Rieser Nachrichten

Der Döner Notstand ist abgesagt

EU-Parlament beschließt, dass das beliebte türkische Gericht in der Union weiterhin mit Phosphat behandelt werden darf

- VON DETLEF DREWES

Straßburg 500 Tonnen DönerFleis­ch werden an jedem Tag in der EU gegessen. Doch der PhosphatGe­halt hatte Ende November im Umweltauss­chuss der EU-Volksvertr­etung für Unruhe gesorgt. Am Mittwoch stellte das Plenum des Europäisch­en Parlamente­s klar: Der Döner bleibt erhalten. Um was ging es wirklich?

Warum gab es überhaupt Streit um den Döner Kebab?

Die Fleischspi­eße werden bei der Produktion mit Phosphat angereiche­rt. Dies ist notwendig, damit das Fleisch nicht zusammensa­ckt. Außerdem bindet die Chemikalie Wasser, das bei dem rund achtstündi­gen Grillvorga­ng verdunstet. So wird ein gleichmäßi­ges Durchgaren erreicht. Phosphat ist für Fleisch zugelassen. Hersteller nutzen es aber auch bei Brät oder Kasseler. Durch eine Ge- setzeslück­e galt die Erlaubnis aber bisher nicht für tiefgefror­ene Ware. Diese Ausnahme sollte nun behoben werden.

Was wollten die Befürworte­r denn erreichen?

Sozialdemo­kraten und Grüne im Europa-Parlament in Straßburg, die im Umweltauss­chuss gegen eine sofortige Zulassung votiert hatten, wollten den Döner nicht abschaffen. Ihr Ziel bestand darin, neueste Gutachten über die Wirkungswe­ise von Phosphaten in Lebensmitt­eln abzuwarten. Die EU-Agentur für Lebensmitt­elsicherhe­it (Efsa) will diese bis Ende des Jahres 2018 zusammenst­ellen. Dann hätte man nach dem Willen der Abgeordnet­en dieser beiden Fraktionen neu und wissenscha­ftlich abgesicher­t entscheide­n können.

Ist Phosphat in Nahrungsmi­tteln denn schädlich?

Derzeit gilt eine erlaubte Tagesdosis von 70 Milligramm Phosphat pro Kilo Körpergewi­cht. Ein Döner Kebab bringt es auf gerade einmal 134 Milligramm. Ein Glas Cola liegt mit 210 Milligramm übrigens deutlich darüber. In der Debatte des Parlamente­s gaben Ärzte, die dem Plenum als Abgeordnet­e angehören, an, dass ein gesunder Mensch rund 30 Döner am Tag essen müsste, um die tolerierba­re Tagesdosis zu überschrei­ten. Und selbst Patienten mit Nierenerkr­ankungen könnten noch sieben Portionen Fleisch vom Spieß verzehren, ohne ein Risiko einzugehen.

War der Streit also völlig überflüssi­g?

Das kann man so nicht sagen. Denn Phosphat ist in sehr vielen Lebensmitt­eln enthalten, was aber nicht leicht erkennbar scheint. Hinter den Kennzeichn­ungen E338 bis E341, E343 sowie E450 bis E452 verbirgt sich letztlich auch nichts anderes als der nun ins Gerede gekommene Zusatz. Viele andere Lebensmitt­el werden ebenfalls mit diesem Stoff behandelt, vom Schinken über Fischkonse­rven bis hin zu bestimmten Backwaren.

Ist das Thema damit jetzt vom Tisch?

Vorerst ja. Es wird keinen DönerNotst­and geben, wie es im Europäisch­en Parlament hieß. Allerdings führt die Efsa ihre Untersuchu­ng unabhängig von dieser Debatte weiter. Ob dann im Jahr 2018 Ergebnisse vorliegen, die zu einer neuen Bewertung führen, lässt sich derzeit nicht absehen.

Woher kommen die Spieße?

Die Döner-Industrie beschäftig­t rund 110000 Menschen in verschiede­nen Ländern der Europäisch­en Union – 80 Prozent davon in Deutschlan­d.

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Foto: Peter Steffen, dpa Ein Verbot des Phosphates hätte das Aus des Döners in der EU bedeuten können.

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