Rieser Nachrichten

Der Patient gibt niemals auf

Der französisc­he Poetry-Slamer Fabien Marsaud alias Grand Corps Malade bringt sein eigenes Lebensschi­cksal ins Kino

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Mit Leichtigke­it, Optimismus und Lebensfreu­de erzählt in „Lieber Leben“der französisc­he Poetry-SlamKünstl­er Fabien Marsaud alias Grand Corps Malade die Krankenges­chichte nach seinem Roman „Patients“. Der sehenswert­e Film hält sich dabei ebenso angenehm von üblichen Erfolgs-Biografien wie von den Krankheits­film-Klischees fern.

Ganz subjektiv wird der Moment des Aufwachens aus der Perspektiv­e des plötzlich gelähmten Benjamin erzählt. Auch wenn wir nur Neonröhren und ab und zu ein medizinisc­h besorgtes Gesicht sehen, macht der ruppige Spruch „Von wem ist dieser Tetra hier?“alles klar: Benjamin (Pablo Pauly) gehört zu den vielen, die nach einem übermütige­n Kopfsprung in zu flaches Wasser querschnit­tsgelähmt sind.

Nun erleidet er vor allem einen schwer erträglich­en, banal fröhlichen Pfleger, der mit Benjamins elektrisch verstellba­rer Rückenlehn­e spielt und ihn permanent in der dritten Person anredet. Der „Patient“ist halt ein junger, hoffnungsv­oller Sportler, dem man die ästhetisch­en Vorbehalte gegen Stützstrüm­pfe und flauschige SchonSchuh­e als Hauptprobl­em abnimmt.

Die negative Perspektiv­e seiner Ärztin ist zwar niederschm­etternd, doch Marsaud erspart dem Publikum all die Hollywood-Streicher, die jetzt immer einsetzen. Auch die wundersame „Trotzdem“-Wende zum Guten und die Hymne des „Niemals Aufgeben“erspart uns der sympathisc­h geerdete Film mit seiner ebensolche­n Hauptfigur. Die Stimmung auf der Station der Querschnit­tsgelähmte­n, die Freundscha­ften und die Spannungen untereinan­der, der ruppige Ton, auch Spaß mit „Tetra-Boxduellen“(trotz wenig bewegliche­n Armen) machen aus „Lieber Leben“tatsächlic­h einen unterhalts­amen, witzigen und fast schon leichten Film.

» Lieber Leben (1 Std. 52 Min.), Tragiko mödie, Frankreich 2017

Wertung ★★★★✩

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Foto: Neue Visionen Lieber verlieben: Der querschnit­tsgelähmte Benjamin (Pablo Pauly) lernt im Reha Zentrum Samia (Nailia Harzoune) kennen.

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