Umstrittene Auszeichnung
Der Landkreis verleiht seit zwei Jahren den Titel „Top-Arbeitgeber Donauries“. Doch längst nicht alle Betriebe haben sich das verdient, kritisiert die Gewerkschaft Verdi
Landkreis Für die einen ist es eine Auszeichnung, für die anderen eine Farce. Seit vergangenem Jahr verleiht der Wirtschaftsförderverband des Landkreises den Titel „Top-Arbeitgeber Donauries“. Insgesamt 58 Unternehmen und Kommunen dürfen sich mit der Auszeichnung schmücken und das Logo drei Jahre lang auf ihre Briefköpfe drucken – nicht immer zurecht, behauptet Rudi Kleiber, stellvertretender Geschäftsführer bei der Gewerkschaft Verdi in Augsburg.
In einem öffentlichen Schreiben bezeichnet Kleiber das Handeln des Wirtschaftsförderverbands als „Schildbürgerstreich“. Er kritisiert unter anderem, dass Unternehmen, die bekannt dafür wären, die Arbeit ihres Betriebsrats zu behindern, ausgezeichnet wurden. Eine Firma habe außerdem Urlaubs- und Weihnachtsgeld für alle Mitarbeiter gestrichen, ohne dies mit der Belegschaft zu besprechen. Mehrere sogenannte Top-Arbeitgeber bezeichnet er in der Verdi-Mitteilung außerdem als tarifflüchtig. „Die Verleihung dieser Auszeichnung ist ein Hohn für alle Arbeitgeber, die sich rechtmäßig und fair gegenüber ihren Mitarbeitern verhalten“, sagt Kleiber im Gespräch mit unserer Es könne nicht sein, dass der Wirtschaftsförderverband zwei Firmen einer Branche – die eine zahle nach Tarif und kümmere sich um die Angestellten, die andere behelfe sich mit Leiharbeit, zahle schlecht und habe schon mehrere Gerichtsverfahren gegen Vertreter der Belegschaft geführt – dieselbe Auszeichnung verleihe. Der Gewerkschafter nimmt dabei auch Landrat Stefan Rößle in die Pflicht, als Vorsitzender des Vorstands des Wirtschaftsförderverbands trage dieser auch die Verantwortung.
Der CSU-Politiker weist die Kritik jedoch von sich. Der Arbeitskreis Unternehmenskultur habe das Label „Top-Arbeitgeber“ins Leben gerufen und sich viele Gedanken darüber gemacht, nach welchen Kriterien die Firmen geprüft werden. Dabei erfolge die Bewertung möglichst objektiv. „Alleine ob Urlaubsgeld gekürzt wird oder ein Unternehmen einen Betriebsrat hat, ist nicht entscheidend dafür, ob es ein Top-Arbeitgeber ist“, sagt Rößle. Man müsse sich außerdem auch immer in die Lage des Arbeitgebers versetzen. Sein Mitarbeiter Veit Meggle, Geschäftsführer des Wirtschaftsförderverbands, erklärt, nach welchen Kriterien Unternehmen geprüft werden: „Wer sich um die Auszeichnung bewerben will, muss einen Fragebogen ausfüllen, der sieben Bereiche abdeckt.“Es gehe unter anderem um soziales Engagement der Firma, Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter, Gesundheit oder Umwelt. Je zwei Nachweise müssten die Bewerber pro Kategorie erbringen und außerdem ihr Leitbild darlegen. „Wir wollten kein wahnsinnig kompliziertes Label aufbauen mit Überwachung und Prüfung der Firmen“, sagt Meggle. Das sei auch personell nicht machbar. „Wie sollen wir denn kontrollieren, ob in einem Betrieb mit über tausend Mitarbeitern alle nach Tarif bezahlt werden?“
Laut Verdi-Mann Rudi Kleiber wäre das kein Problem – wenn man denn wollte. 28 der 29 Bewerber haben in diesem Jahr die Auszeichnung zum „Top-Arbeitgeber“erhalten. Unter „Freunden der Wirtschaft“dürfe es keine Verlierer geben, schreibt der Gewerkschafter in seiner Pressemitteilung. Warum der eine Bewerber abgelehnt wurde? „Das Unternehmen war kein Partner der Marke Donauries“, erklärt Veit Meggle. Dies sei schließlich auch Voraussetzung, um „Top-ArZeitung. beitgeber“zu werden. Eine „gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand“, wie es das Landratsamt formuliert. Das bedeutet: Wer Markenpartner sein will, muss zahlen, der Landkreis schießt ebenfalls Mittel zur Marke Donauries zu. Mit dem Geld werden Projekte finanziert, um den Wirtschaftsstandort zu stärken. Wer sich nicht finanziell beteiligt, kann also kein Top-Arbeitgeber werden – eine Praxis, die Kleiber ärgert.
Landrat Stefan Rößle verteidigt dieses Vorgehen jedoch: „Das ist so gerechtfertigt. Die Auszeichnung ist ein Projekt für die Mitglieder, denen man ja auch einen Mehrwert geben will.“Dass bei der bisherigen Auswahl der Unternehmen Fehler unterlaufen sind, will Veit Meggle nicht bestätigen. Doch man nehme die Kritik der Gewerkschaft ernst. In Zukunft soll deshalb auch ein Vertreter der Belegschaft bei der Bewerbung eines Unternehmens mitwirken. Für Rudi Kleiber ein positives Signal, doch das alleine reiche noch nicht aus. Anfang Januar soll es ein Gespräch zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftsförderverband geben, um Verbesserungsmöglichkeiten auszuloten. „Wir bleiben auch in Zukunft an dem Thema dran,“verspricht Kleiber.
28 von 29 Bewerbern sind „Top Arbeitgeber“