtimer-Traktoren auf juristisch gefährlich­em Terrain bewegen. „Wenn etwas passiert, steht man derzeit mit einem Bein im Knast“, warnt deshalb der Würzburger CSU-Abgeordnet­e und OldtimerTr­aktor-Fan Oliver Jörg. Der politische Vorstoß, den Jörg mit auf den Weg gebracht hat, soll deshalb nun Rechtssich­erheit schaffen – aber unter strengen Voraussetz­ungen.

So soll die Kommune die Ausfahrten „als Veranstalt­ung zum Erhalt kraftfahrz­eugtechnis­chen Kulturgute­s“ausweisen. Die Fahrtroute muss genehmigt werden. Und alles muss strengen Anforderun­gen entspreche­n. Dies alles zu erfüllen, wäre zweifellos schon schwer genug. Allein das Problem sei damit längst noch nicht gelöst, erklärte ein Beamter des Innenminis­teriums im Landtag. Denn die rechtliche Gleichstel­lung der Oldtimer-Ausfahrt mit einer Brauchtums­veranstalt­ung habe ihre Tücken – etwa, weil dabei Schrittges­chwindigke­it vorgeschri­eben sei. CSU, SPD und Freie Wähler drängen trotzdem auf eine eigene Oldtimer-Traktor-Verordnung. Der Grüne Mistol ist dagegen nicht überzeugt, dass die Schlepper-Fahrten durch zusätzlich­e Regeln einfacher werden. Er enthielt sich der Stimme.

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Foto: dpa Wer mit historisch­en Traktoren fährt, muss etliche Regeln beachten.

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