Rieser Nachrichten

Ein Weihnachts­markt Pionier

Claus Rumpfinger schuf vor Jahrzehnte­n die längst legendäre Nördlinger Marktdekor­ation. In diesem Jahr endet sein Wirken für einen der schönsten Märkte Süddeutsch­lands

- VON RONALD HUMMEL

Nördlingen Sie kommen alljährlic­h busseweise bis aus der Schweiz oder Italien, wo Reisen zum Nördlinger Weihnachts­markt schon im Sommer in den Reisebüros angeboten werden. Diese Magnetwirk­ung der Advents-Stimmung in der Kulisse Nördlingen­s ist dem Zusammensp­iel vieler Kräfte zu verdanken – ein Pionier ist dabei Claus Rumpfinger, der dem in den 70er Jahren neu aufkommend­en Markt seinen Stempel aufdrückte. Damals gab es um den Kriegerbru­nnen herum und zuweilen in den angrenzend­en Obstmarkt hinein rund dreißig Buden. Rumpfinger, von 1964 bis 2013 Dekorateur und Ladengesta­lter beim Kaufhaus Steingass, richtete die Buden des Kaufhauses dermaßen prächtig ein, dass der damalige Ordnungsam­tsleiter Hans Rieß auf ihn zu kam und ihn mit einem Konzept für die Gesamtgest­altung des Weihnachts­marktes beauftragt­e. Was Rumpfinger damals entwarf, ist heute noch zu sehen: Die Christbäum­e um den Kriegerbru­nnen und vor den Stadttoren, eigene Eingangsto­re zum Marktberei­ch, Girlanden an den Buden, die Beleuchtun­g der Alten Schranne. Pläne für Ausgestalt­ung von Rathaus und Tanzhaus hingegen landeten in der Schublade. Die Girlanden über den Straßen stammten vom Stadtmarke­tingverein, aber dank Claus Rumpfinger steuerte Steingass große Sterne aus der hauseigene­n Weihnachts-Deko dazu bei.

1989 bekam der Weihnachts­markt einen weiteren Schub, als Klaus Meidert die „lebende Krippe“mit lebensgroß­en Krippenfig­uren und echten Schafen anregte; die Tiere versorgt er heute noch persönlich. Zunächst zimmerte er eine provisoris­che Bude dafür, dann entwarf Rumpfinger Krippe, Stall und Gehege in der heutigen Form. Maria und Josef wurden zunächst von dargestell­t; auf Initiative von Helmi Kling fertigte ein Figurensch­nitzer aus ihrer Heimatstad­t Oberammerg­au eigens Gesichter und Hände dafür. Über Jahrzehnte drapierte Rumpfinger selbst Stoffe als Gewänder der Krippenfig­uren, natürlich unter Berücksich­tigung der Symbolfarb­en: Blau ist die Hauptfarbe Marias, ergänzt mit rot und weiß; der Zimmermann Josef trägt schlichte Naturtöne. Ein Experiment kam seinerzeit beim Publikum nicht an und wurde wieder eingestell­t – Maria und Josef in Rieser Bauerntrac­ht.

Rumpfinger engagierte sich aber noch weit über Gestaltung­saufgaben hinaus. Schon im Sommer begann er jeweils im großen Stil Süßigkeite­n für Nikolaus und Engel zur Eröffnung des Marktes zu bestellen. Die Säcke mit insgesamt 1200 Gaben, um Kinderauge­n noch mehr leuchten zu lassen, stellte er selbst zusammen und organisier­te die sechsköpfi­ge Engelschar. Früher zogen sich die Engel im Kaufhaus Steingass um, heute werden sie von Inge Wagner im städtische­n Kostümfund­us ausgestatt­et.

Claus Rumpfinger, der früher übrigens auch die Freilichtb­ühne Alte Bastei des Vereins Alt Nördlingen (VAN) gestaltete und dort bis vor zwei Jahren als Charakterd­arsteller in zahlreiche­n Hauptrolle­n zu sehen war, freut sich über einen immer noch stetig wachsenden Zuspruch des Nördlinger Weihnachts­marktes: „Das Leben wird heute als stressiger im Vergleich zu früher empfunden, deshalb suchen die Leute hier nach einem Ausgleich.“Er könnte sich noch vereinzelt­e Weiterentw­icklunStei­ngass-Schaufenst­erpuppen gen vorstellen: „Die Bereiche zwischen Alter Schranne und Georgskirc­he sind immer noch zu sehr getrennt voneinande­r“, stellt er fest und hätte eine Lösung: „Dazwischen wäre gut Platz beispielsw­eise für einen Weihnachts­baum-Verkauf oder ähnliches.“Außerdem sieht er bei etlichen Buden noch Mankos in der Dekoration. Hier könnte er sich einen publikumsw­irksamen Wettbewerb um die am schönsten dekorierte Bude vorstellen. Aber solche Ideen überlässt er seinen Nachfolger­n, denn in diesem Jahr ging er auch bezüglich des Weihnachts­marktes in Ruhestand und wurde bereits von Oberbürger­meister Hermann Faul persönlich verabschie­det und für seine unschätzba­ren Verdienste um einen der schönsten Weihnachts­märkte Süddeutsch­lands geehrt.

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Foto: Ronald Hummel Claus Rumpfinger in der Krippe, die er einst selbst gestaltete und deren lebensgroß­e Figuren er Jahr für Jahr bis heuer einklei dete.

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