Mehr Ruhe am Donauhafen?
Im Sommer häuften sich in Donauwörth die Meldungen über Saufgelage und Pöbeleien einiger Asylbewerber. Die Polizei verzeichnet aktuell weniger Beschwerden
Donauwörth Albert Riedelsheimer hätte als Grünen-Stadtrat und Sozialarbeiter in der Erstaufnahme eigentlich wenig Interesse, den Finger offen in solche Wunden zu legen. Eben dorthin, wo es – gelinde gesagt – noch hapert mit der viel zitierten Integration. Doch dass es im Sommer und bis in den Herbst hinein mit einigen afrikanischen Asylbewerbern aus der Delp-Kaserne immer wieder Probleme gab, sollte seiner Meinung nach intensiv thematisiert werden. Allerdings warnt er davor, ausschließlich an den Symptomen zu doktern, anstatt die Ursachen nachhaltig zu beleuchten.
Der Sommer war kein leichter für den Asylsozialarbeiter Albert Riedelsheimer. Meldungen über Saufgelage junger Afrikaner am Alten Donauhafen, Anmachen und Nachstellungen gegenüber Frauen, Pöbeln gegenüber Polizeibeamten – das alles sei zweifellos passiert, da gebe es auch nichts schönzureden, sagt der Sozialpädagoge, der sich seit Jahrzehnten hauptberuflich um das Thema „Asyl“kümmert. Und doch gebe es da ein Aber: „Wenn junge Männer weder Perspektiven noch eine wirkliche Tagesstruktur haben und auch Familienmitglieder in anderen Orten nicht besuchen können, dann führt das zu Frustrationen und Konflikten.“Hinzu kämen oft nicht verarbeitete Misshandlungen auf der Flucht – Gewalterlebnisse und die Obdachlosigkeit in Italien, das seien keine Einzelerlebnisse, vor allem nicht für Afrikaner, die die Überfahrt über das Mittelmeer hinter sich haben.
„Perspektiven bieten und die Menschen dezentral unterbringen“– das sei, so der Sozialarbeiter, ein Teil des Weges. Doch wie soll das geschehen? Der Betreuungsschlüssel ist auch laut Riedelsheimer, der in der Kaserne bei der Diakonie arbeitet, ein eigentlich optimaler. Doch Riedelsheimer spricht davon, dass es auch um eine „bessere Qualifizierung“gehen müsse. Sprich: Die reine Betreuung und Gewährleistung von Sicherheit, das reiche nicht. Dezentrale Unterbringungen in den Kommunen – Riedelsheimer nennt etwa 20 bis 30 Asylbewerber pro Gemeinde – verhinderten die Herausbildung einer negativen Lagermentalität, welche Gewalt- und Suchtproblematiken fördere. Und auch die längere Verweildauer in der Erstaufnahme von bis zu sechs Monaten, sie zeige nun ihre Schattenseite. Das denkt auch Donauwörths Polizeiinspektionsleiter Thomas Scheuerer. Zu Beginn der Asylkrise, kurz nach der Eröffnung der Erstaufnahme in der ehemaligen Bundeswehrkaserne auf dem Schellenberg, waren dort vor allem Familien mit recht kurzer Verweildauer untergebracht – einige Wochen in der Regel. Es habe kaum strafrechtlich relevante Auffälligkeiten gegeben, wie sie die Inspektion heuer verzeichnen musste. Gelage und Pöbeleien sowie Anmachen gegenüber Frauen hatten dazu geführt, dass das Sicherheitspersonal merklich aufgestockt wurde: mehr Streifen, mehr Ordnungsdienst, Hundeführer, Einsatzkräfte aus Augsburg.
Nun läuft jene verstärkte Präsenz allerdings aus. Doch Scheuerer will deshalb nicht panisch werden: Zuletzt, wohl auch aufgrund der kälteren Jahreszeit, seien die Beschwerden abgeebbt – im Schnitt ein bis zwei Meldungen gingen bei der Polizeiinspektion Donauwörth pro Woche ein. „Aber das heißt auch nicht, dass es keine Probleme mehr gibt.“Scheuerer geht ferner davon aus, dass direkte Ansprachen in der Kaserne durch die Mitarbeiter dort zu Erfolgen geführt hätten.
Dass unter den Asylbewerbern zuletzt einige junge Männer aus Afrika in den Polizeiberichten hervorstachen, bejahen sowohl Scheuerer als auch Riedelsheimer. Laut Scheuerer lebten in der Erstaufnahme gut 240 Afrikaner, vor allem aus Gambia.
Wie viele unauffällig sind und wie viele nicht, darüber möchte der PILeiter nicht mutmaßen. Aktuell falle der Polizei der Handel mit Drogen, allem voran das Dealen mit Haschisch, auf. Etwa acht bis zehn afrikanische Asylbewerber beobachte man deswegen sehr genau. Zudem habe man im Herbst in einem Fall von Prostitution unter Männern am Donauwörther Bahnhof einschreiten müssen. Dass sich am Bahnhof mittlerweile generell viele Asylbewerber aus der Kaserne aufhalten, sei aber vor allem dem dort gut ausgebauten WLAN-Netz geschuldet, erklärt Scheuerer.
Einige Probleme seien kurz- und mittelfristig vor allem durch mehr Betreuung und kleinere Wohneinheiten anzugehen, sagt indessen Albert Riedelsheimer. Das ausschließliche Setzen auf mehr Polizei oder Wachleute löse die Schwierigkeiten nicht nachhaltig.
Der Diakonie-Mitarbeiter wünscht sich, dass man die Dinge nüchtern beim Namen nennt und dann konstruktiv „in den Diskurs geht“– Stadträte, Regierung, Polizei und Wohlfahrtsverbände gemeinsam.