Panne im Fall der toten Studentin
Hussein K. lebte ohne Genehmigung bei einer Pflegefamilie. Dann ermordete er eine Frau. Jetzt wird gegen die Jugendhelfer ermittelt
Freiburg Jugendhelfer haben Fehler bei der Betreuung des unter Mordverdacht stehenden Flüchtlings Hussein K. eingeräumt. Für die Unterbringung in einer Pflegefamilie habe es keine behördliche Genehmigung gegeben, teilte die private Jugendhilfeorganisation Wiese mit Sitz in Freiburg auf Anfrage mit. Zudem habe Wiese mit den Ämtern falsch abgerechnet. Darüber hatten mehrere Medien berichtet. Die Staatsanwaltschaft Freiburg erklärte am Montag, sie habe Ermittlungen gegen die Organisation aufgenommen.
Hussein K. kam im November 2015 ohne Papiere nach Deutschland und galt als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Das Jugendamt beauftragte den Angaben zufolge die Organisation Wiese, sich um Hussein K. zu kümmern. Dieser lebte schließlich gemeinsam mit einem weiteren Flüchtling bei einer Pflegefamilie in Freiburg, die nach eigenen Angaben Kontakt mit Wiese hatte. Die Behörden kontrollierten dies nicht, wie eine Sprecherin des Jugendamtes sagte. Das Jugendamt selbst habe den jungen Flüchtling nicht betreut, sondern dies Wiese übertragen. Die Organisation habe dafür Geld erhalten. Einzelheiten wollte das Amt auf Nachfrage nicht nennen.
Hussein K. muss sich seit Sep- tember vor dem Landgericht Freiburg verantworten. Ihm werden Mord und besonders schwere Vergewaltigung vorgeworfen.
Er hat zugegeben, im Oktober 2016 eine 19 Jahre alte Studentin vergewaltigt, gewürgt und anschließend ins Wasser des Flusses Dreisam gelegt zu haben. Dort ertrank sie. Der Fall hatte bundesweit Debatten über die deutsche Flüchtlingspolitik und mögliches Behördenversagen ausgelöst. Ein Urteil wird im Frühjahr erwartet.
Behördenvertreter hatten im Oktober vor Gericht ausgesagt, es habe keine Fehler gegeben. Auch die Pflegeeltern hatten Vorwürfe mangelnder Aufsicht zurückgewiesen. Das afghanische Ehepaar mit großer Villa im Freiburger Osten war in der Gerichtsverhandlung zu den Umständen der Unterbringung befragt worden. Ihre Aussagen ließen erkennen, dass sie sich nicht intensiv um den Flüchtling gekümmert haben. Er konnte in einer Einliegerwohnung der Villa ein- und ausgehen, wie er mochte. Nicht einmal gemeinsame Mahlzeiten gab es. Geschweige denn, dass die Pflegeeltern Hussein K.s exzessiven Rauschgiftund Alkoholkonsum bemerkt hätten, wie sie sie selbst vor Gericht einräumten. Der Fall werde aufgearbeitet, sagte ein Sprecher des Jugendamtes. Die Organisation müsse das zu viel kassierte Geld zurückzahlen oder es werde verrechnet.
Es kann durchaus auch als Versäumnis gewertet werden, dass die rechtlichen Grundlagen der Unterbringung von Hussein K. im Dreisam-Mord-Prozess nicht zur Sprache gekommen sind.
Wegen einer Gewalttat an einer jungen Frau im Jahr 2013 war der Angeklagte in Griechenland zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, im Oktober 2015 aber vorzeitig gegen Auflagen entlassen worden. Danach war er untergetaucht und im November 2015 nach Deutschland gekommen.