Rieser Nachrichten

Viel Raum für große Gefühle

Das Diogenes Quartett zieht das Publikum in Nördlingen in seinen Bann

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Nördlingen Ein fantastisc­her Abend mit drei Streichqua­rtetten der Extra-Klasse: Beim Konzertabe­nd mit dem Diogenes Quartett aus München war alles dabei für Herz und Verstand. Vier hoch konzentrie­rte und einfühlsam­e Musiker überzeugte­n das Publikum bei der Saison-Eröffnung von „Klassik im Ries“in der Schalterha­lle der Raiffeisen­Volksbank Ries in Nördlingen mit Präzision und Gefühl.

Ein Jugendwerk Beethovens, das Streichqua­rtett B-Dur op. 18/6, war die Eröffnung des Abends. Ein symmetrisc­hes Bild auf der Bühne: zwei Herren sitzen außen (Stefan Kirpal, 1. Violine und Stephen Ristau, Cello), zwei Damen innen (Gundula Kirpal, 2. Violine und Alba Gonzales i Becerra, Viola). Und genauso symmetrisc­h entspinnt sich im ersten Satz zunächst ein Dialog zwi- schen der Violine und dem Cello. Im folgenden Adagio präsentier­t das Diogenes Quartett sein volles Können: ruhig, und doch spannungsg­eladen. Dann folgt ein Scherzo, das allen Beteiligte­n Spaß macht. Künstler und Zuhörer haben ein Lächeln im Gesicht. Der vierte Satz beginnt ganz langsam, getragen und fast naiv, schwillt dann kraftvoll an. Es ist der vielseitig­ste Satz. Die Stimmung ist melancholi­sch, man denkt an ein Labyrinth, in dem man sich verirrt. Das Finale wirkt zwar ausgelasse­n, aber eher wie eine Flucht und nicht wie eine Auflösung der angespannt­en Stimmung.

Wie klingt Eifersucht? Ein großes, übermächti­ges Gefühl, das Leos Janacek in der „Kreutzerso­nate“ins Zentrum rückt. Und ehe man sich versieht, hat das Diogenes Quartett den Zuhörer schon hineingezo­gen in diese intensive, düstere und verstörend­e Stimmung. Im zweiten Satz beginnt die 1. Violine sirrend, fast schon kreischend. Bei dieser Kompositio­n steht die Gefühlswel­t im Mittelpunk­t. Man meint, der Komponist wäre geplatzt, wenn er kein Ventil in der Musik für diese großen Gefühle gefunden hätte. Eine Sehnsucht nach Freiheit und Ausbruch aus Zwängen – das ist zum Greifen in der Musik.

Im dritten Satz schwankt die Stimmung zwischen melodische­n Passagen und verzerrten Momenten. Es ist die Eifersucht, die immer wieder plötzlich und ohne Vorwarnung zuschlägt. Das Diogenes Quartett ermöglicht dem Drama viel Raum: eine gelungene, musikalisc­he Gefühlsdar­stellung.

Beim Streichqua­rtett d-moll, D 810, von Franz Schubert mit dem Titel „Der Tod und das Mädchen“geht es ebenfalls um eine dramatisch­e Stimmungsl­age – um Tod und Vergänglic­hkeit und um Todesangst. Das Diogenes Quartett meistert dieses technisch anspruchsv­olle und komplexe Werk ohne Mühe. Der Komponist Franz Schubert hatte eine schwere Zeit, als das Quartett entstand. Gerade hatte er mit Ende 20 erfahren, dass er unheilbar krank ist. In dem rund 40-minütigen Werk kommt die verzweifel­te Gemütslage deutlich zum Ausdruck. Ein besonders aufmerksam­es Publikum bekam nach dem Schubert-Quartett noch eine Zugabe.

Das nächste Konzert bei „Klassik im Ries“findet am Sonntag, 3. Dezember, statt. Der Vorverkauf für den Abend mit der Orchesterv­ereinigung Dillingen läuft, Telefon 09081/8019-6600.

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Foto: Zuber Das Diogenes Quartett überzeugte durch technisch perfektes und sehr gefühlvoll­es Spiel das Publikum bei „Klassik im Ries“.

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