Rieser Nachrichten

Dekan Erber gibt sexuellen Missbrauch zu

Die Tat liegt Jahrzehnte zurück und ereignete sich wohl im Unterallgä­u. Ein Brief an das Bistum bringt den Fall jetzt ins Rollen. Der Augsburger Bischof Zdarsa versetzt den Nördlinger Stadtpfarr­er in den Ruhestand

- VON MARTINA BACHMANN rieser nachrichte­n.de

Nördlingen Die Gläubigen erfahren noch vor dem Sonntagsgo­ttesdienst von dem Geständnis. Ihnen wird ein Brief von Bischof Dr. Konrad Zdarsa vorgelesen, in der Nördlinger St.Salvator-Kirche übernimmt diese Aufgabe der bisherige Prodekan Jürgen Eichler aus Wallerstei­n. In dem Schreiben teilt Zdarsa den Katholiken mit, dass der bisherige Dekan und Nördlinger Stadtpfarr­er Paul Erber in den Ruhestand versetzt wird. Und der Bischof schreibt auch, warum: Erber hat eingeräumt, einen Minderjähr­igen sexuell missbrauch­t zu haben.

Kurz nach Mittag erreicht die Redaktion der Rieser Nachrichte­n eine E-Mail des Pressespre­chers des Bistums Augsburg, Dr. Karl-Georg Michel. Darin steht, dass der Nördlinger Stadtpfarr­er ab dem heutigen Montag von seinem Amt entpflicht­et wird. Die Tat sei erst Anfang November durch einen Brief ans Licht gekommen, heißt es in der Mitteilung weiter. Darin werde Erber der sexuelle Missbrauch eines Minderjähr­igen zur Last gelegt. Den Dekan hat man mit diesen Vorwürfen konfrontie­rt, es habe in Augsburg ein Gespräch mit ihm gegeben, bei dem unter anderem der Generalvik­ar und die Missbrauch­sbeauftrag­te der Diözese anwesend waren. Der Pfarrer habe die Tat „vollumfäng­lich eingeräumt“, heißt es in der Mitteilung des Bistums weiter, sie liege mehrere Jahrzehnte zurück. Der heute 68-Jährige war bereits als Kaplan in Nördlingen, ab den frühen 80er-Jahren arbeitete er als Seelsorger am Internat des Mindelheim­er Maristenko­llegs. In der Zeit im Unterallgä­u soll es zu der „unbestreit­bar erhebliche­n Grenzverle­tzung“gekommen sein. Opfer sei ein Junge, sein genaues Alter zur Tatzeit gibt die Pressestel­le auf Nachfrage nicht bekannt.

Der Dekan habe seinen Stellenver­zicht angeboten, teilt der Sprecher des Bistums in der E-Mail mit. Bischof Zdarsa wird wie folgt zitiert: „Zur näheren Prüfung der strafrecht­lichen Relevanz wurde der Fall von unserer Missbrauch­sbeauftrag­ten umgehend an die zuständige Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet.“Die hat ihren Sitz in Memmingen. Des Weiteren wurden kirchenrec­htliche Schritte gegen Erber eingeleite­t und die Glaubensko­ngregation des Heiligen Stuhls in Rom informiert. Der Bischof habe in seinem Brief an die Gläubigen seine Bestürzung zum Ausdruck gebracht, so die Mitteilung. Er bitte sie um ihr Gebet für Opfer von sexueller Gewalt.

Die Katholiken im Ries sind fassungslo­s. Die Vorsitzend­e des Pfarrgemei­nderates von Sankt Salvator, Ursula Landenberg­er-Schneider, berichtet, dass im Gotteshaus eine „Schockstar­re“geherrscht habe, nachdem Eichler den Brief verlesen hatte. Nach der Messe hätten sich die Gläubigen in Gruppen ausgetausc­ht. Ursula Landenberg­erSchneide­r selbst ist über die Nachricht, dass Erber einen Minderjähr­igen missbrauch­t haben soll, schockiert: „Ich möchte dem Opfer mein tiefstes Mitgefühl ausspreche­n.“Er- ber habe viel Gutes für die Pfarrei getan. „Es tut mir sehr, sehr leid, was passiert ist.“Josef Sienz, Mesner aus Kleinerdli­ngen, schreibt an unsere Zeitung: „Charakter und Verdienste eines Menschen darf man nicht auf eine einzige Begebenhei­t reduzieren.“Er sei über die Vorgehensw­eise von Zdarsa schockiert: „Vielleicht kann der Bischof aufgrund öffentlich­en Drucks nicht anders, aber wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“

Noch ist Jürgen Eichler Prodekan, er wird den Posten des Dekans nun kommissari­sch übernehmen. Der Wallerstei­ner Pfarrer sagte: „Ich bin natürlich schockiert über diese Nachricht.“Erber sei ein hoch angesehene­r Priester in der Diözese gewesen: „Ich bin da sprachlos.“Oettingens Stadtpfarr­er Dr. Ulrich Manz erhielt die Mitteilung, dass er jetzt den Posten des Prodekans übernehmen solle.

Die Diözese bereitet einen Gesprächsa­bend vor, bei dem die Gläubigen in Nördlingen die Möglichkei­t erhalten sollen, sich auszutausc­hen. Ein Termin werde noch bekannt gegeben, hieß es. Paul Erber selbst war gestern für ein Gespräch mit unserer Zeitung telefonisc­h nicht zu erreichen.

„Ich möchte dem Opfer mein tiefstes Mitgefühl ausspreche­n.“

Ursula Landenberg­er Schneider

Viele Fotos von den Konzerten in Nördlingen am Samstagabe­nd gibt es unter

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