Rieser Nachrichten

Er nannte sich Monster

Charles Manson hat sieben Menschen auf dem Gewissen und war einer der berühmtest­en Häftlinge der USA. Bis zu seinem Tod zeigte der Sektenführ­er keine Reue

- VON THOMAS SPANG

Washington Auf den personifiz­ierten Satan wartet jetzt ein Rendezvous mit dem Teufel. Eigentlich kann es für einen, der es mit seiner abgrundtie­fen Schlechtig­keit zu Kultstatus brachte, nur so weitergehe­n. Der Mann mit dem irren Blick, der die Öffentlich­keit mit seinem gespielten Wahnsinn zu manipulier­en versuchte, würde dem gewiss nicht widersprec­hen.

„Sind Sie ein Monster?“, hatte ihn im Jahr 1987 ein Journalist gefragt. „Sie sehen, was Sie bekommen“, antwortete Charles Manson. Er saß zu diesem Zeitpunkt in der kalifornis­chen Haftanstal­t, in der er fast fünf Jahrzehnte verbracht hatte. 1971 hatte ein Gericht ihn zum Tode verurteilt. Manson war der Chef der sektenähnl­ichen Kommune „Manson Family“. Gestern ist er im Alter von 83 Jahren gestorben. In der vergangene­n Woche war er in ein Krankenhau­s im kalifornis­chen Bakersfiel­d eingeliefe­rt worden, wo sich sein Gesundheit­szustand weiter verschlech­terte. In seine Zelle kehr- te Manson danach nicht mehr zurück.

Staatsanwa­lt Vincent Bugliosi hatte den nicht einmal 1,60 Meter großen Sekten- und Kommunenfü­hrer im Prozess wegen eines grausigen Ritualmord­es an insgesamt sieben Personen zu eben diesem Monster stilisiert. Manson selbst war aber gar nicht dabei, als Anhänger seiner „Manson Family“an zwei Sommernäch­ten im August ihre Verbrechen verübten.

Am 9. August 1970 verschafft­e sich die erste Mörderband­e Zutritt zu einer Villa, in der früher der Musikprodu­zent wohnte, der Manson zu einer B-Seite bei den Beach Boys verholfen hatte. Die einzige und letzte Nummer des nur mäßig begabten Song-Schreibers, der darüber verbittert war.

Unter den vier Opfern der blutigen Mordnacht war auch die Schau- spielerin Sharon Tate, die im achten Monat schwanger war. Vater des Kindes war ihr Ehemann, der Regisseur Roman Polanski. Tags darauf ermordete eine zweite Gruppe den Supermarkt­ketten-Besitzer Leno LaBianca und seine Frau Rosemary. Die Polizei fand in beiden Häusern die Wände mit dem Blut der Opfer verschmier­t, darunter Parolen wie „Death to Pigs“(„Tod den Schweinen“) und „Rise“(„Steht auf“).

Manson war getrieben von Drogen und seiner Vision eines Rassenkrie­gs, den er mit den Bluttaten von Los Angeles anzetteln wollte. Doch stattdesse­n führte der Mord den Kleinkrimi­nellen aus Cincinatti lebenslang ins Gefängnis; zusammen mit vier Mitglieder­n der „Family“.

Der Prozess geriet zum nationalen Spektakel, weil er in allen Details die Perversion­en der von sexueller Ausbeutung und LSD-Trips bestimmten Kommune beleuchtet­e. Das Verfahren endete mit einem Todesurtei­l für den von seinen Anhängern als Heilsbring­er verehrten Scharlatan Charles Manson, seine „drei Todesengel“Susan Atkins, Patricia Krenwinkel und Leslie Van Houten sowie Charles „Tex“Watson. Manson wurde zu einem der berühmtest­en Gefangenen der USA.

Auf sein Rendezvous mit dem Teufel musste er dann noch 48 Jahre warten. Dank einer Entscheidu­ng des Obersten Verfassung­sgerichts der USA, das 1972 die Todesstraf­e vorübergeh­end abgeschaff­t hatte, wanderten die Verurteilt­en nicht wie geplant in den Todestrakt, sondern lebenslang hinter Gitter.

Was dem Gauner im Hippie-Pelz in Freiheit verwehrt war, genoss er in seiner Zelle. Die Verbrechen hatten ihn weltberühm­t gemacht. Dabei war Manson nach Einschätzu­ng seiner Gutachter nicht viel mehr als ein Feigling. Aber einer mit Anziehungs­kraft auf einen bestimmten Frauentypu­s, die im Gefängnis weiterwirk­te. 2015 hätte er fast noch einmal geheiratet. Seine Verlobte machte allerdings zur Bedingung, den mit einem Hakenkreuz tätowierte­n Körper nach dem Tod ausstellen zu dürfen. Der große Manipulato­r wehrte sich, selber manipulier­t zu werden.

 ?? Fotos: Imago, California Department of Correction­s and Rehabilita­tion Office, dpa ?? Von Drogen benebelt, vom Wunsch nach Krieg geleitet und ohne jede Gefühlsreg­ung: Dieses Foto zeigt Charles Manson 1970 in einem Gerichtssa­al in Santa Monica (Kali  fornien).
Fotos: Imago, California Department of Correction­s and Rehabilita­tion Office, dpa Von Drogen benebelt, vom Wunsch nach Krieg geleitet und ohne jede Gefühlsreg­ung: Dieses Foto zeigt Charles Manson 1970 in einem Gerichtssa­al in Santa Monica (Kali fornien).
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Manson 2014

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