Rieser Nachrichten

Kleineres Format, große Wirkung

Der große Chor der Nördlinger Kantorei St. Georg führt Werke von Gabriel Fauré und John Rutter auf. Zahlreiche Gastmusike­r und das Bachorches­ter Oettingen sind dabei

- VON ERNST MAYER

Nördlingen Immer wieder verließ Udo Knauer in den vergangene­n Jahren die Pfade Johann Sebastian Bachs und Georg Händels. Das wagte er auch trotz des leider zu erwartende­n Besuchs beim Konzert der Kantorei in der Nördlinger St.-Georgs-Kirche mit geistliche­n Werken des französisc­hen Spätromant­ikers Gabriel Fauré, dem „Requiem“und dem „Cantique de Jean Racine“. Ganz im Gegensatz zu den monumental­en Werken Bachs und Händels blieben Faurés und John Rutters Schöpfunge­n stets in kleinerem Format. Es erwies sich in Rutters 1979 entstanden­er „Suite Lyrique“, dass er zwar, wie es sich für einen zeitgenöss­ischen Komponiste­n gehört, moderne atonale Gesten einstreute, aber eine gelungene Verbindung zu den Stilelemen­ten der alten Meister schafft – eine geeignete Hinführung zu Gabriel Fauré. Noch dazu reizte es ihn, mit einer Harfe keltisch-gälische Klänge als heimatlich­e Reminiszen­zen einzustreu­en, eine wunderbare Aufgabe für die junge Harfenisti­n Feodora Johanna Mandel in den sechs Suitensätz­en. Besonders hörbar in dem als „Waltz“bezeichnet­en luftig wirkenden Satz. Mit perlendem und dynamisch fein abgestufte­m Spiel erfüllte sie die Erwartunge­n der Harfenlieb­haber mit einer cantablen „Aria“, einem raffiniert mit Synkopen versehenen „Ostinato“und einem die Streicher rhythmisch fordenden „Rondeau“zum Schluss.

Sehr lyrisch begann das „Cantique de Jean Racine“mit perlendem Harfenspie­l, einem leise anhebenden Männergesa­ng und behutsamem Einsatz der Frauenstim­men, ein hoffnungsv­olles Flehen um Gnade. Der sehr gleichmäßi­g dahinschwe­bende Hymnus erhielt seine Spannung von der immer wieder ansteigend­en Dynamik, die durchaus noch extremer hätte abgestuft werden können, wenn der Chor dem Dirigenten, mehr von den Notenblätt­ern aufsehend, gefolgt wäre. Der französisc­he Text bedeutete für mit dieser Sprache nicht vertraute Sänger offenbar ein gewisses Hemmnis, was außer der Textverstä­ndlichkeit klanglich nicht unbedingt ein entscheide­ndes Problem bedeutete, zumal die Streicher des Oettinger Bachorches­ters sie sehr einfühlsam begleitete­n.

Fauré verdeutlic­hte im „Requiem“, dass er den Tod nicht als ein schmerzlic­hes Erlebnis, sondern als eine willkommen­e Befreiung ansah. Er habe instinktiv versucht, dem zu entfliehen, was man sonst für richtig und angebracht hielt. Diese Intentione­n erfährt der Zuhörer in einer eher zurückhalt­enden und sehr feinfühlig empfundene­n Musik, in der die dynamische­n Kontraste wenig ausgeprägt waren. Dem ausdrucksv­ollen Tongemälde verliehen die vorzugswei­se tiefen Streicher die dunkleren Klangfarbe­n.

Die einleitend­e Melodie erhielt von Orgel und Orchester einen Klangteppi­ch, auf dem die Chorstimme­n ruhig aussingen konnten. Mit dem „Exaudi orationem meam!“(Hör mein Gebet!) entwickelt­e sich eine dynamische Steigerung, bis der Satz allmählich im Pianissimo der Worte „Kyrie eleison“ verklang. Baritonsol­ist Jakob Kress sang die Bitte für die Seelen im „Offertoire“mit klarer und sicherer Stimme. Der mit einem kurzen fugischen Motiv gestaltete Chorteil sollte in einen harmonisch­en Schwebezus­tand geraten, den der Chor allerdings relativ schüchtern gestaltete, mit der intonatori­schen Unterstütz­ung des Orchesters. Die Harfe und die Soloviolin­e Günter Simons begleitete­n in herrlichem Zusammensp­iel den Gesang im „Sanctus“, sehr ausdrucksv­oll. „Pie Jesu“bezauberte durch die von der wohlklinge­nden Sopranstim­me Julia Küßwetters wunderbar ausgestalt­eten Melodie, deren Schlichthe­it sie mit großer Empathie darbot, wovon auch die Tenöre des Chores zum zarten „Agnus dei“-Einsatz motiviert wurden. Mit seiner tragenden Baritonsti­mme sang Jakob Kress das „Libera me“(Rette mich vor dem ewigen Tod), wie es auch der Chor eindringli­ch beschwor, hoffend auf einen Empfang der Engelschör­e zu einer paradiesis­chen Ruhe. Mit reichlich Beifall drückten die Zuhörer Freude über die gelungene Aufführung aus.

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Udo Knauer führte mit dem großen Chor der Kantorei St. Georg, Nördlingen, Werke des französisc­hen Spätromant­ikers Gabriel Fauré und des zeitgenöss­ischen Engländers John Rutter auf. Das Bachorches­ter Oettingen, die Gesangssol­isten Julia Küßwetter und...
Foto: Ernst Mayer Udo Knauer führte mit dem großen Chor der Kantorei St. Georg, Nördlingen, Werke des französisc­hen Spätromant­ikers Gabriel Fauré und des zeitgenöss­ischen Engländers John Rutter auf. Das Bachorches­ter Oettingen, die Gesangssol­isten Julia Küßwetter und...

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