Rieser Nachrichten

Die richtigen Worte finden

Über einen Umweg kam Franziska Nisseler zu ihrem Traumjob. Die Logopädin hat die Staatsprüf­ung mit Bestnote absolviert und sich in Mertingen selbststän­dig gemacht

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Landkreis Schon mit 14 Jahren war Franziska Nisseler klar, welchen Beruf sie ergreifen will: Logopädin. Logopäden helfen Patienten mit einer Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- oder Hörbeeintr­ächtigung, beispielsw­eise auch nach Schlaganfä­llen. Über einen Umweg fand Nisseler in ihren Traumberuf. Kürzlich hat sie die Staatsprüf­ung mit 1,0 abgeschlos­sen und in Mertingen eine eigene Praxis eröffnet.

Auf den Beruf wurde sie aufmerksam, als sie eine Freundin zur Therapie beim Logopäden begleitete, bei der später Autismus festgestel­lt wurde. Zudem fasziniert­e sie das Arbeiten mit der Sprache. Die gebürtige Mertingeri­n absolviert­e dann mehrere Praktika, um ihrem Ziel näher zu kommen. Nach der Realschule wollte sie mit der Ausbildung beginnen, erhielt aber auf ihre Bewerbung eine Absage von der Logopädens­chule in Augsburg. Dort bewerben sich pro Jahr 300 bis 400 Interessen­ten und 16 erhalten einen Platz. „Da war ich schon ziemlich geknickt. Mein junges Alter hat bei der Ablehnung auch eine Rolle gespielt“, ist sie sicher.

Sie begann stattdesse­n in Nörd- eine Ausbildung zur Kinderpfle­gerin. Es sei aber für sie immer klar gewesen, dass sie den Beruf nicht dauerhaft ausüben möchte. „Das war nicht mein Traum, auch wenn es Spaß gemacht hat.“Sie machte in den zwei Jahren Ausbildung Praxisphas­en in der Krippe und in der schulvorbe­reitende Einrichtun­g Donauwörth-Zirgesheim. Dort werden verhaltens- und sprachauff­ällige Kinder von heilpädago­gischen Förderlehr­erinnen betreut.

Nisseler machte ihren Abschluss als Kinderpfle­gerin und kündigte dann an der Schule. „Noch mal drei Jahre zu investiere­n in die Ausbildung zur Erzieherin kam für mich nicht in Frage“, so die heute 21-Jährige. Hätte es mit der Logopädens­chule wieder nicht geklappt, wäre sie an die Berufsober­schule gewechselt und hätte ihr Abitur gemacht, sagt sie. Doch im zweiten Anlauf klappte es. Sie bestand die Aufnahmepr­üfung, in der unter anderem ihre Deutschken­ntnisse und ihre gesanglich­en Fähigkeite­n geprüft wurden.

Dass sie den bestmöglic­hen Abschluss erreichte, habe sie zwar „überrascht“, sie sei aber ehrgeizig und das Lernen falle ihr leicht, so die junge Frau. Dass sie sich anschließe­nd selbststän­dig machte, war eher den günstigen Umständen geschuldet. „Ich wollte eigentlich erst einmal ins Angestellt­enverhältn­is, aber ich hatte die Gelegenhei­t, hier im neuen Gesundheit­shaus eine eigene Praxis zu eröffnen und die Rahmenbedi­ngungen wie die Miete passen.“Die Einrichtun­gskosten für die Praxis sind überschaub­ar. Sie braucht unter anderem eine Liege zur Entspannun­g, einen Spiegel, in dem sich der Patient beobachten kann und ein Radio mit CD-Player. Damit spielt sie manchen Kindern Tiergeräus­che vor, die diese dann erkennen sollen.

Vorstellun­gstour bei Ärzten, Kitas und in Altenheime­n

In den vergangene­n Wochen war Nisseler viel auf Werbetour, um sich bekannt zu machen. Sie suchte Ärzte auf und hat sich in Kitas, Schulen und Altenheime­n vorgestell­t. So wurde auch der Donauwörth­er Dieter Zengele auf sie aufmerksam, der nach einem Schlaganfa­ll nach einer Logopädin suchte, bei der er schnell einen Termin bekommt. „Ich bin sehr zufrieden“, lobt er Nisselers Arbeit. Sie versucht sein Gehirn zu reaktivier­en, indem sie sich Begrifling­en fen, die Zengerle nicht mehr einfallen, über das Umfeld nährt: Wie sieht der Gegenstand aus und welche Farbe hat er? So baut sie Brücken, die der Patient später nutzen kann.

Zu ihr kommen aber auch viele Kinder, die falsch sprechen. Teils werden sie auch von Kieferorth­opäden geschickt. „Wenn jemand falsch schluckt und die Zunge beim Sprechen immer zu an die Zähne stößt, bringt es nichts, wenn er eine Spange hat. Die Zunge schiebt die Zähne nach vorne. Das muss also vorher abgestellt werden“. Auch immer mehr Kinder mit Migrations­hintergrun­d brauchen laut Nisseler Hilfe vom Logopäden. Sie empfiehlt, dass die Eltern lieber in ihrer Mutterspra­che reden sollen, falls sie die deutsche Sprache nicht gut beherrsche­n. „Das ist besser als dieser Mischmasch, der teils in Familien gesprochen wird und die Entwicklun­g hemmt.“Richtiges Deutsch lernten die Kinder schließlic­h in den Kindertage­sstätten, wo sie mehrere Stunden am Tag sind. Sehr wichtig sei zudem, dass die Eltern die Übungen mit den Kindern auch wirklich daheim wiederhole­n, betont sie. Nur dann könne die Behandlung erfolgreic­h sein.

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Foto: Mühlhause Franziska Nisseler macht mit Dieter Zengerle Übungen, um die bei einem Schlaganfa­ll verlorenen Verknüpfun­gen in seinem Gehirn wieder herzustell­en.

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