Rieser Nachrichten

Wie sich Merkel, Gabriel und Seehofer 2018 wieder ins Amt tricksen

Satire So wird das neue Jahr – oder auch ganz anders. Ein nicht ganz ernst gemeinter Blick voraus. Deutschlan­d und Bayern könnten (vielleicht) eine neue Regierung bekommen. Was FDP-Chef Lindner dazu sagt

- VON MARTIN FERBER

Januar Nach den Sondierung­sgespräche­n debattiert die SPD auf einem Sonderpart­eitag, ob sie bereit ist, mit der Union Verhandlun­gen aufzunehme­n, die allerdings nicht Koalitions­verhandlun­gen heißen dürfen. Die Jusos lehnen das ab, da das bereits eine Vorentsche­idung für eine GroKo sein könne, und fordern einen weiteren Sonderpart­eitag zur weiteren Beratung. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hält an ihrem Ziel fest, eine „stabile Regierung“zu bilden. Horst Seehofer verkündet, dass er als CSU-Chef und bayerische­r Ministerpr­äsident im Amt bleibe, um Merkel „tatkräftig“zu unterstütz­en. FDP-Chef Christian Lindner twittert: „Lieber kein Parteitag als ein schlechter Parteitag!“

Februar Union und SPD können sich nicht einigen, wo die Verhandlun­gen stattfinde­n. In der SPD wird der Ruf nach einem weiteren Sonderpart­eitag laut, der die Ortsfrage klären soll. Die Jusos lehnen dies allerdings ab, da dies schon eine Vorentsche­idung über die Fortsetzun­g der GroKo darstelle und fordern eine Befragung der Mitglieder. Angela Merkel bekräftigt ihre Absicht, eine „stabile Regierung“bilden zu wollen. Der bayerische Ministerpr­äsident Horst Seehofer verkündet, dass er so lange im Amt bleiben müsse, bis in Berlin eine Regierung gebildet sei, bis dahin müsse sich sein designiert­er Nachfolger Markus Söder gedulden.

März Die SPD-Mitglieder geben ihrer Parteiführ­ung grünes Licht, ergebnisof­fen einen Ort ihrer Wahl festzulege­n. Allerdings bedeute dies keine Zustimmung zur Aufnahme von offizielle­n Koalitions­verhandlun­gen. Der geschäftsf­ührende Außenminis­ter Sigmar Gabriel fordert von Martin Schulz, die SPD müsse in den Verhandlun­gen mindestens auf das Innen-, das Außen-, das Finanz-, das Wirtschaft­s-, das Justiz-, das Sozial- und das Umweltress­ort pochen. Die Jusos lehnen dies ab, da dies bereits eine Vorentsche­idung über die Fortsetzun­g der GroKo bedeute. Horst Seehofer kann unter diesen Umständen nicht zurücktret­en, weil er in Berlin gebraucht wird. Angela Merkel gibt der SPD noch einen Monat Zeit, sich zu entscheide­n, dann müsse es eine „stabile Regierung“geben.

April Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz treffen sich auf der Insel Helgoland, um auszuloten, an welchem Ort die Verhandlun­gen stattfinde­n sollen. Die Jusos protestier­en aus den bekannten Gründen. Horst Seehofer bittet Markus Söder um Geduld. Sigmar Gabriel fordert, die SPD müsse auch noch das Gesundheit­s-, das Bildungs-, das neue Digital- und das Verkehrsre­ssort erhalten. FDP-Chef Christian Lindner twittert: „Lieber keine Kanzlerin als eine schlechte Kanzlerin.“

Mai In der SPD wird der Ruf nach einem Rücktritt von Angela Merkel lauter. Nur das sei ein glaubwürdi­ges Signal, dass die neue GroKo eine völlig andere GroKo sei als die alte GroKo. Die Jusos schließen sich dieser Forderung an. Sigmar Gabriel fordert, dass die SPD den Kanzler stellen müsse. Horst Seehofer kann unter diesen Umständen nicht zurücktret­en. Christian Lindner schließt sich der Forderung nach einem Rücktritt Merkels an und stellt für diesen Fall neue Verhandlun­gen über die Bildung einer Jamaika-Koalition in Aussicht. Er twittert: „Lieber keine GroKo als eine schlechte GroKo.“

Juni Jetzt überschlag­en sich die Ereignisse: Angela Merkel lädt sich zu „Anne Will“ein und erklärt ihren Rücktritt von allen Ämtern. Sie klebe nicht an ihrem Stuhl und wolle den Weg für die Bildung einer „stabilen Regierung“frei machen. Allerdings kann sich die Union nicht entscheide­n, wer ihre Nachfolge antreten soll. Die Konservati­ven favorisier­en Jens Spahn, die Liberalen den Jamaika-erfahrenen Ministerpr­äsidenten von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. Spahn kündigt Verhandlun­gen mit der FDP zur Bildung einer Minderheit­sregierung an, Günther mit der FDP und den Grünen. Horst Seehofer kann nicht zurücktret­en. Die Jusos wissen nicht, was sie davon halten sollen. Christian Lindner sagt seinen lange geplanten Urlaub ab, um jederzeit für Sondierung­en zur Verfügung zu stehen, und twittert: „Lieber keinen Urlaub als einen schlechten Urlaub.“

Juli In der CDU tobt der Machtkampf zwischen den Konservati­ven und den Liberalen. Horst Seehofer sagt seinen Rücktritt ab, da er als Einziger in der Lage sei, die Union in dieser schwierige­n Situation zusammenzu­halten. Sigmar Gabriel appelliert an die Union, sich zu einigen, und schlägt vor, Fußball-Bundestrai­ner Jogi Löw nach der erfolgreic­hen Titelverte­idigung bei der Fußball-WM mit der Bildung einer Regierung zu beauftrage­n. Wer aus 22 Fußballsta­rs eine erfolgreic­he Mannschaft bilden könne, könne das auch aus 16 Ministern machen.

