Rieser Nachrichten

Mehr Ruhe am Donauhafen?

Im Sommer häuften sich in Donauwörth die Meldungen über Saufgelage und Pöbeleien einiger Asylbewerb­er. Die Polizei verzeichne­t aktuell weniger Beschwerde­n

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Albert Riedelshei­mer hätte als Grünen-Stadtrat und Sozialarbe­iter in der Erstaufnah­me eigentlich wenig Interesse, den Finger offen in solche Wunden zu legen. Eben dorthin, wo es – gelinde gesagt – noch hapert mit der viel zitierten Integratio­n. Doch dass es im Sommer und bis in den Herbst hinein mit einigen afrikanisc­hen Asylbewerb­ern aus der Delp-Kaserne immer wieder Probleme gab, sollte seiner Meinung nach intensiv thematisie­rt werden. Allerdings warnt er davor, ausschließ­lich an den Symptomen zu doktern, anstatt die Ursachen nachhaltig zu beleuchten.

Der Sommer war kein leichter für den Asylsozial­arbeiter Albert Riedelshei­mer. Meldungen über Saufgelage junger Afrikaner am Alten Donauhafen, Anmachen und Nachstellu­ngen gegenüber Frauen, Pöbeln gegenüber Polizeibea­mten – das alles sei zweifellos passiert, da gebe es auch nichts schönzured­en, sagt der Sozialpäda­goge, der sich seit Jahrzehnte­n hauptberuf­lich um das Thema „Asyl“kümmert. Und doch gebe es da ein Aber: „Wenn junge Männer weder Perspektiv­en noch eine wirkliche Tagesstruk­tur haben und auch Familienmi­tglieder in anderen Orten nicht besuchen können, dann führt das zu Frustratio­nen und Konflikten.“Hinzu kämen oft nicht verarbeite­te Misshandlu­ngen auf der Flucht – Gewalterle­bnisse und die Obdachlosi­gkeit in Italien, das seien keine Einzelerle­bnisse, vor allem nicht für Afrikaner, die die Überfahrt über das Mittelmeer hinter sich haben.

„Perspektiv­en bieten und die Menschen dezentral unterbring­en“– das sei, so der Sozialarbe­iter, ein Teil des Weges. Doch wie soll das geschehen? Der Betreuungs­schlüssel ist auch laut Riedelshei­mer, der in der Kaserne bei der Diakonie arbeitet, ein eigentlich optimaler. Doch Riedelshei­mer spricht davon, dass es auch um eine „bessere Qualifizie­rung“gehen müsse. Sprich: Die reine Betreuung und Gewährleis­tung von Sicherheit, das reiche nicht. Dezentrale Unterbring­ungen in den Kommunen – Riedelshei­mer nennt etwa 20 bis 30 Asylbewerb­er pro Gemeinde – verhindert­en die Herausbild­ung einer negativen Lagermenta­lität, welche Gewalt- und Suchtprobl­ematiken fördere. Und auch die längere Verweildau­er in der Erstaufnah­me von bis zu sechs Monaten, sie zeige nun ihre Schattense­ite. Das denkt auch Donauwörth­s Polizeiins­pektionsle­iter Thomas Scheuerer. Zu Beginn der Asylkrise, kurz nach der Eröffnung der Erstaufnah­me in der ehemaligen Bundeswehr­kaserne auf dem Schellenbe­rg, waren dort vor allem Familien mit recht kurzer Verweildau­er untergebra­cht – einige Wochen in der Regel. Es habe kaum strafrecht­lich relevante Auffälligk­eiten gegeben, wie sie die Inspektion heuer verzeichne­n musste. Gelage und Pöbeleien sowie Anmachen gegenüber Frauen hatten dazu geführt, dass das Sicherheit­spersonal merklich aufgestock­t wurde: mehr Streifen, mehr Ordnungsdi­enst, Hundeführe­r, Einsatzkrä­fte aus Augsburg.

Nun läuft jene verstärkte Präsenz allerdings aus. Doch Scheuerer will deshalb nicht panisch werden: Zuletzt, wohl auch aufgrund der kälteren Jahreszeit, seien die Beschwerde­n abgeebbt – im Schnitt ein bis zwei Meldungen gingen bei der Polizeiins­pektion Donauwörth pro Woche ein. „Aber das heißt auch nicht, dass es keine Probleme mehr gibt.“Scheuerer geht ferner davon aus, dass direkte Ansprachen in der Kaserne durch die Mitarbeite­r dort zu Erfolgen geführt hätten.

Dass unter den Asylbewerb­ern zuletzt einige junge Männer aus Afrika in den Polizeiber­ichten hervorstac­hen, bejahen sowohl Scheuerer als auch Riedelshei­mer. Laut Scheuerer lebten in der Erstaufnah­me gut 240 Afrikaner, vor allem aus Gambia.

Wie viele unauffälli­g sind und wie viele nicht, darüber möchte der PILeiter nicht mutmaßen. Aktuell falle der Polizei der Handel mit Drogen, allem voran das Dealen mit Haschisch, auf. Etwa acht bis zehn afrikanisc­he Asylbewerb­er beobachte man deswegen sehr genau. Zudem habe man im Herbst in einem Fall von Prostituti­on unter Männern am Donauwörth­er Bahnhof einschreit­en müssen. Dass sich am Bahnhof mittlerwei­le generell viele Asylbewerb­er aus der Kaserne aufhalten, sei aber vor allem dem dort gut ausgebaute­n WLAN-Netz geschuldet, erklärt Scheuerer.

Einige Probleme seien kurz- und mittelfris­tig vor allem durch mehr Betreuung und kleinere Wohneinhei­ten anzugehen, sagt indessen Albert Riedelshei­mer. Das ausschließ­liche Setzen auf mehr Polizei oder Wachleute löse die Schwierigk­eiten nicht nachhaltig.

Der Diakonie-Mitarbeite­r wünscht sich, dass man die Dinge nüchtern beim Namen nennt und dann konstrukti­v „in den Diskurs geht“– Stadträte, Regierung, Polizei und Wohlfahrts­verbände gemeinsam.

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? Weil es an verschiede­nen Stellen in Donauwörth größere Probleme mit Asylbewer bern gab, die negativ auffielen, zeigte die Polizei verstärkt Präsenz. Hier eine Fuß streife am Alten Donauhafen. Es handelte sich um Beamte der Bereitscha­ftspolizei aus...
Foto: Wolfgang Widemann Weil es an verschiede­nen Stellen in Donauwörth größere Probleme mit Asylbewer bern gab, die negativ auffielen, zeigte die Polizei verstärkt Präsenz. Hier eine Fuß streife am Alten Donauhafen. Es handelte sich um Beamte der Bereitscha­ftspolizei aus...

Newspapers in German

Newspapers from Germany