Ein Kinosaal unterm Sternenhimmel
Eine der liebsten Erinnerungen an den vergangenen Sommer: Auf der großen Piazza einer italienischen Universitätsstadt warten in ordentlichen Reihen schwarze PlastikKlappstühle vor einem großen Metallgestell. Tagsüber verirrt sich kaum ein Einheimischer hierher, weil es erstens viel zu heiß und zweitens August ist und die meisten Italiener ihre Ferien am Meer verbringen. Nur ein paar Touristen nutzen die Sitzgelegenheit, bestaunen die imposante Kirche zu ihrer Rechten, den mittelalterlichen Palast zu ihrer Linken und das große Eis in ihren Händen, bevor sie sich wieder in den kühlenden Schatten der Bogengänge retten.
Der Zauber hier beginnt erst mit der Dunkelheit. Erst vereinzelt, tröpfchenweise, dann immer schneller füllen sich die Stühle. Das laute Geplapper wird erst leiser, als die Leinwand am Metallgestell nach unten fährt, sich der Projektor ratternd in Gang setzt und ein italienisches Melodrama aus den siebziger Jahren ankündigt. Doch der erblindete Offizier auf der Leinwand, der nach Neapel reist, um sich dort das Leben zu nehmen, spielt beim cinema in piazza mehr Neben- als Hauptrolle.
Die älteren Damen in der dritten Reihe nutzen die abendliche Kühle, um sich in aller Ruhe zu unterhalten. Der Herr hinten links gestikuliert aufgebracht, während er sein Mobiltelefon ans Ohr presst. Links und rechts fahren Radfahrer am improvisierten Kinosaal vorbei, Kinder laufen schnatternd zwischen den Sitzreihen entlang. Ein Pärchen isst Salami und Käse, trinkt Rotwein aus mitgebrachten Plastikbechern. Zuschauer kommen und gehen, diskutieren lautstark über die besten Plätze.
Und über alldem, nur ein Kopfin-den-Nacken-legen entfernt, funkeln abertausende Sterne. Auch das ist Kino. In Bologna.