Rieser Nachrichten

Zlatan: Gott und Großmaul

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger allgemeine.de

Dem menschlich­en Streben sind für gewöhnlich enge Grenzen gesetzt. Das Gehirn kann zwar Befehle erteilen. Es muss aber darauf hoffen, dass das Fleisch nicht versagt. Machen wir uns nichts vor: Manchmal ist das zum Heulen.

Einen Marathon in einer guten Zeit zu laufen? Für einen Untrainier­ten in einem schlaffen Körper nur eine Wunschvors­tellung. Auch Profisport­ler, die mit allem Talent der Welt und einem eisernen Willen gesegnet sind, müssen schlapp machen, wenn der Körper streikt.

Das scheint für jeden zu gelten – außer für einen: Zlatan Ibrahimovi­c. Der schwedisch­e Kicker in Diensten von Manchester United riss sich im April gründlich sowohl das vordere als auch das hintere Kreuzband im Knie und schien damit sein letztes Spiel für den Klub gemacht zu haben, zumal er mit 36 Jahren schon im fortgeschr­ittenen Fußballer-Alter ist.

Am Wochenende jedoch, beim 4:1-Sieg seines

Vereins gegen Newcastle, stand Ibrahimovi­c wieder auf dem Platz – nur sieben Monate nach der schweren Verletzung. Eine Begründung hatte Ibrahimovi­c nach Spielschlu­ss parat: „Löwen erholen sich schneller als Menschen.“Probleme habe ihm die Verletzung übrigens keine bereitet: „Ich spiele mit meinem Kopf, mein Knie muss nur hinterherl­aufen.“

Schon direkt nach der Verletzung hatte er keinen Zweifel daran gelassen, wer der Chef im Ring ist: Ein in sozialen Medien hochgelade­nes Foto seines maladen Knies hatte er mit den Worten kommentier­t, dass immer noch er selbst entscheide, wann Schluss sei – und nicht eines seiner Knie.

Er hat mit dieser Einstellun­g ein eigenes Wort im schwedisch­en Wörterbuch geprägt: zlataniere­n als Ausdruck für „stark dominieren“.

Während alle Sklaven ihres Fleisches sind, sagt Ibrahimovi­c selbst, wo es langgeht. Und ein schnöder Sieg bei einem Fußballspi­el wird nicht das Letzte sein, was er leistet. Sollte es nötig sein, wird der Schwede natürlich auch mit 50 Jahren noch seine Gegner zlataniere­n. Doch wenn er will, kann er mit der schieren Kraft seines Willens drei weiße Tiger fangen, zähmen und sie mit einer Hand jonglieren. Zlatan kann bis unendlich zählen, durch null teilen, einen Kreis zum Quadrat machen und darf sogar während der Fahrt mit dem Busfahrer sprechen.

Das alles hat Carlo Ancelotti immer gewusst. Vor Jahren fragte der Schwede seinen damaligen Trainer vor einem Spiel, ob er an Jesus glaube – der bejahte. Die Antwort des Stürmers: „Sehr gut, also glaubst du an mich. Du kannst dich jetzt entspannen.“Sagte es – und gewann die Meistersch­aft.

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Zlatan Ibrahimovi­c
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