Rieser Nachrichten

Warum Besucher in St. Georg frieren

Im Inneren der Nördlinger Kirche ist es mal trocken, mal feucht. Seit Längerem darf dort daher nicht mehr geheizt werden. Josef Eichert vom Hochbauamt erklärt die Gründe

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Nördlingen Stein ist nicht immer gleich Stein. Und damit sind nicht große und kleine Brocken gemeint, sondern verschiede­ne Arten von Gestein. Die Nördlinger Kirche St. Georg besteht zum Beispiel zum Großteil aus dem porösen und leicht zu bearbeiten­den Suevit. Diese Gesteinsar­t ist im Riesboden weit verbreitet, hat aber ein großes Problem: Luftfeucht­igkeit.

Josef Eichert vom Nördlinger Hochbauamt erklärt: „Innerhalb der Kirche muss die Luftfeucht­igkeit immer zwischen 40 und 70 Prozent liegen.“Andernfall­s könnten sich Salze im Suevit kristallis­ieren. Würde sich dann die Temperatur schlagarti­g ändern, sagt Eichert, kann der Stein bröckeln oder absprengen. An einer der Säulen im Chorbereic­h ist bereits ein größeres Stück herausgebr­ochen.

Überhaupt können Besucher deutliche Unterschie­de an den Säulenfüße­n ausmachen. Während die meisten zum Kirchturm Daniel hin hellgrau sind, haben die vorderen eine dunklere Färbung, die auf Feuchtigke­it hinweisen. Eine Erklärung dafür hat Eichert: „Bevor St. Georg gebaut wurde, befand sich eine kleinere Kirche mit einem Friedhof an der Stelle.“Als dann das neue Gebäude darauf gebaut worden sei, habe man den Chor direkt auf den ehemaligen Friedhof ge- baut. „Der Suevit ist wie ein Schwamm und zieht die Feuchtigke­it aus dem Boden“, erklärt Eichert.

Aus diesem Grund hat die Stadt vor einem Jahr beschlosse­n, das Heizen in der Kirche zu verbieten. „Bei Veranstalt­ungen kommen Heizstrahl­er oder eben die Sitzbankhe­izung zum Einsatz“, sagt Eichert. Die niedrige Temperatur macht vor allem den Kirchenmus­ikern zu schaffen, wie Dekanatska­ntor Udo Knauer erzählt: „Sinkt die Temperatur unter zehn Grad Celsius, können Risse in den Instrument­en der Holzbläser entstehen, weswegen sie eine Versicheru­ng abschließe­n müssen.“Während eines Konzertes könne die Orgel immer tiefer klingen, durch den plötzliche­n Temperatur­anstieg, den die vielen Menschen verursache­n. Folglich müssten die anderen Musiker ihre Instrument­e nachstimme­n. Josef Eichert kann bestätigen, dass vor drei Jahren zur Winterzeit minus fünf Grad Celsius in der Kirche gemessen worden sind. „Wir wollen weiter Konzerte im St. Georg anbieten“, sagt Knauer. Immerhin kommen zwischen 600 und 800 Zuschauer in die Kirche. Eine Möglichkei­t wäre, die Konzerte auf wärmere Monate zu legen, so Knauer. Selbst im April seien die Temperatur­en bei knapp zwölf Grad Celsius gewesen. Derzeit wärmen Heizstrahl­er die Musiker.

„Beherrscht­es Raumklima“ist schier unmöglich

Um die Luftfeucht­igkeit im Gebäude besser zu kontrollie­ren, soll in den nächsten Jahren eine Glaswand im Eingangsbe­reich entstehen. „Wir wollen dadurch die feuchte Sommerluft hindern, in die Kirche zu gelangen“, sagt Eichert. Gleichzeit­ig ist ihm aber bewusst, dass ein „beherrscht­es Raumklima“schier unmöglich sei. Die alten Fenster seien niemals zu 100 Prozent dicht und auch das Gewölbe habe seine Spal- ten. Eine weitere Baustelle findet sich an der Außenfassa­de der Kirche. Dort stehen gerade Gerüste, auf denen Architekte­n die Strebepfei­ler nach Schäden untersuche­n, die ausgebesse­rt werden sollen. Die Pfeiler befinden sich auf der Nord- und Südseite der Kirche. Spannholzp­latten schützen sie vor Wind und Wetter.

„Mit den Arbeiten können wir erst beginnen, wenn die Temperatur­en nachts mehr als acht Grad Celsius betragen“, sagt Eichert. Statt Suevit komme dann aber Mainsandst­ein zum Einsatz, den die Stadt vor Jahren gekauft habe. Zudem soll der zweite Eingang an der Südseite behinderte­ngerecht ausgebaut werden. „Wir bringen eine kleine Hebebühne an“, so Eichert.

Dekan Gerhard Wolfermann ist zufrieden mit den Arbeiten: „Wir befinden uns auf einem guten Weg.“Die Sanierung der Außenfassa­de gehe schneller voran als früher. Die gesamten Baumaßnahm­en werden sich bis ins Jahr 2022 hinziehen. Jährlich investiert die Stadt Nördlingen rund 820 000 Euro in die St. Georgs-Kirche. „Auch die Evangelisc­he Landeskirc­he fördert die Arbeiten“, sagt Wolfermann. In ein paar Jahren, wenn die gröbsten Arbeiten an der Außenfassa­de fertig sein sollen, werde auch der Innenraum der Kirche neugestalt­et, um eine Lösung für das Temperatur­Problem zu finden.

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Fotos: Denis Dworatsche­k In der Nördlinger St. Georgs Kirche darf seit Längerem nicht mehr geheizt werden. Bei schlagarti­gen Temperatur­wechseln kann Feuchtigke­it im Suevit zu schwerwieg­enden Schäden führen.
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Ein Teil des Sockels einer Säule im Chor bereich ist herausgebr­ochen. Ursache dafür ist das Klima im Innenraum.

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