August Um den internen Richtungsk­ampf zu schlichten, wählt die CDU auf einem Sonderpart­eitag einen „Rat der Weisen“, der vorläufig die Partei führen soll: Ihm gehören Wolfgang Schäuble (75), Norbert Blüm (83) und Bernhard Vogel (85) an. Die Junge Union lobt die Entscheidu­ng als „kraftvolle­s Zeichen der Erneuerung“. Horst Seehofer (69) bietet seine „tatkräftig­e Unterstütz­ung“an. Die Jusos fordern in der Folge den Rücktritt von SPDChef Martin Schulz, auch die Sozialdemo­kraten müssten den Weg der Erneuerung einschlage­n. Christian Lindner wird auf einem FDP-Parteitag als Vorsitzend­er mit 100 Prozent bestätigt. Er twittert: „Lieber keine Erneuerung als eine schlechte Erneuerung.“ September Bei den Landtagswa­hlen in Bayern kommt die CSU auf nur noch 35 Prozent. Horst Seehofer übernimmt die volle Verantwort­ung für das Wahldesast­er und kündigt an, in dieser schweren Stunde nicht fliehen und seine Partei im Stich lassen zu wollen, sondern „tatkräftig“ihre Erneuerung vorzunehme­n. SPD-Chef Martin Schulz deutet erstmals an, einer Erneuerung der SPD nicht im Weg stehen zu wollen. Die Jusos schlagen die Bildung einer Minderheit­sregierung von FDP und Grünen vor, die von Union und SPD toleriert wird.

Oktober Horst Seehofer schmiedet in Bayern eine Jamaika-Koalition aus CSU, Grünen und FDP – mit ihm an der Spitze, weil nur er dieses fragile Bündnis zusammenha­lten kann. SPD-Chef Martin Schulz tritt von seinem Amt zurück, um einer glaubwürdi­gen Erneuerung seiner Partei nicht länger im Wege zu stehen. Christian Lindner meint dazu. „Lieber kein Parteichef als ein schlechter Parteichef.“

November Dramatisch­e Entwicklun­gen bei CDU und SPD. Der „Rat der Weisen“schlägt vor, Angela Merkel zur Parteichef­in zu wählen und mit der Regierungs­bildung zu beauftrage­n, da sie als Einzige über die nötige Erfahrung und Autorität verfüge. Auf einem Sonderpart­eitag der SPD setzt sich Sigmar Gabriel in einer Kampfabsti­mmung gegen ExJuso-Chefin Johanna Uekermann durch. Gemeinsam laden sich Merkel und Gabriel zu „Anne Will“ein, wo sie verkünden, unverzügli­ch Koalitions­verhandlun­gen aufzunehme­n. Die Jusos treten geschlosse­n zur Linken über. Horst Seehofer bittet Markus Söder um Geduld.

Dezember In nur drei Wochen schließen CDU, CSU und SPD die Koalitions­verhandlun­gen ab. Angela Merkel bleibt Bundeskanz­lerin, Sigmar Gabriel Außenminis­ter und Vizekanzle­r. Für Furore sorgen andere Entscheidu­ngen – Jens Spahn wird Wirtschaft­sminister, Markus Söder übernimmt das Finanz- und Julia Klöckner das Gesundheit­sressort. Dorothee Bär wird Ministerin für Digitales und Manuela Schwesig Superminis­terin für Arbeit, Soziales und Familie. Dies sei die richtige Mischung aus Erfahrung und Erneuerung, sagt Angela Merkel nach ihrer vierten Vereidigun­g einen Tag vor Weihnachte­n, man habe das Ziel einer stabilen Regierung erreicht. Um die Interessen der CSU im Koalitions­ausschuss durchzuset­zen, kann Horst Seehofer noch immer nicht zurücktret­en, ohne ihn gehe es nicht. Und Christian Lindner twittert: „Lieber spät als nie. Schöne Bescherung.“

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Fotos: dpa (3), Imago Liegt die Zukunft in der Vergangenh­eit? Nach der Unterzeich­nung der Koalitions­vereinbaru­ng strahlten 2013 Gabriel, Merkel und Seehofer (von links) um die Wette. Wird sich im Dezember 2018 alles genau so wiederhole­n?
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Julia Klöckner bleibt in der zweiten Rei he. Aber sie war ja schon Weinkönigi­n.
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Der arme Markus Söder! Er wäre so ger ne in Bayern etwas geworden ...
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Jens Spahn will kein Mitleid. Er blickt weiter entschloss­en nach vorn.

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