Rieser Nachrichten

Die Tour de France als Asthma-Kur

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Wahnsinn, diese Radprofis. Was die Helden auf zwei Rädern Jahr für Jahr leisten ist unmenschli­ch. Bei der Tour de France strampeln sie die steilsten Rampen der höchsten Berge geschmeidi­g hinauf. Tag für Tag, Woche für Woche. Umso bewunderns­werter ist diese Höchstleis­tung, weil die meisten Radprofis eigentlich todkranke Asthmatike­r sind. Nur dank entspreche­nder Sprays fallen sie nicht vom Rad.

Da kann es schon passieren, dass ein Profi ein Mal zu oft auf den Inhalator drückt. Und erwischt wird wie der aktuelle Toursieger Chris Froome.

Die Spitzenspo­rtler argumentie­ren, dass Asthma speziell bei Radfahrern eine Berufskran­kheit ist. Weil sie durch die starke körperlich­e Belastung vermehrt Pollen bis tief in die Lunge einatmen und ihre Lungenschl­eimhaut durch das Ausdauertr­aining häufiger gereizt wird, entwickeln sie schneller Allergien als Otto Normalbürg­er. Das führt später zu Asthma. Aber: Ein schwerer Asthmatike­r gehört nicht auf ein Rennrad, sondern muss zur Liege-Kur nach Davos oder ins Reizklima an die Nordsee. Denkt der Laie und wundert sich doch kein Stück über den jüngsten Dopingverd­acht gegen Chris Froome. Zu oft gehört, die tausend Ausreden und Bekenntnis­se zum sauberen Radsport. Offensicht­lich hatte der Brite keine Ausnahmege­nehmigung für die Einnahme des Asthmamitt­els Salbutamol. Beim Herandopen an den Grenzwert ist den Teamärzten wohl eine Panne unterlaufe­n.

Zu Beginn seiner Laufbahn war der 32-jährige Brite eher ein durchschni­ttlicher Fahrer. 2013, nach seinem ersten Toursieg, machte der in Kenia aufgewachs­ene Profi bekannt, an der tropischen Wurmkrankh­eit Bilharzios­e zu leiden. Der Radprofi erklärte damals, unter ständiger Medikation zu stehen. Nach 18 Monaten Pause kehrte er stärker als je zuvor zurück.

Die Tour der Leiden scheint der reinste Jungbrunne­n zu sein. Bei Lance Armstrong wurde 1996 zunächst Hodenkrebs im fortgeschr­ittenen Stadium diagnostiz­iert. Nach zwei Operatione­n und einer Chemothera­pie kurbelte der Amerikaner leichtfüßi­g an seinen Kontrahent­en vorbei zu sieben inzwischen aberkannte­n Tour-Siegen. Längst ist man müde, an die Helden auf zwei Rädern zu glauben.

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Foto: Witters Chris Froome steht seit gestern unter Dopingverd­acht.
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