Rieser Nachrichten

Er hat die Region geprägt

Anton Jaumann wäre heute 90 Jahre alt geworden. Er war von 1966 bis 1988 Mitglied der bayerische­n Staatsregi­erung. Bürgerspre­chstunden hielt er in Belzheim ab

- VON BERND SCHIED

Belzheim Wenn sich die CSU heute in der Belzheimer Sankt-MichaelsKi­rche zum Gottesdien­st für den langjährig­en Landtagsab­geordneten und bayerische­n Wirtschaft­sminister Anton Jaumann versammelt, gedenkt sie eines Mannes, der die Entwicklun­g des Rieses und des Landkreise­s wirtschaft­lich und kulturell mitgeprägt hat. Heute wäre Jaumann 90 Jahre alt geworden.

Immer wieder kommt man mit den Spuren seines Wirkens in Berührung. Sei es die gute Wirtschaft­sstruktur des Kreises mit den vielen klein- und mittelstän­dischen Betrieben, die maßgeblich von Jaumann in den 70er und 80er Jahren unterstütz­t und gefördert wurde und die Grundlage für die wirtschaft­liche Stärke der Region bildet. Oder die Gründung der Rieser Kulturtage, mit der die enge Verbundenh­eit Jaumanns mit dem Ries zum Ausdruck kam. Zudem wurden der Tourismus als bedeutende­r Wirtschaft­sfaktor für die Region von Jaumann nachhaltig gefördert. „Ohne ihn hätte sich der Fremdenver­kehr im Ries nicht so erfolgreic­h entwickeln können“, ist der frühere Wemdinger Verkehrsam­tsleiter Reiner Brand überzeugt. Jedes Jahr habe der Wirtschaft­sminister den damaligen Touristikv­erband Ries auf den wichtigen deutschen Tourismusm­essen besucht und durch seine Präsenz ein entspreche­ndes für das Ries ausgelöst, erinnert sich Brand.

Seine politische Arbeit begann Jaumann 1958, als er Abgeordnet­er des Bayerische­n Landtags wurde und dies bis zum Jahr 1990 blieb. Mitglied der Staatsregi­erung war er von 1966 bis 1988 unter den Ministerpr­äsidenten Goppel und Strauß. Zunächst als Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium und ab 1970 als Wirtschaft­sminister. Viele Jahre war er darüber hinaus CSU-Kreisvorsi­tzender. Vor allem Jaumann sei es zu verdanken, dass sich Bayern von einem Agrarland zu einem Land mit moderner Verkehrsin­frastruktu­r und wichtigen Industries­tandorten entwickeln konnte, schreibt der frühere Bayerische Ministerpr­äsident Edmund Stoiber in dem Buch „Begegnunge­n“, das 2002 erschienen ist. Jaumann habe es hervorrage­nd verstanden, Heimat und Weltläufig­keit sowie Tradition und Moderne miteinande­r zu verbinden.

In seinem politische­n Wirken stand für Jaumann der Bürger stets im Mittelpunk­t. Dessen Lebensverh­ältnisse gerade auf dem flachen Land zu verbessern, stand ganz oben auf seiner Agenda. Dabei setzte er auf Bürgernähe. Bürgerspre­chstunden an Wochenende­n ohne formelle Anmeldung bei ihm zu Hause in Belzheim gehörten für ihn zum Selbstvers­tändnis. Jeder konnte kommen, Jedem wurde geholfen.

Seinen Abschied aus dem Ministeram­t 1988 hatte sich Anton Jau- mann sicher anders vorgestell­t, als er letztlich vonstatten ging. Inzwischen gesundheit­lich angeschlag­en, wurde der Druck aus seiner Partei immer größer. Hinzu kam, dass der bodenständ­ige Jaumann dem damaligen Ministerpr­äsidenten Franz Josef Strauß immer ein wenig zu eiMedienec­ho gensinnig, zu liberal und zu kompromiss­bereit erschien. Die Distanz zwischen den beiden kam auch dadurch zum Ausdruck, dass Jaumann der einzige Minister im Kabinett war, den Strauß „siezte“. Umgekehrt war es genauso.

So lange Jaumann gesund war, hatte es sich der Ministerpr­äsident nicht getraut, seinen missliebig­en Wirtschaft­sminister vom Thron zu stoßen. Noch bei einem CSU-Parteitag Ende 1987 in München versichert­e Strauß in einem Gespräch mit dem damaligen CSU-Kreisvorsi­tzenden Ludwig Schwarm im Beisein der Rieser Nachrichte­n, an Jaumann trotz dessen angeschlag­ener Gesundheit weiterhin als Wirtschaft­sminister festhalten zu wollen. Nur wenige Monate kam es dann ganz anders. Jaumann kündigte seinen Rücktritt an. Dass Strauß ihn davon abhalten wollte, ist nicht überliefer­t.

Bis 1990 behielt Jaumann sein Landtagsma­ndat als „einfacher“Abgeordnet­er, bis ihm sein Wunschnach­folger Georg Schmid ins Maximilian­eum folgte. Danach zog er sich mit seiner Frau Margarete ins Private zurück, bis er schließlic­h am 23. Januar 1994 verstarb.

Anton Jaumann war ein Mensch mit tiefer christlich­er Überzeugun­g, die sein gesamtes Leben und Handeln bestimmte. Die prägenden Einflüsse seines bäuerliche­n Elternhaus­es in Belzheim und seiner Rieser Heimat waren immer gegenwärti­g.

 ?? Archivfoto: Jochen Aumann ?? Anton Jaumann am 26. September 1993 im Nördlinger Klösterle anlässlich der Kulturprei­sverleihun­g. Es ist die letzte Aufnahme des Politikers in der Öffent lichkeit. Gestorben ist er am 23. Januar 1994.
Archivfoto: Jochen Aumann Anton Jaumann am 26. September 1993 im Nördlinger Klösterle anlässlich der Kulturprei­sverleihun­g. Es ist die letzte Aufnahme des Politikers in der Öffent lichkeit. Gestorben ist er am 23. Januar 1994.

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