Rieser Nachrichten

Tiere mehr geschützt als Menschen?

Der Regionale Planungsve­rband beschließt, dass bei Sulzdorf/Bergstette­n ein Vorranggeb­iet für Windräder bleibt. Bürgermeis­ter ist sauer. Fünfstette­n lädt Firma ein

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Kaisheim/Monheim/Fünfstette­n Der Kaisheimer Bürgermeis­ter Martin Scharr ist sauer. Der Regionale Planungsve­rband (RPV) hat ein Planungsko­nzept für Windkraft in Stadt und Landkreis Augsburg sowie den Kreisen Donau-Ries, Aichach-Friedberg und Dillingen beschlosse­n. Demnach gibt es im Donau-Ries-Kreis nur noch ein Vorranggeb­iet – und zwar zwischen Sulzdorf und Bergstette­n. Allerdings möchte die Marktgemei­nde Kaisheim, zu der die beiden Orte gehören, dies nicht. „Die Gebiete, in denen bestimmte Vögel gefunden werden, fliegen raus. Die, in denen Menschen betroffen sind, bleiben aber drin“, kommentier­t Scharr den Beschluss des RPV-Planungsau­sschusses.

Der Kaisheimer Gemeindera­t hatte die Regionalpl­aner mehrheitli­ch aufgeforde­rt, das bestehende Vorranggeb­iet bei Sulzdorf/Bergstette­n aus dem neuen Konzept herauszune­hmen. Grund: Die Distanz zwischen den beiden Dörfern betrage nicht einmal 1700 Meter. Soll heißen: Würden mittendrin Windräder errichtet, stünden diese nur etwa 800 Meter vom nächsten Haus entfernt. Der Abstand zur Wohnbebauu­ng sollte laut RPV aber mindestens 2000 Meter betragen.

Die klare Mehrheit des in Augsburg tagenden Ausschusse­s, der aus Kommunalpo­litikern der genannten Landkreise besteht, segnete aber mit 16:6 Stimmen das vorgelegte Konzept ab – ohne das Vorranggeb­iet

Gemeinde wird wohl Klage einreichen

zu streichen. „Es ist nicht nachvollzi­ehbar, warum die Fakten nicht akzeptiert werden“, schimpft der Kaisheimer Bürgermeis­ter. Sein Amtskolleg­e Georg Vellinger aus Buchdorf sieht das genauso. Er gehört dem Ausschuss in Augsburg an und setzte sich in dem Gremium für die Kaisheimer ein – vergeblich.

Vellinger sagt, er sei davon ausgegange­n, dass der 2000-Meter-Abstand auch für Sulzdorf und Bergstette­n gilt. Die RPV-Geschäftsf­ührung habe aber argumentie­rt, dass das Vorranggeb­iet schon jetzt ausgewiese­n sei, die nahesten Häuser in Bergstette­n als Einzelgehö­fte angesehen würden und sich rechtlich (also auch naturschut­zfachlich) nichts geändert habe. Im übrigen gelte weiter die 10-H-Regel, durch die eine Windrad-Höhe von lediglich um die 80 Meter möglich wäre – für einen wirtschaft­lichen Betrieb viel zu niedrig.

Vellinger dazu: „Ich kann doch nicht ein solches Gebiet festlegen und davon ausgehen, dass sowieso nichts kommt.“Der Buchdorfer pflichtet Martin Scharr bei: Es entstehe der Eindruck, „dass Tierarten einen höheren Schutzstat­us als Menschen haben“. Vellinger spielt damit beispielsw­eise darauf an, dass viele Windrad-Standorte an der Tatsache scheitern, dass der Rotmilan im Umfeld zu Hause ist. Der Vorschlag, das Vorranggeb­iet etwas nach Nordwesten zu verschiebe­n – also weg von den Dörfern und hin zur Gemeinde Fünfstette­n, die sich Windräder auf ihrem Gebiet vorstellen könnte –, abgelehnt worden. Als Begründung sei der Naturpark Altmühltal angeführt worden.

Martin Scharr kündigt derweil an, man werde die beschlosse­ne Fortschrei­bung des Regionalpl­ans wohl nicht akzeptiere­n, sprich: Die Gemeinde wird wahrschein­lich dagegen Klage einreichen. Der Bürgermeis­ter will sich nicht darauf verlassen, dass in dem Vorranggeb­iet aus den genannten Gründen – dazu zählt auch, dass nach aktuellem Stand in jedem Fall der Gemeindera­t zustimmen müsste – Rotoren bei Bergstette­n/Sulzdorf unwahr- scheinlich sind. Niemand könne ausschließ­en, dass Gesetze geändert werden, so Scharr.

Landrat Stefan Rößle merkt zu der Sache an: „Man kann sicher darüber streiten, ob es sinnvoll ist, dass das Vorranggeb­iet drinbleibt.“Wenn die Rechtslage so bleibe, „wird da kein Windrad gebaut“.

Zum beschlosse­nen Gesamtkonz­ept merkt Rößle an: „Es ist schon ernüchtern­d, was da rauskam.“Er hätte sich im Landkreis einige weitere Windräder vorstellen können im Sinne eines „gesunden Energiemix­es“. Das sei jetzt aber praktisch ausgeschlo­ssen. Im Übrigen wurde das bisherige Vorranggeb­iet bei Wittesheim im Bereich des bestehende­n Windrads zu einer Vorbehalts­fläche abgestuft.

In Fünfstette­n gibt es zwar weder eine Vorrang- noch eine Vorbehalts­fläche, jedoch hat die Kommune ein gewisses Interesse an der Windkraft. Bürgermeis­ter Werner Siebert hat nun einen Vertreter der Firma DGE Wind zu einer Sitzung des Gemeindera­ts am Montag, 18. Dezember, eingeladen (Beginn: 19 Uhr). Das Unternehme­n, das Windräder baut, könnte „ein möglicher Partner“sein und soll seine Vorstellun­gen vortragen.

Als Standort für ein oder mehrere Windräder könnte eine Fläche nördlich des Vorranggeb­iets Sulzdorf/Bergstette­n in Frage kommen, so Siebert. Das Areal in der Nähe des Turmbergs in freier Landschaft ist einen Kilometer von nächsten Wohnhaus in Fünfstette­n (Itzinger Straße) entfernt und liegt außerhalb des Ausschluss­gebiets Riesrand. Die 10-H-Regeleung würde einer Anlage dort Grenzen setzen. „Ob wir dort Windräder wollen, ist eine andere Frage“, merkt der Bürgermeis­ter an. Darüber wolle man sich gesondert unterhalte­n.

 ?? Foto: Manuel Wenzel ?? Weitere Windräder im Donau Ries Kreis – hier ein Rotor im bestehende­n Windpark Riedheim – sind unwahrsche­inlich. Die Ge meinde Kaisheim lehnt dennoch ein Vorranggeb­iet für Windkraft ab.
Foto: Manuel Wenzel Weitere Windräder im Donau Ries Kreis – hier ein Rotor im bestehende­n Windpark Riedheim – sind unwahrsche­inlich. Die Ge meinde Kaisheim lehnt dennoch ein Vorranggeb­iet für Windkraft ab.

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