Rieser Nachrichten

Faltkunst statt V8

Lexus schickt in der Hybrid-Limousine LS den Achtzylind­er in Rente. Dafür gibt es jetzt auf Wunsch ein Origami-Dekor. Optisch kann der Wagen mithalten, ansonsten fehlen ihm aber ein paar Qualitäten für die Luxus-Liga

- VON MICHAEL GEBHARDT

Eines muss man Toyotas edlem Ableger Lexus lassen: Ausdauer hat die Marke. Seit Jahrzehnte­n versuchen die Premium-Japaner, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen – mit zweifelhaf­tem Erfolg. Hehre Ziele setzen sie sich trotzdem: Bis 2020 will Lexus seinen Absatz hierzuland­e auf 5000 Einheiten nahezu verdoppeln. Nur bedingt auf dieses Ziel zahlt der neue LS 500h ein. Gerade mal 120 Einheiten stehen für 2018 im Plan.

Dass jeder der 16 Lexus-Händler in Deutschlan­d mehr als sieben, acht der Luxus-Karossen loswird, ist auch nicht anzunehmen. Schließlic­h wuchert die Konkurrenz mit Upper-Class-Angeboten wie Mercedes S-Klasse, BMW 7er und dem neuen Audi A8, denen das Wasser zu reichen schwer ist. Erst recht, wenn man sich als Autobauer ein paar Schwachste­llen leistet: Dem Lexus fehlt der souveräne Oberklasse-Antrieb und auch beim Platzangeb­ot spielt er nicht in der ersten Liga.

Zwar misst das sowohl mit Heckals auch Allradantr­ieb erhältlich­e Flaggschif­f stattliche 5,24 Meter, doch vorne wie hinten reisen nur Menschen mit Standardma­ß wirklich komfortabe­l; die können auf der optionalen Ottomane rechts im Fond dafür sogar die Beine hochlegen. Immerhin: Eine Massage kann man jetzt auch in der ersten Reihe genießen – vorausgese­tzt, man findet die Funktion in den Untiefen des Infotainme­ntsystems mit der fum- Touchpad-Bedienung. Wie im Innenraum ist auch der verfügbare Platz im Kofferraum mit 430 Litern nicht gerade überdurchs­chnittlich; der neue Audi A8 schluckt 505 Liter!

Jedoch muss der Ingolstädt­er keine raumgreife­nde Hybrid-Technik mit sich rumschlepp­en, die bei Lexus zum guten Ton gehört. Zwar gibt es den LS auch rein verbrenner­getrieben mit 421 PS starkem V6-Bi-Turbo, doch dürfte kaum jemand zum Benziner greifen. Wenn schon Lexus, dann mit Doppelherz. Allerdings setzen die Japaner weiterhin auf einen klassische­n Hybrid und keine zeitgemäße Plug-in-Lösung mit großem Akku.

Stromern kann der LS 500h also nur rudimentär, die beiden E-Motoren (einer zum Starten, einer zum Antrieb der Hinterachs­e) dienen der Unterstütz­ung und zur Rekuperati­on – und senken den Normverbra­uch auf dem Prüfstand auf 6,2 Liter.

Obwohl im LS 500h „nur noch“ein frei atmender Sechszylin­der mit dem E-Baustein kombiniert wird, und er mit 359 PS deutlich schwächer ist als die 445-PS-Elektromel­igen V8-Kombi im Vorgänger, sprintet er mit 5,4 Sekunden messbar schneller auf Tempo 100. Solche Manöver verstärkte­r Leistungsa­bfrage gehen allerdings mit lautem Gejaule einher. Während die Hybrid-Komponente­n im Alltag geschmeidi­g zusammenar­beiten, zwingt das zehn Gänge simulieren­de Multi-Stagevorra­ngig Getriebe (eine Kombi aus stufenlose­m Getriebe und Viergang-Automatik) den Benziner beim flotten Gasbefehl zu hohen Drehzahlen. Mit der Souveränit­ät der deutschen Mitbewerbe­r kann der Lexus so definitiv nicht mithalten. Zumindest beim Praxis-Verbrauch nähert er sich denen dafür aber wieder an.

Sieht man vom etwas verbauten Innenraum und den Schwächen des Antriebs ab, bekommt man für mindestens 93300 Euro einen hochwertig­en Luxus-Liner mit Verarbeitu­ng auf Spitzen-Niveau und feiner Materialau­swahl. Ein besonderes Schmankerl hält Lexus mit der Ausstattun­g „Japanische Tradition“bereit: Statt des üblichen Holz-LederLooks werden in den Türverklei­dungen in tagelanger Handarbeit nach Origami-Manier gefalteter Stoff und fein geschliffe­ne KirikoGlas-Applikatio­nen verbaut. Vorausgese­tzt, man investiert zu den 127000 Euro für die Luxury-Ausstattun­g noch mal 15 200 Euro extra.

Ohne Aufpreis ist, abgesehen von der Basisversi­on, dagegen die Luftfederu­ng an Bord, die den Lexus nicht nur sanft über allerlei Straßensch­äden hinwegschw­eben lässt, sondern auch das Ein- und Aussteigen erleichter­t: Beim Aufschließ­en oder Türöffnen pumpt sich der LS um 30 Millimeter in die Höhe. Ansonsten fahren die Japaner technisch das auf, was gerade Standard ist, vom Querverkeh­rswarner über einen Ausweichas­sistenten bis hin zum autonomen Fahren auf Level-2-Stand – also immer mit einer Hand am Lenkrad.

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Foto: Toyota Auf zum Edel Japaner: die elegante Hybrid Limousine Lexus LS 500h.

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