Tiere mehr geschützt als Menschen?
Der Regionale Planungsverband beschließt, dass bei Sulzdorf/Bergstetten ein Vorranggebiet für Windräder bleibt. Bürgermeister ist sauer. Fünfstetten lädt Firma ein
Kaisheim/Monheim/Fünfstetten Der Kaisheimer Bürgermeister Martin Scharr ist sauer. Der Regionale Planungsverband (RPV) hat ein Planungskonzept für Windkraft in Stadt und Landkreis Augsburg sowie den Kreisen Donau-Ries, Aichach-Friedberg und Dillingen beschlossen. Demnach gibt es im Donau-Ries-Kreis nur noch ein Vorranggebiet – und zwar zwischen Sulzdorf und Bergstetten. Allerdings möchte die Marktgemeinde Kaisheim, zu der die beiden Orte gehören, dies nicht. „Die Gebiete, in denen bestimmte Vögel gefunden werden, fliegen raus. Die, in denen Menschen betroffen sind, bleiben aber drin“, kommentiert Scharr den Beschluss des RPV-Planungsausschusses.
Der Kaisheimer Gemeinderat hatte die Regionalplaner mehrheitlich aufgefordert, das bestehende Vorranggebiet bei Sulzdorf/Bergstetten aus dem neuen Konzept herauszunehmen. Grund: Die Distanz zwischen den beiden Dörfern betrage nicht einmal 1700 Meter. Soll heißen: Würden mittendrin Windräder errichtet, stünden diese nur etwa 800 Meter vom nächsten Haus entfernt. Der Abstand zur Wohnbebauung sollte laut RPV aber mindestens 2000 Meter betragen.
Die klare Mehrheit des in Augsburg tagenden Ausschusses, der aus Kommunalpolitikern der genannten Landkreise besteht, segnete aber mit 16:6 Stimmen das vorgelegte Konzept ab – ohne das Vorranggebiet
Gemeinde wird wohl Klage einreichen
zu streichen. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Fakten nicht akzeptiert werden“, schimpft der Kaisheimer Bürgermeister. Sein Amtskollege Georg Vellinger aus Buchdorf sieht das genauso. Er gehört dem Ausschuss in Augsburg an und setzte sich in dem Gremium für die Kaisheimer ein – vergeblich.
Vellinger sagt, er sei davon ausgegangen, dass der 2000-Meter-Abstand auch für Sulzdorf und Bergstetten gilt. Die RPV-Geschäftsführung habe aber argumentiert, dass das Vorranggebiet schon jetzt ausgewiesen sei, die nahesten Häuser in Bergstetten als Einzelgehöfte angesehen würden und sich rechtlich (also auch naturschutzfachlich) nichts geändert habe. Im übrigen gelte weiter die 10-H-Regel, durch die eine Windrad-Höhe von lediglich um die 80 Meter möglich wäre – für einen wirtschaftlichen Betrieb viel zu niedrig.
Vellinger dazu: „Ich kann doch nicht ein solches Gebiet festlegen und davon ausgehen, dass sowieso nichts kommt.“Der Buchdorfer pflichtet Martin Scharr bei: Es entstehe der Eindruck, „dass Tierarten einen höheren Schutzstatus als Menschen haben“. Vellinger spielt damit beispielsweise darauf an, dass viele Windrad-Standorte an der Tatsache scheitern, dass der Rotmilan im Umfeld zu Hause ist. Der Vorschlag, das Vorranggebiet etwas nach Nordwesten zu verschieben – also weg von den Dörfern und hin zur Gemeinde Fünfstetten, die sich Windräder auf ihrem Gebiet vorstellen könnte –, abgelehnt worden. Als Begründung sei der Naturpark Altmühltal angeführt worden.
Martin Scharr kündigt derweil an, man werde die beschlossene Fortschreibung des Regionalplans wohl nicht akzeptieren, sprich: Die Gemeinde wird wahrscheinlich dagegen Klage einreichen. Der Bürgermeister will sich nicht darauf verlassen, dass in dem Vorranggebiet aus den genannten Gründen – dazu zählt auch, dass nach aktuellem Stand in jedem Fall der Gemeinderat zustimmen müsste – Rotoren bei Bergstetten/Sulzdorf unwahr- scheinlich sind. Niemand könne ausschließen, dass Gesetze geändert werden, so Scharr.
Landrat Stefan Rößle merkt zu der Sache an: „Man kann sicher darüber streiten, ob es sinnvoll ist, dass das Vorranggebiet drinbleibt.“Wenn die Rechtslage so bleibe, „wird da kein Windrad gebaut“.
Zum beschlossenen Gesamtkonzept merkt Rößle an: „Es ist schon ernüchternd, was da rauskam.“Er hätte sich im Landkreis einige weitere Windräder vorstellen können im Sinne eines „gesunden Energiemixes“. Das sei jetzt aber praktisch ausgeschlossen. Im Übrigen wurde das bisherige Vorranggebiet bei Wittesheim im Bereich des bestehenden Windrads zu einer Vorbehaltsfläche abgestuft.
In Fünfstetten gibt es zwar weder eine Vorrang- noch eine Vorbehaltsfläche, jedoch hat die Kommune ein gewisses Interesse an der Windkraft. Bürgermeister Werner Siebert hat nun einen Vertreter der Firma DGE Wind zu einer Sitzung des Gemeinderats am Montag, 18. Dezember, eingeladen (Beginn: 19 Uhr). Das Unternehmen, das Windräder baut, könnte „ein möglicher Partner“sein und soll seine Vorstellungen vortragen.
Als Standort für ein oder mehrere Windräder könnte eine Fläche nördlich des Vorranggebiets Sulzdorf/Bergstetten in Frage kommen, so Siebert. Das Areal in der Nähe des Turmbergs in freier Landschaft ist einen Kilometer von nächsten Wohnhaus in Fünfstetten (Itzinger Straße) entfernt und liegt außerhalb des Ausschlussgebiets Riesrand. Die 10-H-Regeleung würde einer Anlage dort Grenzen setzen. „Ob wir dort Windräder wollen, ist eine andere Frage“, merkt der Bürgermeister an. Darüber wolle man sich gesondert unterhalten.