Schwäbisches Klischee Fabrikle
„Freile, Franz …!“trat in der Festhalle in Kirchheim am Ries auf
Kirchheim Schwäbische, hausgemachte, handgemachte „Sacha“versprechen die beiden Mögglinger Peter Wiedmann und Martin Knödler den rund hundert Besuchern in der nur bis über die Hälfte gefüllten Festhalle in Kirchheim am Ries. Zum 50-jährigen Bestehen der Festhalle hatte der Musikverein Kirchheim, geladen und es lag sicher auch an „dem Sauwedder“, dem sonntäglichen Wintereinbruch, dass nicht mehr Gäste begrüßt werden konnten. Trotzdem „drohten“die beiden Künstler gleich zu Beginn, dass die Anwesenden mit „mindeschdens“dreieinhalb Stunden Programm zu rechnen hätten. Und sie vermissten den „Schultes“, der ja eigentlich immer in der ersten Reihe säße. Doch der Bürgermeister war schon da, hatte sich allerdings unter das Volk gemischt.
Schon ging es los und eines wurde gleich zu Beginn klar gestellt: „Mir schwätzed koi Hochdeitsch“. Um dann sogleich über die Verrohung des Schwäbischen in Form von verkünsteltem „Stadtschwäbisch“herzuziehen, gesprochen von Leuten, die sich wohl ihres Dialektes schämen würden. Das Spiel, schwäbische Begriffe vom Publikum erraten zu lassen, war für das Kirchheimer Publikum nicht allzu schwer, das Wort „hälenga“war in Sekundenschnelle genannt und auch das Gegenteil davon, „fangt mit E aa“, war gleich enträtselt: „effentlich!“
Ihr inzwischen viertes Programm „Ha so hat’s koin Wert“präsentieren die beiden musikalisch auf bemerkenswertem Niveau, ihr mehrstimmiger Satzgesang klingt einfach klasse. Die Multiinstrumentalisten verwenden für ihren schwäbischen Blues und Folkrock mittlerweile neben Gitarren und Mandoline auch Saxofon, Blues-Harp, Cajon und anderes Schlagwerk. Und sie arbeiten sich an wirklich allen Klischees ab, die das menschliche Zusammenleben ausmachen: vom überbordenden Fernsehkonsum über Veganer, schwermütige Schwaben, den schwäbischen Ali Döner („Mit alles, biste scharf“), „Dande Anna“und vieles mehr – die beiden jonglieren perfekt mit schwäbischen Redensarten und Begriffen, illustrieren damit urschwäbische Wahrheiten und Lebensweisheiten.
Dass sie sich in ihrem eigenen Flyer als schwäbische „Comedians“bezeichnen, ist im Prinzip nicht nachvollziehbar. Sie verfügen zwar über reichlich Wortwitz, aber Schenkelklopfer-Kalauer sind ihre Sache nicht. Man könnte sie eher in der Tradition der legendären Liedermacher „Schobert & Black“(„halt auf schwäbisch“) sehen, die vor Jahrzehnten dafür sorgten, dass auch Feinsinnige herzhaft über sich selbst lachen konnten und jetzt (im Falle Freile Franz) ihre manchmal schwermütige schwäbische Seele die Leichtigkeit des Seins wieder entdecken kann.
So gesehen, war der Kirchheimer Schwaben-Abend ein voller Erfolg, ein gutes Stück Rückbesinnung für alle Besucher auf ihren Dialekt und sicher nicht abträglich für das Bestreben, das „echte Schwäbisch“trotz abenteuerlicher neuer („stadtschwäbischer“) Wortschöpfungen dauerhaft zu erhalten.